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Marktberichte |
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Antiquitäten, Möbel und einige schöne Skulpturen im Wiener Dorotheum  Maschine zum Chiffrieren

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 |  | Ernst Rietschel, Amor Panther zügelnd – Amor auf durchgehendem Panther reitend, 1850 und 1852 | |
Nicht immer war der preußische Bildhauer Christian Daniel Rauch mit seinem wohl besten und nachmals bekanntesten Schüler zufrieden. Mitunter, so äußerte er einmal, zeige Ernst Rietschel doch eine zu große Gleichgültigkeit gegenüber der schönen Welt der Griechen und Römer. In der Tat wandte sich Rietschel in seinem Schaffen ein wenig von den klassizistischen Dogmen ab, kam aber doch immer wieder darauf zurück, auch thematisch. 1850 beispielsweise schuf er den Entwurf für ein Relief, das den kleinen Liebesputto Amor auf einem davonstürmenden Panther zeigt, als Sinnbild einer unbesonnenen Liebe. Einem Besucher der Londoner Weltausstellung 1851 gefiel das dort in Gips präsentierte Werk so gut, dass er es kaufte und beim Künstler ein Gegenstück mit Amor als Bezwinger des Panthers und damit der ungezügelten Leidenschaft in Auftrag gab. Beide Reliefs wurden dann von anderen Bildhauern mehrmals in Marmor gehauen. Eines dieser Duos bietet das Wiener Dorotheum nun in seiner Auktion von Antiquitäten und Möbeln für 50.000 bis 55.000 Euro an.
Möbel
Als ältestes Möbelstück der Versteigerung am 4. Juni geht eine freistehende Kredenz an den Start, die um 1500 in Florenz aus Nussholz hergestellt worden sein soll. Auffallend ist bei dieser frühen Datierung allerdings das eigentlich jesuitische Nomen sacrum „IHS“, das sich an den beiden Schmalseiten in runden Feldern eingelegt findet (Taxe 38.000 bis 45.000 EUR). Unter den Möbeln des 18. Jahrhunderts sind einige Kommoden von französischen Meistern signiert, etwa ein geschweiftes Rokokoexemplar mit luftig-leichten Beschlägen von Jean-Charles Ellaume um 1760 oder ein wenige Jahre jüngeres Stück mit Blumenintarsien von Godefroy Dester (Taxen je 10.000 bis 15.000 EUR). François-Ignace Papst zeichnete für ein Paar beruhigter klassizistischer Salonkästen mit Mahagonifurnier von circa 1790 verantwortlich (Taxe 18.000 bis 24.000 EUR).
Beträchtliche Teile der Möbelofferte rekrutieren sich aus historistischen Nachbildungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Ein besonders prunkvoller Schreibtisch orientiert sich mit seinen aufwendigen Kombinationen aus Schildpatt, graviertem Messingblech und vergoldeten Bronzen an den Arbeiten André-Charles Boulles zu Beginn des 17. Jahrhunderts (Taxe 40.000 bis 50.000 EUR). Dem Rokoko ist ein nierenförmiger Schreibsekretär der 1853 gegründeten Firma Théodore Millet verpflichtet (Taxe 45.000 bis 55.000 EUR). An Jean-Henri Riesener und Martin Carlin lehnte sich 1880 Henry Dasson mit seinem Paar kleiner Pfeilerkästchen an, deren insgesamt vier Türen mit hochovalen Porzellanbildern samt Blumenkörben aus Sèvres geschmückt sind (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR).
Skulpturen
Der Werkstatt des Wiener Bildhauers Jakob Kaschauer wird eine schöne Madonna des mittleren 15. Jahrhunderts zugewiesen, unter deren Füßen ein Gesicht als Symbol der Finsternis schmachtet (Taxe 22.000 bis 28.000 EUR). Martin Zürn gilt ziemlich sicher als Schöpfer einer frühbarocken Maria Immaculata, die gerade die Schlange zertritt (Taxe 26.000 bis 30.000 EUR). Ein lebensgroßer markanter Soldat um 1650 aus weißem Marmor wurde früher dem gebürtigen Südtiroler Tommaso Rues zugeschrieben, doch ist das dreistellige Monogramm nach Meinung des Dorotheums eher mit dem Genuesen Tommaso Orsolino zu verknüpfen (Taxe 60.000 bis 70.000 EUR). Zum Aufruf kommen ferner einige gefällige Marmorskulpturen in Italien ansässiger Bildhauer des 19. Jahrhunderts, etwa eine 1864 datierte „Rebekka am Brunnen“ von Chauncey Bradley Ives (Taxe 12.000 bis 16.000 EUR) oder den Akt eines sitzenden Mädchens beim Abtrocknen mit einem Tuch von Fernando Pelliccia (Taxe 20.000 bis 26.000 EUR).
Uhren, technische Geräte, Glas und Porzellan
In der Abteilung der Uhren und technischen Geräte findet sich mit der 1944 bei Heimsoeth und Rinke hergestellten Chiffriermaschine Enigma I für 30.000 bis 40.000 Euro ein kleines Kuriosum. Ansonsten gibt es hier eher Klassisches wie eine klassizistische Wiener Laterndluhr mit Werk von Philipp Fertbauer (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR) oder eine dreistöckige Türmchenuhr in einer stilistischen Mischung aus Spätgotik und Frührenaissance, gestempelt von dem Emailspezialisten Hermann Böhm und um 1875 ebenfalls in der österreichischen Hauptstadt gefertigt (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Nach Glaskollektionen und prachtvollen Lüstern unter anderem aus Murano für bis zu 30.000 Euro kommt das Porzellan. Auch hier geht es vorwiegend um historistische Wiederholungen wie Johann Joachim Kändlers opulente Gruppe „Victoria I“, ursprünglich 1773 in Meißen für die russische Zarin Katharina II. geschaffen (Taxe 28.000 bis 36.000 EUR).
Aus ursprünglicher Zeit listet der Katalog etwa Anton Matthias Grassis Familiengruppe „Das Geheimnis“ um 1780 (Taxe 2.000 bis 2.500 EUR) oder ein Paar klassizistische Kühlgefäße in Vasenform der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur Wien (Taxe 6.000 bis 9.000 EUR), aus Meißen etwa Kändlers mythologisches Figurenmodell „Merkur übergibt das Bacchus-Kind den Nymphen“ um 1757 (Taxe 12.000 bis 20.000 EUR) oder eine winterliche Faschingsgruppe. Dabei steht Hofnarr Fröhlich auf den Kufen eines Pferdeschlittens und raubt der vermeintlichen Gräfin Friesen einen Kuss, doch verbirgt sich hinter der Adeligen nur sein verkleideter Kollege Hofnarr Schmiedel. Für diese drollige Idee Johann Joachim Kändlers aus dem Jahr 1741 sind 15.000 bis 25.000 Euro fällig.
Eine neue Kreation, aber ganz in Stil und Geist des Rokoko, war 1889/90 Paul Helmigs Figurenpyramide „Die Fertigung des Porzellans“ unter anderem mit den Darstellungen des Kurfürsten Friedrich August I. und Johann Friedrich Böttgers (Taxe 36.000 bis 50.000 EUR). Ins revolutionäre Russland geht es mit einem Teller und einer Schale samt Propagandamotiven von 1922, etwa dem energischen Bildnis Lenins. Dabei haben die Maler aber auf bereits gefertigte Waren der Kaiserlichen Porzellanmanufaktur St. Petersburg unter Zar Nikolaus II. zurückgegriffen (Taxe 5.000 bis 9.000 EUR und 8.000 bis 12.000 EUR). Das 227teilige Speise-, Mokka-, Tee- und Kaffeeservice „Lotos“, das um 1970 in Nymphenburg nach einem Modell von Wolfgang von Wersin aus den 1930er Jahren in rot-goldener Fassung vom Band lief, ist mit 80.000 bis 120.000 Euro das Hauptlos der Auktion. Den Abschluss bildet ein 1925 datierter ovaler Kachelofen, den die Künstlerische Werkstätte Franz und Emilie Schleiß in Gmunden nach einem Art Déco-Entwurf Tommi Parzingers schuf. In stilisierten blauen Zeichnungen auf weißem Grund zeigt er beschauliche Fantasielandschaften und Figuren bei alltäglichen Beschäftigungen (Taxe 34.000 bis 40.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 4. Juni um 11 Uhr. Die Besichtigung ist bis zum Auktionsbeginn täglich außer am 31. Mai und 1. Juni von 10 bis 17 Uhr möglich. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.dorotheum.com. |  | Kontakt: Dorotheum Dorotheergasse 17 AT-1010 Wien |
 | Telefon:+43 (01) 515 60 0 | Telefax:+43 (01) 515 60 443 |  |  | E-Mail: client.services@dorotheum.at |
29.05.2020 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander |  |
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 Jean-Charles
Ellaume, Kommode, um
1760 |  | Taxe: 10.000 - 15.000 EURO Zuschlag: 8.000,- EURO Losnummer: 817 |  |  |  |  |  | 
 Philipp Fertbauer,
Laterndluhr, um 1800 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 65.000,- EURO Losnummer: 1086 |  |  |  |  |  | 
 Théodore Millet
zugeschrieben,
Schreibsekretär,
Paris um 1915 |  | Taxe: 45.000 - 55.000 EURO Zuschlag: 42.000,- EURO Losnummer: 866 |  |  |  |  |  | 
 Credenza da Centro,
Florenz, um 1500 |  | Taxe: 38.000 - 45.000 EURO Zuschlag: 38.000,- EURO Losnummer: 801 |  |  |  |  |  | 
 Chiffriermaschine
Enigma, Heimsoeth
und Rinke, Berlin
1944 |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 94.000,- EURO Losnummer: 1094 |  |  |  |  |  | 
 Kaiserliche
Porzellanmanufaktur
St. Petersburg,
Propaganda-Teller
mit russischer
Inschrift und dem
Portrait Lenins, St.
Petersburg, 1922 |  | Taxe: 5.000 - 9.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 1352 |  |  |  |  |  | 
 François-Ignace
Papst, Paar
Salonkästchen, um
1790 |  | Taxe: 18.000 - 24.000 EURO Losnummer: 832 |  |  |  |  |  | 
 Tommi Parzinger,
Kachelofen, 1925 |  | Taxe: 34.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 34.000,- EURO Losnummer: 1363 |  |  |  |  |  | 
 Tommaso Orsolino,
Römischer Soldat,
Italien, um 1650 |  | Taxe: 60.000 - 70.000 EURO Losnummer: 1026 |  |  |  |  |  | 
 Paar
klassizistische
Kühlgefäße,
Kaiserliche
Porzellanmanufaktur
Wien, 1801 |  | Taxe: 6.000 - 9.000 EURO Losnummer: 1230 |  |  |  |  |  | 
 Johann Joachim
Kändler,
Schlittenfahrt mit
den Hofnarren
Fröhlich und
Schmiedel, 1741 |  | Taxe: 15.000 - 25.000 EURO Losnummer: 1252 |  |  |  |  |  | 
 Martin Zürn, Maria
Immaculata, um 1630 |  | Taxe: 26.000 - 30.000 EURO Losnummer: 1018 |  |  |  |  |  | 
 Chauncey Bradley
Ives, Rebekka am
Brunnen, 1864 |  | Taxe: 12.000 - 16.000 EURO Zuschlag: 12.000,- EURO Losnummer: 880 |  |  |
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