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Marktberichte |
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Klein, fein und begehrt: In der Versteigerung „Meisterwerke der Sammlung Bischoff“ liefen die Käufer bei Lempertz oft zu Hochtouren auf  Die Weitergabe des Feuers

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 |  | Georges de la Tour, La fillette au brasier, 1646/48 | |
Laut einer Legende erfand Athene den Aulos, ein antikes Blasinstrument. Als die Göttin jedoch bemerkte, wie sehr sie beim Spielen ihr Gesicht verzog, warf sie das Instrument von sich und musizierte nie wieder darauf. Ein Gemälde von Georges de la Tour lässt einen allerdings zweifeln, ob die Göttin der Weisheit ihre Situation richtig eingeschätzt hat. Auf dem Bild „La fillette au brasier“ des Lothringer Caravaggisten bläst ein Mädchen in ein Kohlebecken, das, vom Sauerstoff entfacht, hell aufglüht und die Gestalt in Rottönen erleuchtet. Es ist ein Bild von aparter Andacht, schlichter Intimität und naturalistischer Wärme; keine Spur von Hässlichkeit, die eine antike Göttin auf den Plan rufen könnte. Ähnlich dürften das auch die Teilnehmer der Auktion von Lempertz gesehen haben, wo de la Tours bezaubernde Nachtszene aus der Sammlung des Unternehmers Hinrich Bischoff für 3,6 Millionen Euro versteigert wurde: ein Rekord für Alte Meister in Deutschland und das teuerste Werk im schmalen Auktionsranking des französischen Barockmalers.
Zu den ästhetischen Reizen kam preisfördernd hinzu, dass Georges de la Tour nur 48 Gemälde zugeschrieben werden können und „La fillette au brasier“ sogar signiert ist. Darüber hinaus war das Gemälde, das zwischen 1646 und 1648 entstand, das Glanzstück der Sammlung des Luftfahrtunternehmers und Kunstexperten Bischoff, der unter anderem der Besitzer der Fluggesellschaft „Germania“ war. Der 2005 verstorbene Sammler hatte die Kostbarkeit mit untrüglichem Gespür 1975 bei Christie’s in London für brutto 17.850 Pfund erworben und anschließend der Kunsthalle Bremen als Leihgabe zur Verfügung gestellt. Zusätzlich zur adelnden Provenienz war die Rarität, für die Lempertz mit 3 bis 4 Millionen Euro den bisher höchsten Schätzpreis in Deutschland aufgerufen hatte, in prestigeträchtigen Häusern, etwa dem Grand Palais in Paris, dem Haus der Kunst in München oder im Prado im Madrid, ausgestellt worden. Somit verwundert es nicht, dass bei der Versteigerung des letzten de la Tour-Nachtstücks in privater Hand auch zwei ausländische Museen mitmischten. Eines davon hat nun gesiegt, mit Aufgeld 4,34 Millionen Euro hingeblättert und „La fillette au brasier“ nach Max Beckmanns „Ägypterin“ zum zweitteuersten Kunstwerk in Deutschland gemacht. Somit wird die Glut weitergereicht: die Nachtszene bleibt der Öffentlichkeit erhalten.
Ein weiteres Tafelbild erzielte am 8. Dezember in Köln ebenfalls einen neuen Rekordwert: Mit 1,3 Millionen Euro ist die Darstellung einer betenden Maria von Quentin Massys um 1520 zum teuersten Werk des Antwerpener Malers avanciert. Dieses kleine Brustbild, das die Gottesmutter in Dreiviertelansicht mit erhobenen, zum Beten aneinandergelegten Händen zeigt, bestach durch die malerische Qualität. Besonders reizvoll daran ist, dass es sich hier vermutlich um einen Teil eines Diptychons handelt, dessen erhaltener Gegenpart eines segnenden Christus im Prado beheimatet ist (Taxe 500.000 bis 700.000 EUR). Das drittteuerste Werk war das kleine delikate „Stillleben mit einem Weinglas“ von Osias Beert d.Ä. wohl um 1610. Neben einem Glaskelch à la Façon de Venise sind auf einem Zinnteller kandierte Früchte zum Anbeißen drapiert. So wundert es nicht, dass die Bieter zugriffen und den unteren Schätzwert von 60.000 Euro auf 300.000 Euro verfünffachten.
Insgesamt setzte Lempertz mit der Sammlung Bischoff bei 19 verkauften von 22 angebotenen Kunstwerken brutto gut 8 Millionen Euro um. An dieser Summe haben weitere flämische und niederländische Meister der Renaissance und des Barock ihren Anteil. Bei Marinus van Reymerswaeles kauzigem „Geldverleiher“, der einige Parallelen zu seinen Werken in München, London und Madrid aufweist, fiel der Hammer für taxgerechte 260.000 Euro. Bei den drei Gemälden Philips Wouwermans verdreifachte die Darstellung eines Pferdestalls mit Reisenden ihre Erwartung auf 170.000 Euro, während die höher veranschlagten Soldaten bei dem Zelt einer Marketenderin sich exakt an die untere Schätzung von 100.000 Euro hielten. Wouwermans martialische Schlachtenszene fand hingegen keinen Käufer (Taxe 70.000 bis 100.000 EUR). Dasselbe Schicksal ereilte das Doppelportrait des Frankfurter Patriziers Johann Raiss mit seiner Frau Anna Uffsteiner vor weiter Landschaftskulisse des Renaissance-Malers Conrad Faber von Creuznach (Taxe 90.000 bis 100.000 EUR).
Auf der Habenseite standen die hochformatige Altartafel eines heiligen Bischofs in vollem Ornat mit weißer Lilie, der dem Kölner Meister Bartholomäus Bruyn d.Ä. zugeschrieben wird, für 52.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR) oder Melchior de Hondecoeters Entengeschnatter vor einem Wald bei 150.000 Euro, das mit 40.000 bis 60.000 Euro recht günstig angesetzt war. Sebastian Vrancx konnte sich über 70.000 Euro für sein Sinnbild „Die Speisung der Hungrigen“ aus den christlichen Werken der Barmherzigkeit freuen (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR), Hendrik Martensz Sorgh über 48.000 Euro für seinen Markttag an einem niederländischen Hafen aus dem Jahr 1655 (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Während sich Cornelis Kicks schlichtes Arrangement aus halbgefülltem Römer, einer Zitrone, einem Zitronenviertel, einer Orange und einem Messer vor schwarzem Hintergrund in der Taxmitte bei 60.000 Euro platzierte, legte Pieter van Roestraetens „Stillleben mit silberner Ingwerdose, Teekanne und anderen Gegenständen auf einer Marmorplatte“ von 18.000 Euro auf 30.000 Euro zu. Zum Schluss gab es noch das gewinnbringende Lächeln einer jungen Frau, die keck aus einem Bett hervorlugt. Lovis Corinths Muse aus seinen frühen Münchner Tagen konnte mit 65.000 Euro ihre Schätzung in etwa verdoppeln.
Die Preisangaben verstehen sich Zuschläge ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Kunsthaus Lempertz Neumarkt 3 DE-50667 Köln |
 | Telefon:+49 (0221) 92 57 290 | Telefax:+49 (0221) 92 57 296 |  |  | E-Mail: info@lempertz.com |
28.12.2020 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Jörg Berghammer |  |
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 Cornelis Kick,
Stillleben mit
Römerglas, Orange
und Zitronen |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 12 |  |  |  |  |  | 
 Melchior de
Hondecoeter, Enten
in bewaldeter
Landschaft |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 150.000,- EURO Losnummer: 13 |  |  |  |  |  | 
 Osias Beert d.Ä.,
Stillleben mit einem
Weinglas à la Façon de
Venise und einem
Zinnteller mit
kandierten
Früchten, wohl um
1610 |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EURO Zuschlag: 300.000,- EURO Losnummer: 10 |  |  |  |  |  | 
 Lovis Corinth,
Mädchenkopf im
Kissen |  | Taxe: 30.000 - 50.000 EURO Zuschlag: 65.000,- EURO Losnummer: 22 |  |  |  |  |  | 
 Bartholomäus Bruyn
d.Ä. zugeschrieben,
Heiliger Bischof, um
1520 |  | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Zuschlag: 52.000,- EURO Losnummer: 3 |  |  |  |  |  | 
 Hendrik Martensz
Sorgh, Markt am
Hafen, 1655 |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 48.000,- EURO Losnummer: 19 |  |  |  |  |  | 
 Pieter van
Roestraeten,
Stillleben mit
silberner
Ingwerdose,
Teekanne und anderen
Gegenständen auf
einer Marmorplatte |  | Taxe: 18.000 - 22.000 EURO Zuschlag: 30.000,- EURO Losnummer: 18 |  |  |  |  |  | 
 Quentin Massys,
Betende Maria, um
1520 |  | Taxe: 500.000 - 700.000 EURO Zuschlag: 1.300.000,- EURO Losnummer: 4 |  |  |  |  |  | 
 Philips Wouwerman,
Soldaten beim Zelt
einer Marketenderin
mit einem Trompeter |  | Taxe: 100.000 - 150.000 EURO Zuschlag: 100.000,- EURO Losnummer: 16 |  |  |  |  |  | 
 Philips Wouwerman,
Pferdestall mit
Reisenden, um
1655/60 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 170.000,- EURO Losnummer: 15 |  |  |  |  |  | 
 Marinus van
Reymerswaele, Der
Geldverleiher |  | Taxe: 200.000 - 300.000 EURO Zuschlag: 260.000,- EURO Losnummer: 8 |  |  |  |  |  | 
 Sebastian Vrancx,
Die Speisung der
Hungrigen |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EURO Zuschlag: 70.000,- EURO Losnummer: 9 |  |  |
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