Ukraine und Spanien: Die Gräuel des Krieges in der Albertina  |  | Mykhaylo Palinchak, War (Borodyanka, Ukraine), April 6, 2022 | |
Anlässlich der derzeitigen militärischen Auseinandersetzungen in der Ukraine hat die Albertina in Wien kurzfristig die Ausstellung „Schrecken des Krieges“ in ihr Programm aufgenommen. Das Kuratorenteam aus Klaus Albrecht Schröder und Constanze Malissa präsentiert insgesamt rund 80 Werke und stellt aktuelle Aufnahmen des ukrainischen Fotografen Mykhaylo Palinchak in einen Dialog mit Francisco de Goyas Radierungszyklus „Los Desastres de la Guerra“. Beide Künstler visualisieren die Zerstörung von Städten und Landstrichen, die universelle Brutalität des Kriegsgeschehens sowie das Leid der Bevölkerung.
Mykhaylo Palinchak wurde 1985 in Uschhorod geboren. 2008 entstanden erste professionelle Arbeiten, die er noch im selben Jahr gemeinsam mit seinem fotografisch tätigen Vater erstmals ausstellte. In seinen Bilderserien dokumentiert und hinterfragt der junge Künstler die Geschichte der Ukraine und ihrer Bevölkerung. Schauplätze der Aufnahmen sind die ehemals beliebten Erholungs- und Kurorte an der Küste des Asowschen Meeres, das Dorf Schyrokyne in der Region Donezk, Tschernobyl, Solotwyno sowie das Zentrum von Kiew. Die Exponate zeigen erschöpfte Menschen in Bussen oder Zügen, flüchtende Familien mit Kindern an der Hand, aber auch die skurrile Fotografie eines jungen Paares: Sie hat den Kopf auf seine Schulter gelegt, er blickt lächelnd in die Ferne. Die ruhige Aufnahme könnte zu später Stunde am Rande einer Party entstanden sein, wären da nicht die Gewehre in den Händen der beiden.
Francisco de Goya machte den Spanienfeldzug Napoleons in den Jahren 1808 bis 1814 und die daraus resultierenden Folgen für die leidende Bevölkerung zum Thema seiner 82 Radierungen, die erst 1863 in Madrid erscheinen konnte. Die Serie verdeutlicht die Abkehr des 1746 in Fuendetodos geboren und 1828 in Bordeaux verstorbenen Künstlers von spätbarocken Vorbildern. Sein stilistischer Umschwung zu einem schonungslosen Realismus, der mit provokanten Themen gesellschaftliche Missstände ankreidet, brach derart mit damaligen Moralvorstellungen, dass Goya sich vor der Inquisition verantworten musste.
Mit verdichteten Kompositionen sowie überzeichneter Mimik und Posen bringt der Spanier die Vergewaltigungen, Erschießungen, Massakrierungen, Leichenbergen und Halbtoten auf den Punkt. Das Spiel mit Licht und Schatten sowie der Kontrast aus lichten, nur durch Konturen umrissenen „Opferfiguren“ und mittels Schraffuren dunkler erscheinenden Angreifern unterstreicht die Dramatik der Situation ebenso wie der karge Hintergrund, der das Geschehen nur noch stärker in den Fokus rückt. Auf Bilder des Mordens, Folterns und der Schändung von Frauen folgen Szenen, welche die trostlosen Umstände der Hungersnot 1811/12 zeigen, die Tausende das Leben kostete. Allegorische Darstellungen setzen sich sodann kritisch mit der Zeit nach dem Krieg unter dem reaktionären Regime König Ferdinands VII. auseinander.
Die Ausstellung „Die Schrecken des Krieges. Goya und die Gegenwart“ ist bis zum 21. August zu sehen. Die Albertina hat täglich von 10 bis 18 Uhr, mittwochs und freitags bis 21 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 17,90 Euro, ermäßigt 13,90 Euro. Für Kinder und Jugendliche unter 19 Jahren ist er gratis.
Albertina
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