Abstrakte Fotografie in Berlin  |  | Nadine Poulain, Hikari 5, 2015 | |
Die Alfred Ehrhardt Stiftung in Berlin widmet sich aktuell den Abstraktionsmöglichkeiten der Fotografie. Die von Christiane Stahl kuratierte Schau „Naturstrukturabstrakt“ umfasst Arbeiten von Martin Anders, Thomas Anschütz, Manuela Höfer, Michaela Maria Langenstein, Nadine Poulain sowie Werner Prinz. Allen Kunstschaffenden ist gemeinsam, dass sie aus natürlichen Phänomenen eine neue Formensprache ableiten, die an filigrane Zeichnungen oder Malereien erinnert. Das abstrahierte, ursprüngliche Motiv ist im endgültigen Werk nur noch entfernt zu erahnen.
Indem Größenverhältnisse verschoben, Farben entzogen oder Aufnahmen horizontal gespiegelt werden, verselbstständigen sich die Bildelemente: Oben wird zu unten, klein wird zu groß, Linien werden zu Zeichen und Muster zu Symbolen. So entstehen künstlerische Neuschöpfungen, die den Betrachter spielerisch mit neuen Sehgewohnheiten konfrontieren, tradierte Wahrheiten umwandeln und ungeahnte Assoziationen wecken. Durch die Abstraktion wird der dokumentarische Charakter der Fotografie, stets die Wirklichkeit zu zeigen, auf die Spitze getrieben und hinterfragt.
Mit seinen Schwarz-Weiß-Kompositionen raubt Thomas Anschütz seinen Motiven ihre Mehrdimensionalität. Was möglicherweise einmal die Rinde einer Birke darstellte, wird in seiner Arbeit „Yuki-Onna“ von 2013 zu einem bizarren, beinahe gespenstisch anmutenden Feld aus Kreuzzeichen. In dem dynamischen Druck „Hikari 5“ von Nadine Poulain meint man, vor einem Gespinst aus Laserstrahlen zu stehen, das man nur durch geschicktes Lavieren passieren kann. Die Künstlerin widmet sich der digitalen Überführung von Naturphänomenen in die Abstraktion.
Wie ein gebogener Zweig oder ein zartes Flechtwerk schwingen sich feine Linien über Martin Anders’ poetischen Pigmentdruck „Natura picta“, der durch eine stark vergrößerte Nahsicht entstand. Das ursprüngliche Wellen-Motiv erinnert bei Werner Prinz dagegen auf Grund der Formation der Lichtreflexionen an eine schneebedeckte Bergkette, über der sich ein Wetterleuchten zusammenbraut. Manuela Höfer und Michaela Maria Langenstein beeindrucken mit abstrakten Fotogrammen von Pflanzen. In ihren Dunkelkammern erschaffen sie jedoch auch mit Licht und Chemie organische Gebilde, die pflanzlichen oder tierischen Urformen ähneln.
Die Ausstellung „Naturstrukturabstrakt“ läuft bis zum 11. September. Die Alfred Ehrhardt Stiftung in Berlin hat dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Alfred Ehrhardt Stiftung
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D-10117 Berlin
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