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Marktberichte |
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Für die europäische Malerei des 19. Jahrhunderts machte sich bei Sotheby’s in London nur selten Kauflaune breit. Einige Gemälde nahm der Markt aber begierig auf  Morgenblüte aus dem Norden

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 |  | Harald Sohlberg, Modne Jorder, 1898 | |
Der Favorit hielt, was er versprach: Harald Sohlbergs leicht stilisierte Morgenstimmung „Modne Jorder“ avancierte zum Star der Auktion „19th Century European Painting“ bei Sotheby’s in London. Die ausgewogen komponierte Talsenke mit den titelgebenden reifen Feldern in großflächig eingesetztem Smaragdgrün ist denn auch bezeichnend für das Werk des norwegischen Neoromantikers. An der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert schuf Sohlberg seine begehrten, oft menschenleeren Naturschilderungen, die Elemente der Romantik, des Symbolismus und der Neuen Sachlichkeit verbinden. Bei „Modne Jorder“ stellte er 1898 zwei schlanke Bäumchen an die Bildränder, die den Blick des Betrachters zu einem Hügel im Hintergrund lenken. Unter einem kühlen weißen Himmel glüht er eben durch die aufgehende Sonne kontrastreich orangefarben auf. Schon 2016 gelang Sotheby’s für Sohlbergs Abendlandschaft „Aus Værvågen. Die Hütte des Fischers“ von 1921 ein Auktionsrekord bei 1 Million Pfund. Daran knüpfte der Versteigerer diesmal mit einer Preisvorstellung 1 bis 1,5 Millionen Pfund an, die das Publikum mit dem neuen Spitzenwert in Sohlbergs Auktionsranking von 1,95 Millionen Pfund noch in den Schatten stellte.
Auch Sohlbergs finnischer Kollege Akseli Gallén-Kallela, ebenfalls ein Anhänger der nordischen Nationalromantik, tat sich mit seinem sonnigen klaren Wintertag am See Ruovesi in kraftvollem Kolorit leicht. Das Gemälde aus dem Jahr 1916 sprang von 60.000 Pfund auf 280.000 Pfund. Ansonsten war die Stimmung am 12. Dezember bei Sotheby’s in London häufig verhalten. Die Kunden orientierten sich meist an den unteren Schätzwerten, nahmen etwa zwei Drittel der Offerten mit und ließen manches Hochpreisige links liegen, etwa Carl Holsøes junge Frau „Beim Nähen am Fenster“ (Taxe 40.000 bis 60.000 GBP). Der dänische Protagonist der Interieurmalerei gab immerhin seine zweite Dame, die ebenfalls am Fenster „In Gedanken verloren“ sitzt, zur unteren Schätzung von 35.000 Pfund ab. Aus dem Norden war dann noch der finnische Realist Albert Edelfelt zugegen. Sein großbürgerlicher Salon von 1889 mit zwei jungen musizierenden Damen „Au piano“ und einer älteren, die ihnen aufmerksam zuhört, bezauberte zu 160.000 Pfund (Taxe 150.000 bis 200.000 GBP).
Auf der Rückgangsliste stellte sich noch Jean-Léon Gérômes dunkel getönte „Jeune fille du Caire“ von 1873 in durchsichtigem Gewand bei 500.000 bis 700.000 Pfund ein. Für die weißhäutigen, ebenfalls erotischen „Femmes au Bain“ des französischen Orientalisten fand sich wenigstens bei 260.000 Pfund ein Abnehmer (Taxe 400.000 bis 600.000 GBP). Die beiden Gemälde gehörten zur Najd Collection, die bei Sotheby’s schon Ende Oktober in einer eigenen Auktion mit teils hohen Zuschlägen auf dem Programm stand. Erfolge konnte sie diesmal nur mit Giulio Rosatis genauso klischeebeladener Szene der Auswahl einer Favoritin mit 170.000 Pfund (Taxe 100.000 bis 150.000 GBP) und mit einer der beiden Versionen von Giuseppe Aurelis süßlich aquarellierter Haremsszene „Hübsche Melodie“ zur oberen Schätzung von 35.000 Pfund feiern. Für Aurelis ebenfalls sentimentale Halbaraberin mit einem Fantasieinstrument blieben nur 9.000 Pfund übrig (Taxe 15.000 bis 20.000 GBP).
Die anwesenden Spanier hatten ebenfalls etwas mit der mangelnden Kauflust zu kämpfen. So ging Santiago Rusiñols unwirkliches Gartenbild „Caminal d’hortènsies“ von 1929 aus dem Parc Badés bei Barcelona schon für 90.000 Pfund weg (Taxe 100.000 bis 150.000 GBP), Joaquim Mir i Trinxets Weitblick über das Kloster Montserrat auf die dahinter liegende Ebene in fast fauvistischer Farbenpracht um 1930 für 22.000 Pfund (Taxe 30.000 bis 50.000 GBP) und Joaquín Sorolla y Bastidas spätimpressionistische, in der Farbe zerfließende Flamencotänzerin „El garrotín“ um 1914 für 60.000 Pfund (Taxe 80.000 bis 120.000 GBP). Taxgerecht platzierten sich José Gutiérrez Solanas abstoßende Faschingsgestalten im Gemälde „Carnaval“ mit 65.000 Pfund; 2014 hatten sie es bei Sotheby’s aber schon einmal auf 85.000 Pfund gebracht. Mit seinem Bildnis der um 1900 berühmten Sängerin Sara Secades samt Gitarre erreichte Julio Romero de Torres die untere Preisvorgabe von 50.000 Pfund.
Einige Italiener zogen da die Aufmerksamkeit mehr auf sich, etwa der in Paris wirkende Impressionist Federico Zandomeneghi. Sein charmantes Pastell „Fille attachant un ruban“, auf dem eine Mutter der gehobenen Gesellschaft mit großem auffallendem Blumenhut ihrer Tochter ein Halsband umlegt, kletterte auf einträgliche 180.000 Pfund zu (Taxe 60.000 bis 80.000 GBP). Auch der Symbolist Gaetano Previati konnte sich nicht beklagen. Sein innig sich küssendes Liebespaar Romeo und Julia vor einer Butzenscheibe im mystischen Halbdunkel riss die Kunden zum Auktionsrekord von 170.000 Pfund hin (Taxe 100.000 bis 150.000 GBP). Aus Peru war Federico del Campo nach Italien zugezogen und vor allem für seine realistischen Veduten aus Venedig geschätzt. Sein stiller Blick in einen sonnenbeschienen Kanal mit einem gotischen Palazzo überzeugte bei 26.000 Pfund (Taxe 25.000 bis 35.000 GBP). Bei den Franzosen blieben die Überraschungen aus. So erreichten Gustave Courbets ruhig und menschenleer daliegender „Lac de Starnberg“ mit der grauen Alpenkette in der Ferne bei 70.000 Pfund und Jacques Majorelles schwarzhäutiger Rückenakt „Nu dans une orangerie“ aus den frühen 1940er Jahren in dunkel schillernder Farbigkeit bei 60.000 Pfund jeweils ihren unteren Grenzwert.
Aus Deutschland und Österreich hatten nur bescheidene Gemälde den Weg nach London gefunden, etwa Hans Thomas unspektakuläres, dem Realismus verpflichtetes Frühwerk „Der Rhein bei Säckingen“ von 1870, das mit einem älteren Spaziergänger am Ufer 20.000 Pfund erwirtschaftete (Taxe 20.000 bis 30.000 GBP). Fritz von Uhde tat sich diesmal als Landschafter mit seiner impressionistischen Sicht auf das frühlingshafte Rottach am Tegernsee bei 7.500 Pfund hervor (Taxe 4.000 bis 6.000 GBP). Bei Wilhelm Kuhnert verabschiedete sich nur der Tiger, der auf seine Beute lauert, für die anvisierten 22.000 Pfund; sein auf braunem Steppenboden ruhender Kaffernbüffel von 1906 ging an den Einlieferer zurück (Taxe 40.000 bis 60.000 GBP). Ohne Interessenten blieben zudem Franz von Stucks Portrait der Tochter Mary im Oktogon und Friedrich von Amerlings biedermeierliches Brustbild seines Bruders Andreas in braunem Rock und schwarzem Zylinder (Taxe je 20.000 bis 30.000 GBP). Das prächtig erblühte Blumenstillleben mit Rosen, Tulpen, Iris und Päonien des Biedermeier-Kollegen Franz Xaver Petter von 1837 musste sich mit 7.000 Pfund zufriedengeben (Taxe 8.000 bis 12.000 GBP).
Bei Petrus van Schendels effektvoll beleuchteter nächtlicher Marktszene in Amsterdam von 1866 hielten sich die Käufer mit 60.000 Pfund exakt an die niedrigere Erwartung. Zum Schluss der Auktion gab es dann doch noch eine Überraschung. Dafür sorgte der holländische Jugendstil-Maler Piet van der Hem. Seine günstig mit 6.000 bis 8.000 Pfund angesetzte Gesellschaftsszene aus dem frühen 20. Jahrhundert mit einfachen Menschen, die sich im Amsterdamer Stadtviertel Jordaan bei einer Jahrmarktsorgel amüsieren, schoss auf marktübliche 40.000 Pfund.
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Sotheby’s London 34-35 New Bond Street GB-W1A 2AA London |
 | Telefax:+44 (020) 72 93 59 24 | Telefon:+44 (020) 72 93 51 84 |  |  | Startseite: www.sothebys.com |
29.01.2020 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 Events (1) • Adressen (1) • Kunstsparten (1) • Stilrichtungen (1) • Berichte (1) • Kunstwerke (21) |  | •  | Kunstwerk:  Franz Xaver Petter, Stillleben mit Rosen, Tulpen, Iris, Päonien und Schmetterlingen, 1837 |  | •  | Kunstwerk:  Wilhelm Kuhnert, Tiger auf der Lauer |  | •  | Kunstwerk:  Julio Romero de Torres, La
Cantaora. Retrato de Sara Secades, um 1926/27 |  |  | •  | Kunstwerk:  Giuseppe Aureli, Müßige Momente |  | •  | Kunstwerk:  Giulio Rosati, Die Wahl der Favoritin |  | •  | Kunstwerk:  Jean-Léon Gérôme, Femmes au Bain |  |  | •  | Kunstwerk:  Harald Sohlberg, Modne Jorder, 1898 |  | •  | Kunstwerk:  Petrus van Schendel, Markt in Amsterdam bei Mondschein, 1866 |  | •  | Kunstwerk:  Hans Thoma, Der Rhein bei Säckingen, 1870 |  |  |
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 Federico del Campo,
Ein Kanal in Venedig,
1896 |  | Taxe: 25.000 - 35.000 GBP Zuschlag: 26.000,- GBP Losnummer: 1 |  |  |  |  |  | 
 Giuseppe Aureli,
Müßige Momente |  | Taxe: 15.000 - 20.000 GBP Zuschlag: 9.000,- GBP Losnummer: 12 |  |  |  |  |  | 
 Julio Romero de
Torres, La Cantaora.
Retrato de Sara
Secades, um 1926/27 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 GBP Zuschlag: 50.000,- GBP Losnummer: 25 |  |  |  |  |  | 
 Petrus van Schendel,
Markt in Amsterdam
bei Mondschein, 1866 |  | Taxe: 60.000 - 80.000 GBP Zuschlag: 60.000,- GBP Losnummer: 31 |  |  |  |  |  | 
 Jean-Léon Gérôme,
Femmes au Bain |  | Taxe: 400.000 - 600.000 GBP Zuschlag: 260.000,- GBP Losnummer: 10 |  |  |  |  |  | 
 Franz Xaver Petter,
Stillleben mit
Rosen, Tulpen, Iris,
Päonien und
Schmetterlingen,
1837 |  | Taxe: 8.000 - 12.000 GBP Zuschlag: 7.000,- GBP Losnummer: 34 |  |  |  |  |  | 
 Carl Holsøe, In
Gedanken verloren |  | Taxe: 35.000 - 45.000 GBP Zuschlag: 35.000,- GBP Losnummer: 4 |  |  |  |  |  | 
 Albert Edelfelt, Au
piano, um 1888/89 |  | Taxe: 150.000 - 200.000 GBP Zuschlag: 160.000,- GBP Losnummer: 3 |  |  |  |  |  | 
 Federico
Zandomeneghi, Fille
attachant un ruban |  | Taxe: 60.000 - 80.000 GBP Zuschlag: 180.000,- GBP Losnummer: 6 |  |  |  |  |  | 
 Gaetano Previati,
Der Kuss, um 1888 |  | Taxe: 100.000 - 150.000 GBP Zuschlag: 170.000,- GBP Losnummer: 14 |  |  |  |  |  | 
 Wilhelm Kuhnert,
Tiger auf der Lauer |  | Taxe: 20.000 - 30.000 GBP Zuschlag: 22.000,- GBP Losnummer: 29 |  |  |  |  |  | 
 Giulio Rosati, Die
Wahl der Favoritin |  | Taxe: 100.000 - 150.000 GBP Zuschlag: 170.000,- GBP Losnummer: 9 |  |  |  |  |  | 
 Hans Thoma, Der Rhein
bei Säckingen, 1870 |  | Taxe: 20.000 - 30.000 GBP Zuschlag: 20.000,- GBP Losnummer: 37 |  |  |
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