Monika Sosnowska im Kunstraum Dornbirn  |  | in der Ausstellung „Monika Sosnowska. Fatigue“ | |
Seit dem Wochenende bespielt Monika Sosnowska den Kunstraum Dornbirn. Die Titel ihrer vier Arbeiten orientieren sich an den Ausgangsmaterialien. So bezeichnet „T“ einen fünf Meter hohen Stahlträger mit T-Profil, der in L-Form an der Wand lehnt. Die Basis für „Rebar 16“ aus dem Jahr 2017 bilden mehrere 16 Millimeter dicke Bewehrungsstäbe, die ursprünglich als Haftungsanker für den umgebenden Beton fungierten, um Zug- und Druckkräften besser abfangen zu können. Im Kunstraum scheinen sich die Stahlstreben ähnlich einem sprudelnden Wasserstrahl aus der Wandfläche zu ergießen. Die Komposition, Tragfähigkeit und räumlich-suggestive Wirkung plant Sosnowska im Vorhinein minutiös mit Hilfe von Modellen und Zeichnungen, etwa auch bei der zehn Meter langen und 1, 80 Meter hohen Skulptur „Pipe“ von 2020, für die sie ein ehemaliges weißes Rohr durchriss und ähnlich einem Streifen Papier auf dem Boden drapierte.
Die vierte Arbeit „Facade“ von 2013 spiegelt Sosnowskas Blick auf zeitgeschichtliche Architekturentwürfe wider und ist von der Sanierung eines Warschauer Gebäudes inspiriert. Der viergeschossige Bau entstand im Jahr 1963 und wurde damals in bewusstem Gegensatz zur Bauweise der Stalin-Ära mit einer Fassade aus Glas und Stahl verkleidet. Die Bildhauerin kopierte für ihr hängendes Werk die in den Jahren 2011 bis 2015 ersetzte Stahlkonstruktion im Maßstab 1:1, gestaltete jedoch das rhythmisch gegliederte Gitter durch Biegen, Zerren, Falten und Ziehen zu einer muschelförmigen Spirale um, die sich scheinbar federleicht mit einer Ecke am Boden abstützt.
Monika Sosnowska wurde 1972 im polnischen Ryki geboren und erlebte in ihrem Heimatland den politischen Wechsel vom Kommunismus zur Demokratie und dessen gesellschaftliche Auswirkungen. Mit ihrer Intervention „The Corridor“ im Rahmen der 50. Biennale von Venedig erlangte die Künstlerin 2003 internationales Ansehen. Vier Jahre später vertrat sie ihr Heimatland Polen in Venedig mit der monumentalen Installation „1:1“. Ihre Werke adressieren und thematisieren Tendenzen des polnischen Konstruktivismus der 1930er Jahre, internationale Phänomene minimalistischer und konzeptueller Kunst der 1950er und 1960er Jahre sowie der modernistischen Architektur Osteuropas in ihren Gegensätzen und Widersprüchen. Sie arbeitet mit industriell gefertigten Baumaterialien aus Stahl, die sie neu kombiniert, aufspaltet oder verformt und damit ihre ursprüngliche Funktion ab adsurdum führt. Die großformatigen Skulpturen überraschen auf Grund des Gegensatzes von schwerem Material und grazilen ästhetischen Formen. Durch die künstlerische Transformation stellt Sosnowska gekonnt Verweise auf den ursprünglichen Benutzungskontext technischen, historischen und psychologischen Komponenten des Gebrauchs von Bauelementen gegenüber.
Die Ausstellung „Monika Sosnowska. Fatigue“ läuft bis zum 30. Oktober. Der Kunstraum Dornbirn ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt regulär 3,50 Euro, für Familien 5,80 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 19 Jahre ist er kostenlos. Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog zur 24 Euro im Verlag für moderne Kunst.
Kunstraum Dornbirn
Jahngasse 9
A-6850 Dornbirn
Telefon: +43 (0)5572 – 550 44 |