Eine kapitale Spitzweg-Restitution mit präsidialen Weihen führt die Alte Kunst bei Neumeister in München an  
Statisch steht sie da, erhöht auf ihrem Sockel, die Statue der Justitia, scheinbar unbeirrbar und unbestechlich ihres Amtes waltend. Doch wie immer bei den Gemälden Carl Spitzwegs lohnt sich nicht nur ein zweites Hinschauen, sondern auch ein zweites Nachdenken. Denn bald stellt man fest, dass die sonst so feste Augenbinde leicht nach oben gerutscht ist, die Allegorie der Gerechtigkeit also ein bisschen blinzelt. Eine der Waagschalen fehlt, ihre Brüste sind auffallend ausladend, und von Standfestigkeit kann in Wahrheit auch keine Rede sein: Auf Höhe der Unterschenkel weist die Steinfigur einen deutlich sichtbaren Bruch auf. 1857 schuf der Münchner Maler Spitzweg dieses Gemälde, und seine Kritik an Obrigkeit und staatlichem Justizwesen im nachrevolutionären Deutschland, vor denen sich sogar ein knollennasiger Polizeidiener ängstlich versteckt, dürfte, wenngleich mit einem gehörigen Schuss Ironie gewürzt, auch den damaligen Betrachtern der kleinen Leinwand nicht entgangen sein. ...mehr  |