Erste museale Einzelausstellung für Sascha Wiederhold  |  | Sascha Wiederhold, Bogenschützen, 1928 | |
In ihrer aktuellen Schau widmet sich die Berliner Nationalgalerie dem 1904 geborenen westfälischen Maler Sascha Wiederhold und will damit seine Wiederentdeckung befördern. Bereits mit gut 20 Jahren gehörte Wiederhold zum Kreis von Herwarth Waldens Berliner Galerie „Der Sturm“, bevor das Treiben der Nationalsozialisten diesem ein Ende bereiteten. Der Künstler zog sich aus der Öffentlichkeit zurück und arbeitete fortan als Buchhändler. Dementsprechend wenige Bilder und Zeichnungen haben die Zeitläufte überstanden. Nun sind im Kabinett der Neuen Nationalgalerie mit 60 Werken rund drei Viertel des erhaltenen Œuvres zu sehen. Die kurze, aber intensive Schaffensphase Wiederholds zwischen 1924 und 1932 konnte ausgehend von einem kleinen Konvolut seines Nachlasses in der Berlinischen Galerie und zahlreichen Archivrecherchen rekonstruiert werden.
Von seinen psychedelisch anmutenden Farbbildern sind heute nur vier großformatige Werke erhalten. Der Erwerb von Wiederholds „Bogenschützen“ legte 2021 den Grundstein zur Erforschung seines Schaffens. Bei der komplexen Komposition aus dem Jahr 1928 scheint es so, als würden viele geometrische Farbflächen, wie bei einem großen Schlachtengemälde, miteinander ringen. Erst nach und nach fügen sich die Einzelteile zu Augen, Köpfen, Bögen und Pfeilen zusammen. Was die berittenen Jäger aufs Korn nehmen, ist nicht zu erkennen. Beeindruckend ist, wie sich diese motivische Überwältigung vor dem inneren Auge langsam sortiert und Sinn aus dem Chaos entsteht. Neben den fantastischen Gemälden sind auch Plakate, Bucheinbände und vor allem Bühnenbilder sowie Dekorationen für die rauschenden Feste und Kostümbälle der goldenen 1920er Jahre zu bewundern.
In Münster geboren, wuchs Sascha Wiederhold in Düsseldorf auf, wo er später bei dem für Gebrauchsgrafik und Dekorationsmalerei zuständigen Professor Ernst Aufseeser studierte. Ein Jahr bevor seine Werke in der Waldens Sturm-Galerie zum ersten Mal ausgestellt wurden, war er in die Hauptstadt gezogen, um Kurse bei César Klein an der Kunstakademie zu besuchen. Daneben nahm der Künstler 1927 an der Deutschen Theater-Ausstellung in Magdeburg teil. 1937, im Jahr der Ausstellung „Entartete Kunst“, begann Wiederhold eine Ausbildung zum Buchhandelsgehilfen und übte diese Tätigkeit auch nach dem Zweiten Weltkrieg aus. Kurz vor seinem Tod 1962 veranstaltete die Nationalgalerie in West-Berlin eine Ausstellung über die Galerie „Der Sturm“, bei der eines von Wiederholds Bildern erst nachträglich aufgenommen wurde.
Die Ausstellung „Sascha Wiederhold. Wiederentdeckung eines vergessenen Künstlers“ läuft bis zum 8. Januar 2023. Die Neue Nationalgalerie hat täglich, außer montags von 10 bis 18, donnerstags zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 12 Euro, ermäßigt 6 Euro. Der 180seitige Ausstellungskatalog listet den Bestand an erhaltenen Bildern und ist für 29 Euro im Verbrecher Verlag erschienen.
Neue Nationalgalerie
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