Grisebach legt in diesem Herbst einen Millionenbetrag für einen Franzosen vor  
Marc Chagalls „Les fiancés aux anémones“, eine Küstenlandschaft in freundlichen Farben, ist das unangefochtene Prunkstück in der anstehenden Auktionsrunde bei Grisebach. Im Vordergrund eröffnet ein auslandender Strauß von roten und violetten Anemonen den Bildraum. Dahinter führt ein orange-gelber Farbwechsel den Blick vorbei an einigen Häusern hinauf zum Gipfel eines bewaldeten Hügels, wo ein grauer Turm die Landschaft überragt. Es ist der Glockenturm der Kirche von Saint-Paul-de-Vence, jenem verschlafenem Dorf an der Côte d’Azur, in dem Marc Chagall von 1966 an lebte. Typisch für das Spätwerk des Künstlers ist, dass sich in seinen Gemälden die Ebenen von Realität und Traum überlagern. So steigt über den Dächern des Ortes ein schwebendes Paar in den hellblauen Mittelmeer-Himmel empor. Die Frau scheint in ein Brautkleid gehüllt; sie trägt einen weißen Schleier. Begleitet wird sie von einem Mann mit dunkelblauem Sakko, der sie überragt und mit seiner Rechten an die Brust zu fassen scheint. Um sie herum schwirren angedeutete Figuren durch den Himmel. Eine Kuh, ein Hahn und andere Menschen. Es sind die klassischen Symbole der Gemälde von Chagall, sie stehen für das Leben im Allgemeinen und für Fruchtbarkeit im Besonderen. Wen der Maler hier abbildete, verriet er selbst. Es ist seine 1944 verstorbene Frau Bella, die er vielfach malte. „Ganz weiß gekleidet oder ganz in Schwarz, geistert sie lange schon durch meine Bilder, als Leitbild meiner Kunst“, so Chagall selbst. Nun geistert sie auch bei Grisebach. Und Das Berliner Auktionshaus erwartet mit einer Schätzung von 1 bis 1,5 Millionen Euro einen Spitzenpreis. ...mehr  |