Wander Bertoni gestorben  |  | Wander Bertoni ist mit 94 Jahren in Wien verstorben | |
Wander Bertoni ist tot. Der österreichische Bildhauer starb am 23. Dezember im Alter von 94 Jahren in Wien. Mit Wander Bertoni verliere Österreich den letzten Großen jener wichtigen Bildhauer-Generation, die nach dem Zweiten Weltkrieg eine beispiellose internationale Ausstrahlung hatte, heißt es im Nachruf der Albertina. Bertonis Stahlplastik „Die Bewegung“ auf dem Gelände der Wiener Stadthallen sei nicht nur ein Andenken, sondern ein Vermächtnis „an die hervorragende Koryphäe der Bildhauerei“, dass es zu ehren und zu würdigen gelte, so der Geschäftsführer der Wiener Stadthallen, Wolfgang Fischer.
Wander Bertoni, geboren am 11. Oktober 1925 in Codisotto in der Provinz Reggio Emilia in eine antifaschistische und musische Familie, erlernte zunächst das Handwerk des Eisendrehers. 1943 wurde er aufgrund seiner pazifistischen Einstellung als Zwangsarbeiter von Italien nach Wien verschleppt. Dort fand er mit Unterstützung der Bildhauerin Maria Biljan-Bilger und des italienischen Malers Vilmo Gibello zur Kunst. Zwischen 1946 und 1952 studierte der junge Künstler bei Fritz Wotruba an der Akademie der bildenden Künste. In den 1950er Jahren löste er sich unter dem Einfluss von Hans Arp von der Figuration und vom Spätkubismus seines Lehrers. Mit der Hinwendung zur abstrakten Skulptur war Bertoni in der Lage, sein einzigartiges Verständnis von Raum, Dynamik und biomorphen Formen zu veranschaulichen. Er erhielt Auftragsarbeiten für den öffentlichen und sakralen Raum und schuf Werkgruppen und Zyklen wie „Metamorphosen der Säule“, sein berühmtes „Imaginäres Alphabet“, „Der Spiegel“ und das „Indische Tagebuch“.
Mit seiner Berufung an die Wiener Universität für Angewandte Kunst im Jahr 1965 begann seine nahezu dreißig Jahre dauernde Lehrtätigkeit als Professor für Bildhauerei. 2005 ernannte ihn die Universität zum Ehrenmitglied. Im Nachruf zu seinem Tod erinnert Rektor Gerald Bast an Bertonis unnachahmliche Mischung aus Temperament, Humor und Präzision, mit der er Generationen von Studierenden prägte, und betonte das eindrucksvolle Zeugnis seiner siebzigjährigen Schaffenskraft. Schon 1951 hatte Wander Bertoni seine erste Personalausstellung in der Wiener Secession. Es folgten zahlreiche internationale Ausstellungen und Teilnahmen an der Biennalen in Venedig und São Paulo. Hinzu kamen Ehrungen der Stadt Wien, wie der Preis für Bildende Kunst 1958 und die Ehrenmedaille in Gold 1986 sowie das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst 2009.
Schon 1956 hatte Wander Bertoni die Gritsch-Mühle in Winden am See im Burgenland erworben und im Laufe der Jahre das historische Bauwerk renoviert. Das dazugehörige „Freilichtmuseum Wander Bertoni“ beherbergt heute zahlreiche Großplastiken des Künstlers. Auf dem Areal befinden sich darüber hinaus ein Ausstellungspavillon, eine Galerie und das „Eiermuseum“ mit der Sammlung Bertonis. Im Mai überließ Wander Bertoni der Albertina in Wien die Bronzeskulptur „Das Rhythmische B“. Die Arbeit zähle, so Klaus Albrecht Schröder, Direktor der Albertina, seitdem im harmonischen Einklang mit Gemälden und Plastiken von Max Ernst, Joan Miró, Constantin Brancusi und Alberto Giacometti zu den Meisterwerken der Schausammlung der Albertina. |