Verfallserscheinungen von Laurenz Berges in Bottrop Das Josef Albers Museum in Bottrop widmet sich derzeit Laurenz Berges. In seinen Fotografien interessiert sich der 1966 geborene Künstler für deutsche Orte, über die die Geschichte hinweggegangen zu sein scheint, etwa leer stehende Kasernen der Sowjetarmee auf dem Gebiet der alten DDR oder verlassene Ortschaften im Braunkohlegebiet zwischen Aachen und Köln. Hierfür hat er „eine Bildsprache aus Stille und Licht entwickelt, die ihre sichtbare Gegenwart, aber genauso die Echos des einstigen Lebens einfängt“, so die Mitteilung des Museums. In der aktuellen Schau bildet Duisburg das Thema. Der Fokus liegt auf dem Norden der Stadt, wo einst die intensivste Tätigkeit der Schwerindustrie lag. Sie führte den Wohlstand in den 1960er Jahren herbei und ermöglichte eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen in Deutschland. Heute sind hier, wie überall im Ruhrgebiet, die Folgen des zu spät eingeleiteten industriellen Strukturwandels unübersehbar. Die Infrastruktur ist marode, die Stadt ist hoch überschuldet und kann die Kosten ihrer Aufgaben nicht mehr leisten.
Diese aktuelle Szenerie fasziniert Laurenz Berges. Seine Bilder geben der Stadt Duisburg einen neuen Platz auf der Landkarte der internationalen Gegenwartsfotografie und beschreiben laut dem Museum „einen Weg nach innen“. Berges will nicht nur äußere Phänomene festhalten, die ein Stadtbild charakterisieren, sondern auch die existenzielle Dimension. Der allgemeine Niedergang urbaner Qualitäten in Duisburg zeigt sich deutlich in seinen Lichtbildern. Dabei geht es weniger um das Verewigen sozialer Fehlentwicklungen; Berges interessiert vielmehr, wie die Dinge zum Sprechen gebracht werden können, um eine Erfahrungsdimension nachvollziehbar werden zu lassen: Innenräume, Details von Architektur, Fragmente der Natur oder einige wenige Personen.
„In seinen Fotografien kündet die Szenerie Duisburgs von einer dem menschlichen Leben anhaftenden Vergänglichkeit und Schwermut, deren Schweigen allein gekontert wird durch jene Dimension bildlicher Schönheit, die sich im Licht und in den Farben verwirklicht.“ In der Aufnahme „Alt Homberg“ von 2017 konzentriert sich Berges auf ein elegantes Gebäudeornament in Form eines vegetabilen Kreuzes mit zentralem Medaillon. Einerseits verweist der Zierrat auf die einstige Finanzstärke des Ortes und wie dieser verschönert wurde, andererseits verdeutlicht der schwarze Feinstaub, dass keine Ausgaben zur Verfügung stehen, solche Dekorationen zu reinigen und zu bewahren. Greifbarer manifestiert sich der Verfall in „Matena“ von 2017: Das weiße Neonlicht betont die Straßenschäden, die abgefallenen Kacheln und den angegriffenen Beton in dem ehemaligen denkmalgeschützten Straßentunnel.
Die Ausstellung „Laurenz Berges. 4100 Duisburg. Das letzte Jahrhundert“ läuft bis zum 3. Mai. Das Josef Albers Museum hat täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr, sonn- und feiertags ab 10 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro. Der Ausstellungskatalog kostet im Museum 48 Euro. Ebenfalls erscheint die Fotografie „Rhein“ als Edition, Auflage 12 + 3 a.p. für je 880 Euro.
Josef Albers Museum – Quadrat Bottrop
Im Stadtgarten 20
D-46236 Bottrop
Telefon: +49 (0)2041 – 37 20 30
Telefax: +49 (0)2041 – 37 20 344 |