Kunst vom Klassizismus bis zur Gegenwart bei Hassfurther in Wien
Schöne Damen in funkelndem Gold
Dieses Bild kommt einem doch gleich bekannt vor. Bereits im Mai 2008 hatte das Wiener Auktionshaus Hassfurther Herbert Boeckls „Leda mit dem Schwan“ im Programm, eine mit mehr als 180 Zentimetern Breite großformatige Leinwand, die sich den alten mythologischen Stoff auf neue Art zum Gegenstand nimmt: Auf Leda, eine junge und offenbar äußerst begehrenswerte Königstochter, hat wieder einmal Zeus seine nimmersatten Augen geworfen. Er nähert sich ihr in Gestalt eines schwarzen Schwanes. Die entkleidet auf den Lagen sich räkelnde Leda empfängt das Gott-Tier bereitwillig und macht mit ihrem Blick zum Betrachter auch diesen zum Mitwisser. Der Pinselstrich ist rasch und kraftvoll, und das Bild zeigt einen der bedeutendsten österreichischen Expressionisten von seiner besten Seite. Vor sechseinhalb Jahren scheiterte das Gemälde noch an 100.000 bis 180.000 Euro, aber vielleicht klappt es jetzt mit einem geringeren Betrag. Auch bei Boeckls fast abstrakt aufgefasstem, farbintensivem „Erzberg V“ aus einer Werkserie des Jahres 1948 verrät Wolfdietrich Hassfurther die Schätzung auf Anfrage.
Mit Anton Kolig ist noch ein weiterer berühmter Expressionist aus der Alpenrepublik am 24. November in Wien zugegen. „Olympische Spiele Berlin“ nennt sich sein mehr als dreieinhalb Meter breites Gemälde aus dem Jahr 1933, das mit seiner Verschränkung mehrerer Stile – dynamisch bewegte, naturnah wiedergegebene Körper stehen neben stilisierten und fast seriell angeordneten Figuren à la Henri Matisse – ein typisches Kolig-Werk ist. Neben einem angemessen großen Raum ist hier mit 150.000 bis 250.000 Euro auch eine gut gefüllte Geldbörse gefordert. Koligs Vorliebe für das eigene Geschlecht äußert sich auch in seinem „Männlichen Aktpaar Gruppe 2“ aus dem Jahr 1925. Die Anordnung entspricht allerdings strenger Atelierpraxis, nach welcher die Schüler möglichst komplizierte Körperhaltungen künstlerisch zu bewältigen hatten (Taxe 40.000 bis 80.000 EUR).
Zum Nötscher Kreis um Kolig gehörte auch Sebastian Isepp. Seine „Weiden am Bach im Winter“ erscheinen mit 40.000 bis 80.000 Euro allerdings ein wenig überbewertet. Ganz anders Hassfurthers Haus- und Hofkünstler Alfons Walde, der einmal mehr die ersten Losnummern bestreitet, aber diesmal auffallend günstig ist mit 30.000 bis 60.000 Euro für eine 1926 datierte Winterlandschaft mit prachtvollen Schneehügeln, die sich mit tiefen Schatten dunkler Tannenwälder abwechseln, oder 15.000 bis 25.000 Euro für eine kleine, etwas skizzenhaftere Ansicht von Kitzbühel. Da ist noch Luft nach oben. Etwa im gleichen Bereich wie letzteres Bild rangiert Oskar Mulley mit einem mittelgroßen „Gehöft vor aufragendem Gebirgsmassiv“, ein etwas kleineres Exemplar derselben Gattung liegt bei 10.000 bis 20.000 Euro.
Eine große Rolle auf dieser Auktion spielt der Komponist Arnold Schönberg, der gelegentlich auch als begabter Maler dilettierte. Davon gibt der Meister zumindest eine kleine Kostprobe, nämlich zwei eigenhändig angefertigte Kartenspiele zu je 52 Karten aus dem Jahr 1909 mit witzigen figürlich-ornamentalen Zeichnungen in Aquarell und Gouache (Taxen je 5.000 bis 10.000 EUR). Ferner liegen Briefe und andere Autografen für bis zu 6.000 Euro bereit sowie Fotografien, darunter ein komplettes Album mit über hundert privaten Aufnahmen zwischen 1918 und 1923 für 10.000 bis 15.000 Euro.
Gemalt wurde Schönberg auch, unter anderem von Max Oppenheimer in Halbfigur. Mindestens zwei Dutzend Mal war dieses dynamische Portrait mit seiner monochromen Farbigkeit und der leicht melancholischen Charakterisierung seit 1906 öffentlich ausgestellt (Taxe 50.000 bis 100.000 EUR). Richard Gerstl, der später ein Verhältnis mit Schönbergs Frau anfing, das aber aufflog, woraufhin der junge Maler sich erhängte, hielt 1907 ein Jahr vor diesen tragischen Ereignissen Schönbergs kleinen Sohn Georg in einem schrundigen Bildnis fest, das 6.000 bis 12.000 Euro einbringen soll. Es ist bloß 8,5 mal 6,8 Zentimeter groß. Oppenheimer übrigens war ja selbst ein großer Musikfreund, und seine berühmten Orchesterbilder erzielen auf internationalem Parkett sechsstellige Beträge. Einige vorbereitende Bleistiftstudien kann Hassfurther für bis zu 1.500 Euro anbieten.
An weiteren Offerten eher klassischer Art verdienen Maximilian Florians prachtvolles „Blumenstillleben“ von 1947 in kraftvollen blauen und roten Farbtönen (Taxe 3.000 bis 5.000 EUR) und Josef Stoitzners fast fotografisch genaue „Sommer-Idylle“ in österreichischer Dorflandschaft unter weitem Himmel eine Erwähnung (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR). Von dem 1895 geborenen Ernst Huber warten rund zwanzig Landschaftsaquarelle für nicht mehr als 1.000 Euro pro Stück auf Kundschaft sowie ein fast naives Hinterglasbild mit dem „Huberhaus“ in Wagrain für 2.500 bis 4.500 Euro. Auch einige lebende Künstler haben sich ins Programm gemengt, so Arik Brauer mit seinem alten „Traurigen Bauern“, der mit seiner Scholle benahe verwachsen ist (Taxe 9.000 bis 12.000 EUR), und Arnulf Rainers zwölfteilige Kaltnadelradierungsfolge „Stirnstrandwand“ mit typischen Übermalungsgesten von 1963/69 für 4.000 bis 8.000 Euro. Und auch einige Alte Meister sind mit dabei, allen voran Angelika Kauffmann mit den beiden weiblichen Allegorien der Gerechtigkeit und der Mäßigung aus ihrem frühen Schaffen als Rundbild in schönen Goldrahmen für jeweils 60.000 bis 90.000 Euro.
Die Auktion beginnt am 24. November um 18 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum Auktionsbeginn täglich von 10 bis 18 Uhr, sonntags von 11 bis 16 Uhr möglich. Der Katalog ist im Internet unter www.kunstnet.at/hassfurther/ abrufbar.