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Marktberichte |
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Neben französischen Produkten beeindruckt diesmal auch Deutschland in der Möbelauktion bei Koller in Zürich  Wer war’s?

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 |  | Abraham Roentgen Nachfolger, Schreibkommode, Neuwied um 1765/75 | |
Es kommt nicht häufig vor, dass eine deutsche Werkstatt die glanzvolle Riege luxuriöser Einrichtungsgegenstände des Schweizer Auktionshauses Koller anführt. In der kommenden Woche aber ist dies einmal der Fall: Mit 280.000 bis 480.000 Franken hat Koller eine über und über mit feinen Rosen, exotischen Vögeln und geschickt sich versteckenden Insekten geschmückte Schreibkommode an die Spitze gestellt, die mit Neuwied signiert ist und von einem künstlerischen Nachfolger der Werkstatt des berühmten Abraham Roentgen geschaffen wurde. Johann Georg Barthel ist außerdem vermerkt, der selbst in seiner Jugend als Schreiner gearbeitet hat, jedoch als Hersteller dieses Exemplars wohl ausscheidet, nachdem er sich schon früh der Profession des Bierbrauers und Handelsmannes zugewandt hatte. Es muss allerdings offenbleiben, wer für diese Kommode wirklich verantwortlich zeichnet, die auch zeitlich nur grob auf das späte Rokoko um 1765/75 datiert werden kann.
Nicht nur die Deutschen, sondern auch die Italiener stellen am 20. September ein starkes Los: 240.000 bis 360.000 Franken stehen auf dem Etikett eines klassizistischen Kommodenpaares von dem Mailänder Giuseppe Maggiolini. Neben den strengen, an griechischen Vorbildern orientierten Rahmenleisten beeindrucken die stilllebenartigen Allegorien „Mäßigung“ und „Gerechtigkeit“. Als Vorlagen konnten Zeichnungen des Malers Giuseppe Levati dingfest gemacht werden, die wiederum die Datierung 1806 tragen – terminus post quem für die Entstehung des Kommodenpaares. Aus dem italienischen Rokoko besticht eine von Ornamenten überbordende, plastisch durchgearbeitete römische Konsole der Zeit um 1725/45 mit kompletter Vergoldung (Taxe 120.000 bis 180.000 SFR). Etwas graziler wirkt ein kleiner, wohl in Turin entstandener Lacktrumeau um 1760, wobei zu diesem Eindruck nicht zuletzt die zarten chinoisen Figurenmalereien beitragen (Taxe 95.000 bis 125.000 SFR).
Doch damit ist zeitlich weit vorgegriffen, denn den Beginn der Auktion machen Arbeiten der Renaissance. Da findet sich aus dem frühen 16ten Jahrhundert ein gut zweieinhalb Meter breiter Wandbehang aus Wolle für 130.000 bis 180.000 Franken. In der Mitte ist der wohl aus Brügge stammende Wandschmuck mit einem höfischen Paar vor seinem Schloss im Rundmedaillon verziert, darum blühen unzählige kleine Blumen. Wappen sowie Szenen aus den Novellen des Boccaccio zeigen die Rautenfelder einer Florentiner Hochzeitstruhe, die im Kern auf das mittlere 15te Jahrhundert zurückgeht (Taxe 25.000 bis 45.000 SFR). Verschiedene Blütenzweige, Vögel und Bouquets in Pietra Dura-Technik schmücken ein schwarzes Kabinett toskanischer Herkunft um 1650 für 100.000 bis 150.000 Franken. Ein noch etwas prächtigeres Stück ähnlicher Art versteigerte Koller vor einem Jahr für 300.000 Franken.
Die französischen Werkstätten kommen erst im 18ten Jahrhundert richtig zum Zuge. Einem unbekannten Pariser Produzenten um 1720/30 entstammt eine in den Umrissen schlichte Kommode, über die sich jedoch in üppigster Weise Blumenranken im Stil des französischen Malers Jean-Baptiste Monnoyer ausbreiten (Taxe 150.000 bis 250.000 SFR). Recht ähnlich, wenn auch kleiner präsentiert sich eine etwas frühere Kommode wohl aus der Werkstatt Aubertin Gaudrons (Taxe 45.000 bis 75.000 SFR). In beiden Fällen treibt das Louis XIV seine Blüten, dem ebenso zwei rot-golden in Schildpatt und Bronze glänzende Postamente mit Boulle-Marketerie von circa 1690/1700 angehören. Alexandre-Jean Oppenordt kann hier als Schöpfer identifiziert werden (Taxe 150.000 bis 250.000 SFR).
Die beste Zeit des Pariser Rokoko um 1750/60 vertreten Pierre Roussels und Jean Desforges’ jeweils blumengeschmückte Kommoden mit großen Bronzebeschläge zwischen 40.000 und 100.000 Franken sowie mehrere chinoise schwarze Lackmöbel, darunter eine kleine Kommode François Rübestücks mit Pagodenlandschaften (Taxe 80.000 bis 140.000 SFR) und ein zierliches Damenbureau Nicolas Jean Marchands ehemals aus den Sammlungen des Schlosses Fontainebleau (Taxe 48.000 bis 68.000 SFR). Kurze Zeit später hält bereits der Klassizismus Einzug, die Möbel werden kantig und schlicht, bleiben aber von höchster Eleganz wie ein Paar ovaloid abgerundeter Konsolen Jean Jacques Pafrats um 1780/85 (Taxe 60.000 bis 100.000 SFR) oder Joseph Gengenbachs etwa gleichzeitiges, fast nüchternes Bureau-Plat für 100.000 bis 180.000 Franken. Letzteres wurde vor fünf Jahren im selben Haus schon einmal für 160.000 Franken weitervermittelt.
Hübsch anzuschauen sind die eingelegten Landschaften auf den Zargen eines Verwandlungstisches vermutlich von André Louis Gilbert. Meister Gilbert gehörte 1789 zu den Bastille-Stürmern und beendete um diese Zeit wohl auch seine Tätigkeit als Kunstschreiner für die höfische und großbürgerliche Klientel (Taxe 40.000 bis 70.000 SFR). Auch der schon erwähnte Pierre Roussel schwenkte auf den neuen Stil um: Sein mit stilllebenartigen Einlegearbeiten versehener kastenförmiger Sekretär von circa 1770 ist kaum mit der kaum zehn Jahre älteren Kommode zu vergleichen. Die Verarbeitung ist in ihrer Detailfreude freilich nicht weniger edel (Taxe 40.000 bis 70.000 SFR).
Zum reichen Angebot an dekorativen Einrichtungsgegenständen jenseits der Möbelbranche rechnet eine prunkvoll, komplett vergoldete Pendule des ausgehenden Louis XIV vermutlich von André-Charles Boulle teils nach Entwürfen Gilles-Marie Oppenords. Ein kleiner geflügelter Putto als Sinnbild der fliehenden Zeit bildet den krönenden Abschluss dieses gut einen Meter hohen Hängewerkes (Taxe 60.000 bis 100.000 SFR). Stellvertretend für das Empire stehen zwei Girandolen nach Modellen Pierre François Feuchères um 1810 in Gestalt antikisch gekleideter junger Frauen mit Fackeln und Lichtarmen (Taxe 40.000 bis 70.000 SFR). Wie gewohnt schließt sich ein Part historistischer Möbel des 19ten und frühen 20sten Jahrhunderts an, darunter nach einem Modell wiederum von André-Charles Boulle ein Bureau-Plat mit Maskarons von Paul Sormani um 1855 für 40.000 bis 70.000 Franken.
Die Auktion beginnt am 20. September um 10 Uhr. Die Vorbesichtigung ist noch bis zum 15. September täglich von 10 bis 19 Uhr möglich. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.kollerauktionen.ch. |  | Kontakt: Koller Auktionen Hardturmstrasse 102 CH-8031 Zürich |
 | Telefon:+41 (044) 445 63 63 | Telefax:+41 (044) 273 19 66 |  |  | E-Mail: office@kollerauktionen.ch |
15.09.2012 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander |  |
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 |  | Weitere Inhalte: Gesamt Treffer 25 | Seiten: 1 • 2 • 3
 Events (1) • Adressen (1) • Berichte (1) • Kunstwerke (21) • Im Verkauf - Events (1) |  | •  | Veranstaltung vom: 18.09.2012, Kunst, Antiquitäten, Teppiche, Schmuck, Uhren und Bücher |  | •  | Bei: Koller Auktionen AG
|  | •  | Bericht: Vasenkampf
|  |  | •  | Kunstwerk:  Abraham Roentgen Nachfolger,
Schreibkommode, Neuwied um 1765/75 |  | •  | Kunstwerk:  Pierre Roussel, Kommode, Paris um 1760 |  | •  | Kunstwerk:  Jean Jacques Pafrat, 1 Paar Konsolen, Paris um 1780/85 |  |  | •  | Kunstwerk:  Joseph Gengenbach, genannt Canabas,
Bureau-Plat, Paris um 1775/80 |  | •  | Kunstwerk:  André Louis Gilbert
zugeschrieben, Verwandlungstisch, Paris um 1775/80 |  | •  | Kunstwerk:  Giuseppe Maggiolini, 1 Paar Kommoden, Mailand 1806 |  |  |
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 Joseph Gengenbach,
genannt Canabas,
Bureau-Plat, Paris
um 1775/80 |  | Taxe: 100.000 - 180.000 SFR Losnummer: 1176 |  |  |  |  |  | 
 Jean Desforges,
Kommode, Paris um
1750 |  | Taxe: 40.000 - 70.000 SFR Losnummer: 1139 |  |  |  |  |  | 
 Pierre Roussel,
Kommode, Paris um
1760 |  | Taxe: 60.000 - 100.000 SFR Losnummer: 1143 |  |  |  |  |  | 
 Pierre Roussel,
Sekretär, Paris um
1770 |  | Taxe: 40.000 - 70.000 SFR Zuschlag: 44.000,- SFR Losnummer: 1186 |  |  |  |  |  | 
 André Louis Gilbert
zugeschrieben,
Verwandlungstisch,
Paris um 1775/80 |  | Taxe: 40.000 - 70.000 SFR Zuschlag: 86.000,- SFR Losnummer: 1182 |  |  |  |  |  | 
 André-Charles
Boulle, Pendule mit
Boulle-Marketerie,
Paris um 1720/25 |  | Taxe: 60.000 - 100.000 SFR Losnummer: 1096 |  |  |  |  |  | 
 Alexandre-Jean
Oppenordt, 1 Paar
Postamente mit
Boulle-Marketerie,
Paris um 1690/1700 |  | Taxe: 150.000 - 250.000 SFR Losnummer: 1095 |  |  |  |  |  | 
 Lack-Trumeau, wohl
Turin, um 1760 |  | Taxe: 95.000 - 125.000 SFR Losnummer: 1085 |  |  |  |  |  | 
 Paul Sormani,
Bureau-Plat, Paris
um 1855 |  | Taxe: 40.000 - 70.000 SFR Zuschlag: 40.000,- SFR Losnummer: 1301 |  |  |  |  |  | 
 Jean Jacques Pafrat,
1 Paar Konsolen,
Paris um 1780/85 |  | Taxe: 60.000 - 100.000 SFR Losnummer: 1166 |  |  |  |  |  | 
 Kabinett, Toskana,
um 1650 |  | Taxe: 100.000 - 150.000 SFR Losnummer: 1008 |  |  |  |  |  | 
 Nicolas Jean
Marchand,
Damenbureau, Paris
um 1755 |  | Taxe: 48.000 - 68.000 SFR Losnummer: 1134 |  |  |
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