Hannah Höch im Würzburger Kulturspeicher  |  | Hannah Höch, Die Mücke ist tot, 1922 | |
Mit seiner aktuellen Ausstellung ehrt das Museum im Kulturspeicher Würzburg seit dem Wochenende die als Dada-Künstlerin bekannte Hannah Höch, möchte aber mit über 100 Werken zeigen, dass die Vielfalt ihres Schaffens weit über den Dadaismus hinausgeht. Höch schrieb in einem Gedicht, es sei das Ziel der Kunst, „Abermillionen Anschauungen“ zu bieten. Daher ließ sie sich nicht von den damals gängigen Stilrichtungen Expressionismus, Dadaismus, Abstraktion, Neue Sachlichkeit und Surrealismus vereinnahmen, stellte sich als Künstlerin dazwischen und erschuf einen eigenen dynamischen und hintergründigen Kosmos der Imagination. So besteht ihr abstraktes Gemälde „Symbolische Landschaft I“ von 1924 aus geometrischen Figuren, die sich in Berge, in Pflanzen, die in Form und Größe seltsam sind, und in Farbflächen, die an Wolken, Hügel oder die Sonne erinnern, transformieren lassen. Zeitgleich schuf sie aber auch ein „Stillleben mit Schale und Blüte“, das sich neusachlichen Tendenzen nähert, oder setzte sich in ihren Collagen kritisch mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinander.
Hannah Höch thematisierte Wahrnehmungsphänomene, Denkformen, Perspektivenwechsel und den Raum in seiner symbolischen Funktion. Im „Mausoleum einer Utopie“ von 1967 liegen Farbflächen flach nebeneinander, während die Abstraktion „Scheiben und Röhren“ von 1920 durch plastisch dargestellte Röhren und zweidimensionale, übereinanderliegende Farbflächen an Tiefe gewinnt. Im Aquarell „Rom“ von 1921 staffelte Höch mehrere Impressionen der Stadt wie Häuser, die Sonne, Geistliche, antike Säulen, Palmen und Oliven kaleidoskopähnlich in geometrischer Abgeschlossenheit übereinander. Obwohl das Gemälde figurativ ist, setzt es sich ebenso über gewohnte Regeln der Räumlichkeit hinweg und macht sie damit zum Thema.
1889 in Gotha geboren, zog Hannah Höch 1912 nach Berlin, wo sie zunächst an der Kunstgewerbe- und Handwerksschule Charlottenburg lernte und dann an der Lehranstalt des Kunstgewerbemuseums studierte. Bald darauf hatte sie erste Ausstellungen mit der Berliner Dada- und der Novembergruppe. Eine intensive Freundschaft mit Kurt Schwitters und Kontakte zur niederländischen Gruppe De Stijl und zum Bauhaus waren in diesen Jahren für sie prägend. Während der Zeit des Nationalsozialismus wurde ihre Kunst als „entartet“ eingestuft, und Höch verbrachte diese Jahre zurückgezogen in ihrem Berliner Haus. Ab den 1950er Jahren war ihre Kunst in internationalen Ausstellungen, etwa im Museum of Modern Art in New York, im Musée d’Art Moderne de la Ville de Paris oder in der Berliner Nationalgalerie, zu sehen.
Die Ausstellung „Hannah Höch. Abermillionen Anschauungen“ läuft bis zum 4. September. Das Museum im Kulturspeicher hat dienstags von 13 bis 18 Uhr, mittwochs bis sonntags von 11 bis 18 Uhr und donnerstags zusätzlich bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 4,50 Euro, ermäßigt 2,50 Euro und ist für Kinder bis 6 Jahre frei, ebenso für alle am ersten Sonntag im Monat. Der Katalog aus dem Wienand Verlag kostet an der Museumskasse 28 Euro.
Museum im Kulturspeicher Würzburg
Oskar-Laredo-Platz 1
D-97080 Würzburg
Telefon: +49 (0)931 – 322 250 |