Pechstein als Fotograf in Zwickau  |  | Hermann Max Pechstein, Hinterpommern, um 1927 | |
Die Kunstsammlungen Zwickau präsentieren erstmals eine weniger bekannte Facette im Schaffen Hermann Max Pechsteins: Der Maler war begeisterter Fotograf, und eben diesem Medium widmet sich die am Sonntag eröffnete Schau „Seegewohnheiten“. Mit Hilfe einer 6x9-Klappkamera für Rollfilm schoss der Expressionist in der Region um Leba an der Ostsee zahlreiche Schwarzweiß-Fotos. Etwa 300 dieser kleinformatigen Aufnahmen haben sich in einem Album erhalten, in dem Pechstein sie aufbewahrt hatte. Inszenierte Motive bannte er ebenso auf Film wie Schnappschüsse. Die Lichtbilder dienten ihm auch als Vorlage für Arbeiten auf Papier oder Leinwand. Die thematisch gegliederte Schau gibt erstmalig einen Einblick in diese Aufnahmen, die die Kuratorin Annika Weise in direkten Bezug zu mehr als 35 Ölbildern, Zeichnungen und Grafiken aus Pechsteins Gesamtwerk gesetzt hat.
Der Brücke-Künstler hielt mit seiner Kamera vor allem Begegnungen mit Menschen und die einheimischen Fischer und Bauern bei ihrer täglichen Arbeit fest. Im Sommer 1927 zog der Expressionist durch das Dorf Rowe, circa 30 Kilometer von Leba entfernt, wo er seit 1921 eine zweite Heimat gefunden hatte. Pechstein suchte die Ursprünglichkeit und bereiste hierfür viele Orte. In Rowe fand er ein Stückchen Erde, in das die moderne Welt noch nicht vorgedrungen war. Hier wurden Land und Leute zu den Motiven seiner Fotos, die er schließlich mit strahlender ausdrucksstarker Farbe auch auf die Leinwand, mit dem Stift auf Papier oder mit der Radiernadel in Metall bannte. Das Foto einer ärmlichen Behausung für Fischer nutzte Pechstein für eine Tuschearbeit, die er schließlich auch als „Fischerkate“ in Öl malte. Während die Tuschearbeit ein kleineres Haus nochmal in die Ferne setzt und einen Zaun im Vordergrund hinzufügt, kehrt der Maler im Ölbild zur Vorlage zurück. Die Kate mit ihrem dunklen Reetdach wird im Vordergrund durch zwei mächtige Bäume gerahmt, der Holzzaun in den Mittelgrund gesetzt.
„Sehr interessant ist, dass Max Pechstein offensichtlich auch Gefallen an Bewegungsabläufen hatte“, so Weise. Das Thema der Bewegung widmete sich Pechstein in seriellen Fotoserien, so etwa Schnittern auf dem Feld. Hier stehen viele Männer mit Sensen auf dem Kornfeld und führen rhythmisch die gleiche Bewegung aus. „Max Pechstein steht unweit entfernt, bewegt sich sogar langsam um die Gruppe herum und fotografiert in Serie. Und es entstehen dadurch Fotografien, die einem Daumenkino gleichkommen“, erläutert Weise weiter. In der Schau ist auch das jüngst erworbene Gemälde „Brücke (Große Mühlengrabenbrücke)“ zu sehen, das Pechstein im Sommer 1921 an der Ostsee malte. Den Bogen in die Gegenwart spannt die immersive Klanginstallation „25 Summers at the Sea“ des multimedialen Künstlers, Komponisten und Sound Designers Max Schneider, die die Besucher in Welt von Pechsteins regelmäßigen Sommeraufenthalten an der Küste akustisch eintauchen lässt.
Die Ausstellung „Seegewohnheiten. Max Pechstein: Fotografie“ läuft bis zum 11. September. Die Kunstsammlungen Zwickau haben dienstags bis sonntags von 11:30 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre ist er frei. Für den Museumsbesuch ist das Tragen einer FFP2-Maske erforderlich.
Kunstsammlungen Zwickau – Max-Pechstein-Museum
Lessingstraße 1
D-08058 Zwickau
Telefon: +49 (0)375 – 83 45 10 |