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Marktberichte |
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Das Heidelberger Auktionshaus Winterberg erweist sich wieder als Hort der grafischen Künste aus fünf Jahrhunderten  Mord im Hot Club

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 |  | Friedrich Overbeck, Toter Fuchs, 1818 | |
Da liegt er nun und rührt sich nicht mehr, der tote Fuchs, den Friedrich Overbeck „am Tage St. Thomas Ao 1818“ zu Papier brachte. Auch den Ort, wo das arme schöne Tier sein Leben lassen musste, gibt der Nazarener an: „er ward gefangen in Villa Palombra“, dem Wohnhaus der Overbecks in Rom, das zu einem wichtigen Treffpunkt der Lukasbündler wurde. Die genauen Farben und Farbverläufe des Fells hat Overbeck ebenfalls auf dem Blatt niedergeschrieben: „Der Rücken braun und grau gemischt, Bauch grau – nach hinten weißlich, so auch die Brust grau und der helle Fleck am Kinnbacken weiß – gegen das Ohr ist der Hals aber auch schön braun. Der Kopf spielt aber in allerley grau und schwarz braunen Tönen.“ Mit diesem akkurat und aussagekräftig gezeichneten Blatt geht Thilo Winterberg in seine nächste Auktionsrunde und will dafür 7.800 Euro sehen.
Alte Meister
Seinen Ruf als wichtiger Händler für Grafik im südwestdeutschen Raum
bestätigt der Heidelberger Versteigerer am 12. November wieder eindrucksvoll. So listet der Katalog mit knapp 1.000 Positionen eine Fülle von erlesener Kleinkunst vom ausgehenden Mittelalter bis in die heutige Zeit. Bei den Alten Meistern dominieren grafische Arbeiten. Albrecht Dürers Kupferstich „Der kleine Kurier“ um 1496 will sich für angemessene 6.000 Euro aus dem Auktionshaus bitten lassen, Rembrandts „Wandernde Musikanten“ um 1635 für ebenfalls nicht überzogene 2.800 Euro. Giovanni Battista Piranesi tut sich im 18. Jahrhundert mit seinen römischen Stadtansichten hervor, darunter der „Veduta della Basilica di Santa Maria Maggiore“ von 1749 für 2.500 Euro oder der „Veduta del Tempio detto della Concordia“ von 1774 aus der ersten Pariser Ausgabe für 4.000 Euro. Schon von romantischem Empfinden sind die Grafiken Johann Christian Reinharts geprägt, so auch seine sechs Radierungen „Die Römischen Denkmäler“ von 1792 (Taxe 580 EUR).
Als Vorstudie zu Blatt 10 der Radierfolge „Aus der Umgebung von Rom“ legte Franz Edmund Weirotter um 1765 mit brauner Tusche und grauer Lavierung eine weite italienische Landschaft mit zerfallenem Kastell an. Zeichnerisch bleibt es bei Franz Anton Graff. Der Schwetzinger Architekt hat 1796 seine Vorstellungen von einer quadratischen Tempelanlage mit runder Kuppel im strengen Klassizismus ausgeführt (Taxe 850 EUR). Ihm folgt im frühen 19. Jahrhundert der Revolutionsarchitekt Peter Speeth mit einem Aquarell der mächtigen Kasematten im Heidelberger Schloss von 1809 (Taxe 1.200 EUR). Auch Malerisches hält der Katalog bereit, so die beiden als Pendants ausgearbeiteten Genreszenen „In der Wirtsstube“ für 2.200 Euro und „In der Bauernstube“ für 1.850 Euro von Jan Josef Horemans d.Ä. Als Gegenstücke treten auch die Portraits von Kurfürst Carl Theodor von der Pfalz mit Stiftungsurkunde und seiner Gemahlin Elisabeth Auguste mit Füllhorn auf, die dem Hofmaler Heinrich Carl Brandt zugeschrieben werden (Taxe 4.500 EUR).
Neuere Meister
Mit dem 19. Jahrhundert wächst die Auswahl im Katalog an. Im Genre sind Salomon Corrodi mit seinem Aquarell einer italienischen Bauernfamilie mit Kind in der Wiege für 850 Euro und Theodor Hosemann zuhause. Der Berliner Maler und Illustrator stellt mehrere Aquarelle zur Verfügung, die teils schon karikaturhafte Züge annehmen, etwa sein Maler, der eben bei den Portiersleuten eines vornehmen Hauses vorspricht (Taxe 750 EUR). Friedrich Overbeck tritt mit der Zeichnung eines Mannes in Renaissancetracht nach Jan van Scorel noch einmal an. Auch hier hat er akribisch die Farbstellungen angegeben (Taxe 7.200 EUR). Zur wichtigsten Gattung des 19. Jahrhunderts, der Landschaft, steuern Heinrich Woldemar Rau die braun und blau kolorierte Zeichnung eines etwas bizarren oberbayrischen Gebirgssees mit Wegkreuz für 1.450 Euro, Pieter Francis Peters das ruhige Aquarell einer Hügelgegend mit Bäuerin bei einem Gasthaus von 1854 für 1.200 Euro und Josef Rebell seine Grisaille vom Ufer des Comer Sees mit Spaziergängern und anlegendem Boot, deren Rückseite noch Fährboote am Comer See bereithält, für 1.950 Euro bei. Die um 1880 erstellte Kreidezeichnung eines Reiters auf einer holländischen Dorfstraße diente Anton Mauve als Studie zu seinem Gemälde im Toledo Museum of Art in Ohio (Taxe 1.200 EUR).
Unspektakulär fasst Paul von Ravenstein 1901 die Landschaft in seinem Ölgemälde eines Waldes und einer Weise an der Isar bei Tölz auf (Taxe 580 EUR), ebenso Heinrich Deuchert 1881 die beiden Fischer in ihrem Boot am Ufer des Chiemsees (Taxe 1.250 EUR) oder Charles-François Daubigny den baumbestandenen Flusslauf mit Reiter in seiner Glasradierung „Le Pont“ von 1862 (Taxe 250 EUR). Detailverliebt hat Otto Ubbelohde um 1900 aus seiner näheren Heimat Zeichnungen von Kassel und Schloss Wilhelmshöhe sowie der Liebfrauenkirche in Frankenberg angefertigt (Taxe zwischen 1.350 und 1.950 EUR). Impressionistisch wird es dann bei Friedrich Kallmorgen, der um 1905 spielende Kinder auf einer Wiese bei Sonnenschein gemalt hat (Taxe 9.800 EUR), oder bei Wilhelm Trübner mit seinem Blick in den grün überwucherten Schlosspark Lichtenberg in Odenwald (Taxe 13.500 EUR). Mit der schnellen Ölskizze „Der Tod des Grafen von Mansfeld“ erweist er sich aber auch als Historienmaler (Taxe 4.800 EUR).
Moderne und Zeitgenössische Kunst
Thilo Winterberg kann bei der Kunst des 20. Jahrhunderts mit großen Namen aufwarten. Dazu gehören etwa Ernst Ludwig Kirchners flott mit Bleistift skizzierte und ambitioniert mit 15.800 Euro bewertete „Folkloretänzerin mit Tamburin“ um 1913/14 oder mehrere grafische Blätter Karl Schmidt-Rottluffs, darunter der kantige Holzschnitt „Haus mit Pappeln“ von 1913 (Taxe 9.000 EUR), die in gleicher Technik ausgeführten, ein Jahr jüngeren „Trauernden am Strand“ (Taxe 14.800 EUR) oder die Kaltnadelradierung der nackten „Frau am Waldrand“ von 1920 (Taxe 18.500 EUR). Auf dem Etikett von Christian Rohlfs’ zarter Wassertemperamalerei ein „Yucca“ von 1931 stehen 30.000 Euro, auf George Grosz’ um 1945 in Mischtechnik gemalte, recht pornografische „Ländliche Venus, ihr Bild betrachtend“ sogar 35.000 Euro. Marc Chagall geht mit der blau grundierten Liebespaar-Lithografie „La Caverne des Nymphes“ von 1960 für 4.800 Euro ins Rennen, die Publikation „Linogravures“ von 1962 mit 45 Reproduktionen nach Linolschnitten Pablo Picassos und seiner originalen Zeichnung einer Corrida auf dem Schmutztitel für 18.000 Euro.
Doch es sind gerade die nicht so gängigen Künstler, die bei Winterberg überzeugen, so Adolf de Haer mit zwei Holzschnitten. 1920 gestaltete er einen blattfüllenden Männerkopf mit Vogel als kubistisch zersplitterte „Freunde“ (Taxe 740 EUR) und ein Mädchen, das mit an der Luft lebenden Fischen spielt (Taxe 450 EUR). Expressive Menschenschilderungen stammen zudem von Walter Gramatté mit den rot unterlaufenen Augen und dem zu großen Kopf auf dem aquarellierten „Bildnis Demidow“ von 1921 (Taxe 7.500 EUR) und von Gottfried Graf mit der Lithografie „Der heilige Sebastian“, der kaum mehr leidet, sondern sehnsuchtsvoll zum Himmel blickt. Heinrich Ehmsen baut seine beiden Kreidezeichnungen mit einem Männer- und Frauenkopf aus kräftigen Farbkontrasten auf (Taxe 950 EUR).
In gemäßigt expressionistischen Bahnen bewegen sich Eric Johansson bei seinem Aquarell eines Bauernhauses mit Kuh um 1920 (Taxe 780 EUR) und Johann Baptist Hundt bei seiner Dorfstraße (Taxe 580 EUR). Recht günstig erscheinen die 780 Euro für ein Ölgemälde Albert Muellers, auf dem er in formaler Reduktion und rhythmischer Malweise eine Stadt unter Bäumen eingefangen hat. Vergleichbar geht Willy Zierath bei seinem in extremer Aufsicht erstellten Holzschnitt „Kanal in der Stadt“ vor (Taxe 500 EUR). Wieder etwas teurer wird es bei Edouard Vuillards Farblithografie „La Partie de Dames“ aus seiner 13teiligen Folge „Paysages et Interieurs“ um 1899 bei 3.200 Euro oder bei Günther Ueckers weißem Prägedruck ein runden Nagelkomposition mit dem Titel „JeKi Kreis“ von 2009 (Taxe 2.500 EUR). Für Wolf Vostells vier Farbserigrafien mit toten Menschen unter dem Titel „Olympiade 72“ werden 1.950 Euro fällig.
Auch die Karikatur kommt bei Winterberg nicht zu kurz. Eine eigene Abteilung widmet sich Entwürfen für den Simplicissimus oder anderen Satireblättern aus dem frühen 20. Jahrhundert. Für die „Lustigen Blätter: schönstes buntes Witzblatt Deutschlands“ hat Ernst Heilemann um 1914 eine Gesangsstunde gezeichnet, die etwas verweiblichte Soldaten in Galauniform in einem Boudoir abhalten (Taxe 450 EUR). Nicht minder erheiternd ist Thomas Theodor Heines „Traum eines Kartoffelwucherers“, der 1916 im Simplicissimus erschien: Ein Mann im Nachtgewand wird in seinem Albtraum von einem überdimensionierten Schwein und einer Horde kleiner laufender Kartoffeln heimgesucht (Taxe 1.600 EUR). Eduard Thöny greift in seiner Zeichnung „Pro Patria“ das dumpfe Leben von Mitgliedern einer Burschenschaft auf, die durch einen Bierwettbewerb den Flottenbau des Deutschen Kaiserreichs unterstützen wollen. Und dann gibt es noch den wenig bekannten Carlo Boger, der in den 1920er und 1930er Jahren das großstädtische Leben persiflierte und skurrile Aquarelle wie die drei maskierten und bewaffneten Jazzmusiker, die vor der Gefangennahme durch die Gestapo fliehen, oder die Dachterrasse mit ahnungslosem Paar schuf, während nebenan im „Hot Club“ eben eine tödliche Schießerei stattfindet. Meist in Konvoluten zusammengefasst, sollen Bogers Arbeiten je nach Umfang zwischen 450 Euro und 1.800 Euro einspielen.
Die Auktion beginnt am 12. November um 10 Uhr. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.winterberg-kunst.de. |  | Kontakt: Winterberg Kunst Hildastraße 12 DE-69115 Heidelberg |
 | Telefon:+49 (6221) 915 990 | Telefax:+49 (6221) 915 99 29 |  |  | E-Mail: info@winterberg-kunst.de |  | Startseite: www.winterberg-kunst.de |
10.11.2016 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 GEORGE GROSZ,
Ländliche Venus,... |  | Taxe: 35.000,- Losnummer: 577 |  |  |  |  |  | 
 GÜNTHER UECKER, JeKi
Kreis (Spirale) |  | Taxe: 2.500,- Losnummer: 933 |  |  |  |  |  | 
 CHRISTIAN ROHLFS,
'Yucca' |  | Taxe: 30.000,- Losnummer: 835 |  |  |  |  |  | 
 PABLO PICASSO,
Corrida: Picador et
Taureau (in:
Linogravures) |  | Taxe: 18.000,- EURO Losnummer: 759 |  |  |  |  |  | 
 FRANZ EDMUND
WEIROTTER, Weite
italienische
Landschaft mit
zerfallenem Kastell |  | Taxe: 1.800,- EURO Losnummer: 179 |  |  |  |  |  | 
 FRIEDRICH
KALLMORGEN,
Spielende Kinder auf
einer Wiese |  | Taxe: 9.800,- Losnummer: 231 |  |  |  |  |  | 
 KARL
SCHMIDT-ROTTLUFF,
Frau am Waldrand |  | Taxe: 18.500,- Losnummer: 862 |  |  |  |  |  | 
 KARL
SCHMIDT-ROTTLUFF,
Trauernde am Strand |  | Taxe: 14.800,- EURO Losnummer: 859 |  |  |  |  |  | 
 THOMAS THEODOR
HEINE, Der Traum des
Kartoffelwucherers |  | Taxe: 1.600,- EURO Losnummer: 361 |  |  |  |  |  | 
 ERNST LUDWIG
KIRCHNER,
Folkloretänzerin
mit Tamburin |  | Taxe: 15.800,- Losnummer: 644 |  |  |  |  |  | 
 REMBRANDT, Die
wandernden
Musikanten |  | Taxe: 2.800,- EURO Losnummer: 100 |  |  |  |  |  | 
 HEINRICH CARL BRANDT
zugeschr., Carl
Theodor + Elisabeth
Auguste |  | Taxe: 4.500,- EURO Losnummer: 122 |  |  |  |  |  | 
 JOSEPH REBELL, Am
Comer See |  | Taxe: 1.950,- EURO Losnummer: 283 |  |  |
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