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Marktberichte |
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Klassische Moderne und zeitgenössische Malerei erweisen sich bei Grisebachs „Ausgewählten Werken“ als sattelfest  Reichlich Geld für die Glocke

| Viel blieb nicht zu wünschen übrig auf der großen Frühjahrsauktion „Ausgewählter Werke“ am 31. Mai bei Grisebach in Berlin. Sowohl klassische Moderne als auch zeitgenössische Malerei erwiesen sich einmal mehr als sicheres Pflaster für den führenden Berliner Anbieter auf diesem Gebiet – und das, obwohl Grisebach ein millionenschweres Hauptlos diesmal entbehren musste. Dafür gab es rund anderthalb Dutzend Zuschläge im sechsstelligen Bereich, und nicht zuletzt die Zuschlagsquote von vier Fünfteln des 62 Losnummern umfassenden Angebots ist Ausweis genug für die einmal mehr hohe Attraktivität des Programms. Als Topzuschlag setzte sich etwas überraschend Gabriele Münters aus breiten Pinselstrichen gefügte Landschaft „Am Starnberger See“ an die Spitze: Die 1908 datierte, farbenfrohe Malerei mit Blick auf ein zwischen Bäumen halb verborgenes rotes Haus am Hang wanderte für 600.000 Euro an einen Privatsammler aus österreichischen Landen. Veranschlagt waren 300.000 bis 400.000 Euro.
Deutlich zu bescheiden hatten die Experten für die Vertreter des ausgehenden Impressionismus und der Frühmoderne kalkuliert. Schon Lesser Urys pastellartiger, aber in Öl auf Leinwand gemalter „Frühling“ von 1902, mit 50.000 bis 70.000 Euro an erster Stelle platziert, wurde auf 85.000 Euro gehoben. Aus dem Worpsweder Kreis machten sich Otto Modersohns wunderbare, fast märchenhaft unwirkliche Partie „Birken am Moorkanal“ von 1894 bei 160.000 Euro – so viel wie der bisherige Auktionsrekordpreis im vergangenen November ebenfalls bei Grisebach mit einem Bild von 1904 – und ein schemenhaft abgelichteter „Schafhirte“ samt Herde von Paula Modersohn-Becker aus dem Jahr 1902 bei 210.000 Euro jeweils 10.000 Euro über der oberen Schätzung bemerkbar. Eines der heute eher selten anzutreffenden Beispiele aus Emil Noldes vorexpressionistischer Zeit, die nebelig verschwommenen „Dünen“ von 1901, brachte es sogar auf 190.000 Euro (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR). Lovis Corinths Bildnis des eleganten „Fräulein Heck“ im Boot auf dem Starnberger See von 1897 ließ sich bei 240.000 Euro und damit etwa zum doppelten Wert wie im Herbst 2001 aus dem Auktionshaus bitten (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR).
Als weitere Landschaften reüssierten Christian Rohlfs’ „Weiden II“ von 1904 bei 90.000 Euro (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR) und Max Liebermanns rasches Pastell „Am Meeresstrand (Windiger Tag am Meer)“ von 1912 bei 95.000 Euro (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Einzig Leo Putz’ „Mädchen im grauen Kleide“ von 1906 für geschätzte 100.000 bis 150.000 Euro und Alexej von Jawlenskys gepunktete „Landschaft mit See“ aus der Zeit um 1902/03 enttäuschten in dieser Reihe früher Arbeiten (Taxe 200.000 bis 250.000 EUR). Dafür schaffte Jawlenskys weitgehend abstrakte „Variation: Herbstglut“ von 1916 immerhin die untere Schätzung von 140.000 Euro. Otto Dix’ etwa um die gleiche Zeit entstandene Mischtechnik „Häuserreihe“, die mit ihrer verschachtelten Bildarchitektur sichtlich von den Errungenschaften des Kubismus profitiert, wechselte bei 110.000 Euro den Besitzer (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR).
Die vielseitige Zwischenkriegszeit stieß insbesondere mit ihren weniger arrivierten Positionen auf großes Interesse: Um Lotte Lasersteins hieratisch in der Bildmitte aufragendes „Mädchen mit Katze“ von circa 1932/33 wurde bis auf 112.000 Euro ebenso heftig gerungen (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR) wie um Tamara de Lempickas von einem blauen Vorhang hinterfangenes „Bouquet d’hortensias et citron“ aus der Zeit um 1922 auf schließlich 155.000 Euro (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Erich Heckels für ihn sicher nicht ganz typische Teichszene „Badende im Park“ von 1918 mit ihrer anspruchsvollen Taxierung von 250.000 bis 350.000 Euro blieb dagegen unveräußert, und der Berliner Einlieferer von Karl Schmidt-Rottluffs schon einmal bei Koller in Zürich angetretenen „Lilien“ von 1931 musste sich mit 140.000 Euro begnügen. Hier wird noch nachverhandelt (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR).
Das Interesse an figürlicher Malerei der unmittelbaren Nachkriegszeit manifestierte sich in 180.000 Euro für Karl Hofers surreal-altmeisterlicher „Höllenfahrt“ von 1947 (Taxe 180.000 bis 240.000 EUR) und 80.000 Euro für Werner Heldts ulkig-melancholische Vision „Berlin am Meer“ von 1948 (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Zwar wurde von Ernst Wilhelm Nay der bereits 1942 datierte und noch mit figuralen Elementen bestückte „Abendgruß“ für gute 55.000 Euro übernommen (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR), nicht aber das gut zwanzig Jahre spätere Großformat „Furioso“ (Taxe 250.000 bis 350.000 EUR). Eine gewisse Zurückhaltung gegenüber den von Grisebach angebotenen Arbeiten dieser Zeit ließ sich ohnehin beobachten, auch wenn 35.000 Euro für Carl Buchheisters materialreiche „Komposition Nemalos“ von 1961 (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR) und 30.000 Euro für Walter Stöhrers informelle Öl-Sand-Schlacht „nicht betitelt“ von 1962 natürlich schöne Werte sind (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR).
Auch Fernando Boteros monumentales Bildnis einer altehrwürdigen „Abuelita“ von 1969, mit 300.000 bis 400.000 Euro als eines der Hauptlose gehandelt, blieb mit 270.000 Euro hinter den Erwartungen zurück. Als erheblich attraktiver erwiesen sich wieder die jüngeren Werke wie Per Kirkebys geheimnisvolles Ölgemälde „Strandbillede Laesø“ von 1983 für 95.000 Euro (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR), ein zweiteiliger Entwurf zum Reichstagsverhüllungsprojekt Christos aus dem Jahr 1986 für taxgerechte 150.000 Euro und Richard Serras radikales schwarz-weißes „Untitled“ von 1985 für 145.000 Euro (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR). Unter den deutschen Altmeistern sind Sigmar Polke mit einem violetten Interferenzbild auf knapp zwei mal anderthalb Metern von 1999 für 210.000 Euro (Taxe 200.000 bis 250.000 EUR) und ein collagierter und farbiger Frauenakt Horst Janssens von 1977 für 56.000 Euro zu nennen (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR). Mit 140.000 Euro für Thomas Struths Großfoto „San Zaccaria, Venedig“ von 1995 (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR) und taxgerechten 70.000 Euro für Dirk Skrebers Autokarambolage „It Rocks Us So Hard – Ho, Ho, Ho 5.0“ von 2002 fand auch die Kunst der Jüngeren ihre Anhänger.
Die klassischen Skulpturen hielten sich weitgehend bedeckt. Ernst Barlachs „Flötenbläser“ von 1936 für 50.000 Euro und Renée Sintenis’ „Große Daphne“ von 1930 für 70.000 Euro gelangten jeweils über die untere Schätzung nicht hinaus. Barlachs über zwei Meter hoher „Bettler“ von 1930, entstanden im Zusammenhang mit den Figuren an der Fassade der Lübecker Katharinenkirche, in diesem Fall jedoch erst 1981 gegossen, war mit 200.000 bis 300.000 Euro zu hoch bewertet. Einzige Ausnahme bildete die formreduzierte Bronze „Finnisches Pferd“ von Ewald Mataré von 1929/30, die mehr der Idee des Tieres als seiner reellen Erscheinung entspricht. Es galoppierte erst bei 47.000 Euro aus dem Auktionssaal.
Mit weitem Abstand rangierten daher George Rickeys bewegliche „Six Squares Excentric“ von 1993/94 bei 200.000 Euro an der Spitze (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). Bei Lothar Fischers verspieltem bunten „König Ubu II“ von 1963 reichten 42.000 Euro sogar zu einem neuen Künstlerauktionsrekord (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Irgendwo zwischen Malerei und Skulptur steht Günther Ueckers „Spirale“, ein ganz neues Werk, das der ZERO-Künstler zugunsten einer neuen Glocke in der Kirche seiner mecklenburgischen Heimatgemeinde Rerik gestiftet hat. Die Spendenbereitschaft der Bieter war enorm: Über 340.000 Euro konnte sich das kleine Dorf schließlich freuen (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR).
Alle Preise verstehen sich als Zuschläge ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Grisebach Fasanenstraße 25 DE-10719 Berlin |
 | Telefon:+49 (030) 885 91 50 | Telefax:+49 (030) 882 41 45 |  |  | E-Mail: auktionen@grisebach.com |  | Startseite: www.grisebach.com |
08.06.2012 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander |  |
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 |  | Weitere Inhalte: Gesamt Treffer 10 | Seiten: 1 • 2
 Events (1) • Adressen (1) • Berichte (1) • Kunstwerke (7) |  | •  | Veranstaltung vom: 31.05.2012, Ausgewählte Werke
|  | •  | Bei: Grisebach
|  | •  | Bericht: Nageln für Rerik
|  |  | •  | Kunstwerk:  Paula Modersohn-Becker, Schafhirte, 1902 |  | •  | Kunstwerk:  Lovis Corinth, Fräulein Heck (Im Boot auf dem
Starnberger See), 1897 |  | •  | Kunstwerk:  Max Liebermann, Am Meeresstrand (Windiger Tag am Meer), 1912 |  |  | •  | Kunstwerk:  Ernst Barlach, Der Flötenbläser, 1936 |  | •  | Kunstwerk:  Lesser Ury, Frühling, 1902 |  | •  | Kunstwerk:  Christian Rohlfs, Weiden (Weiden II, Im
Schanzengraben bei Weimar), 1904 |  |  |
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 Ernst Barlach, Der
Flötenbläser, 1936 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 50.000,- EURO Losnummer: 20 |  |  |  |  |  | 
 Christian Rohlfs,
Weiden (Weiden II, Im
Schanzengraben bei
Weimar), 1904 |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 90.000,- EURO Losnummer: 12 |  |  |  |  |  | 
 Paula
Modersohn-Becker,
Schafhirte, 1902 |  | Taxe: 150.000 - 200.000 EURO Zuschlag: 210.000,- EURO Losnummer: 6 |  |  |  |  |  | 
 Alexej von
Jawlensky,
Variation:
Herbstglut, 1916 |  | Taxe: 140.000 - 180.000 EURO Zuschlag: 140.000,- EURO Losnummer: 16 |  |  |  |  |  | 
 Lesser Ury,
Frühling, 1902 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 85.000,- EURO Losnummer: 1 |  |  |  |  |  | 
 Lovis Corinth,
Fräulein Heck (Im
Boot auf dem
Starnberger See),
1897 |  | Taxe: 200.000 - 300.000 EURO Zuschlag: 240.000,- EURO Losnummer: 7a |  |  |  |  |  | 
 Max Liebermann, Am
Meeresstrand
(Windiger Tag am
Meer), 1912 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 95.000,- EURO Losnummer: 9 |  |  |
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