 |  | Egon Schiele, Akt – Selbstbildnis, 1911 | |
Gestern eröffnete im Wiener Museumsquartier das Leopold Museum mit bedeutenden Werken der Wiener Moderne. Es geht aus dem Privatengagement von Rudolf und Elisabeth Leopold hervor, die unter anderem die bedeutendste Sammlung von Schiele-Werken ihr Eigen nennen und mit Hauptwerken von Klimt und Kokoschka aufwarten können.
Die Entstehungsgeschichte der Sammlung mutet wie eine Tellerwäscherlegende in der Welt der Kunst an. Es ist die Geschichte des Medizinstudenten Rudolf Leopold, der mit seinem gesparten Taschengeld in den 40er Jahren sein erstes Gemälde kaufte und nun Museumsdirektor wird. Seit 1947 trug Leopold bedeutende Werke der Wiener Moderne zusammen, die bis weit über die Mitte des 20. Jahrhunderts wenig geschätzt wurden und so für den Studenten und späteren Augenarzt erschwinglich waren. Erst später zogen die Preise für diese Werke an, so dass der geschätzte Vermögenswert der Sammlung heute 7,9 Milliarden Schilling, umgerechnet rund 574 Millionen Euro, beträgt.
Die verdiente Aufwertung der Werke Schieles ist sicher auch dem Einsatz Leopolds zu verdanken, der schon seit den 50er Jahren den österreichischen Expressionisten durch Ausstellungen einem breiteren Publikum nahezubringen suchte. Die große Retrospektive "Schiele und seine Zeit", die von 1989-91 in Wien, Zürich, München, Wuppertal und London lief, mag dem einen oder anderen noch im Gedächtnis sein.
Aufgrund der Bedeutung der Werke für die österreichische Kunstgeschichte entschloß sich die Republik Österreich zusammen mit der Österreichischen Nationalbank, die Sammlung mit über 5200 Exponaten in einem zentralen Museum unterzubringen. Leopold erhielt 28 Prozent des Schätzwertes seiner Sammlung, die er in die gemeinnützige „Leopold Museum-Privatstiftung“ einbrachte. Die Sammlung, die 860 Gemälde, rund 3000 Grafiken, Möbel, Kunstgewerbe um 1900 und genuine Kunstgegenstände aus Schwarzafrika und Ozeanien enthält, hat nun ihr neues Gebäude im Haupthof der ehemaligen kaiserlichen Hofstallungen am Museumsplatz bezogen und ist damit in das Museumsquartier integriert.
Mit dem Bau des Museums wurden die Wiener Architektenbrüder Laurids und Manfred Ortner beauftragt. Von außen ragt der kubische Neubau 24 Meter in Höhe und ist mit weißem Donaumuschelkalk aus Bulgarien verkleidet. Damit stellt er einen hellen Kontrast zu der düsteren Basalt-Fassade des Museum Moderner Kunst und dem warmtönigen roten Klinker der Kunsthalle dar. Der Kubus ist auf allen Seiten, vor allem aber von oben durch Maueröffnungen aufgebrochen, durch die das Licht bis in die beiden, 13 Meter tief in den Boden greifenden Untergeschosse gelenkt wird. So können nun auf Wunsch von Rudolf Leopold die Gemälde von Egon Schiele im zweiten Obergeschoss bei Tageslicht gezeigt werden.
Insgesamt stehen dem Leopold Museum mit dem revitalisierten Altbauteilen 12.000 Quadratmeter Fläche zur Verfügung. Davon werden 900 Quadratmeter als Depot und 5.400 Quadratmeter als Ausstellungsfläche genutzt, die sich auf die Eingangsebene und je zwei Unter- und Obergeschosse verteilen. Zwei Zwischengeschosse beherbergen den Museumsshop und das Cafe mit Aussichtsterrasse. Werkstätten und Verwaltung sind im Altbau untergebracht.
Betritt der Besucher das Museum, findet er in der Eingangsebene die Vertreter des Jugendstils und der Secession wie Klimt und Gerstl. Aber auch Kunstgewerbe der Wiener Werkstätte, beispielsweise von Josef Hoffmann oder Kolo Moser, oder von Otto Wagner und Adolf Loos ist hier untergebracht. Das erste und zweite Geschoss sind der Kunst des Expressionismus und der Zwischenkriegszeit vorbehalten. Im obersten Stock des neuen Museums befindet sich das Kernstück der Sammlung mit Werken Egon Schieles. Daneben werden hier andere Expressionisten wie Herbert Boeckl, Ernst Ludwig Kirchner, Josef Dobrowsky, Albin Egger-Lienz, Anton Kolig, Alfons Walde, Anton Faistauer und Oskar Kokoschka zu sehen sein.
Macht man sich dann auf den Weg in das erste Untergeschoss, trifft man hier auf Gemälde des 19. Jahrhunderts, darunter von Ferdinand Georg Waldmüller, Friedrich Gauermann, August Xaver Karl Ritter von Pettenkofen, Carl Schuch, Tina Blau, oder Olga Wisinger-Florian. Die Wechselausstellungen werden hier neben dem Auditorium stattfinden. Das zweite Untergeschoss widmet sich den grafische Arbeiten, angefangen bei Blättern Rudolf von Alts aus dem 19. Jahrhundert über Schiele, Klimt und Kubin bis zu anderen Künstlern der klassischen Moderne.
Das Leopold Museum ist von Mittwoch bis Montag von 11 bis 19 Uhr geöffnet, freitags zusätzlich bis 21 Uhr. Der Eintritt beträgt 125 Schilling (9 Euro), ermäßigt 80 Schilling (5,5 Euro). |