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Marktberichte |
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Das Dorotheum bietet bei seinen Gemälden des 19. Jahrhunderts eine reiche Auswahl und rückt auch vergessene Künstler in den Mittelpunkt  Überfällige Würdigung

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 |  | Alfred Zoff, Riviera. Brandung bei Boccadasse, 1889 | |
Alfred Zoff ist heute etwas in Vergessenheit geraten. Dabei war der 1852 in Graz geborene Landschaftsmaler zu Lebezeiten ein gefragter Künstler. Zu seinen Bewunderern zählte etwa Kaiser Franz Joseph I., der schon früh seine Werke sammelte. Doch in den letzten Jahrzehnten gab es keine Einzelausstellungen zu Zoff in einem größeren Museum; lediglich bei Präsentationen zum „Stimmungsimpressionismus“, dieser österreichischen Sonderform der Freilichtmalerei im ausgehenden 19. Jahrhundert, die Impressionismus mit Realismus verschmolz und die atmosphärischen Reize sowie die Lichtverhältnisse der Landschaft betonte, kommt Zoff zum Zug. Im österreichischen Kunsthandel spielt er aber nach wie vor eine wichtige Rolle und hat seine Sammlerschaft. Nun stellt das Dorotheum ihn prominent heraus, hat sein Gemälde „Riviera. Brandung bei Boccadasse“ von 1889 auf den Katalogtitel zur Auktion des 19. Jahrhunderts gehievt und will mit ihm neue Maßstäbe setzen. Denn die Küste des Fischerdorfs bei Genua, in der Zoff unter einem wolkigen, gewittrigen Himmel die aufgewühlten Wellen und die steilen Klippen akzentuiert und die Menschen an der Brandungsmauer zur Nebensache degradiert, ist mit 90.000 bis 120.000 Euro nicht nur der Favorit des Tages, sondern könnte erstmals auch einen sechsstelligen Betrag für Alfred Zoff generieren.
Auf dem sonst üblichen Preisniveau für Alfred Zoff bewegen sich sein von einem großen Baum verschatteter Sonnentag in einem Gehöft bei Stainz in der Steiermark für 7.000 bis 9.000 Euro oder sein ruhig ankerndes Segelboot im Hafen von Chioggia für 5.000 bis 7.000 Euro. Die österreichischen „Stimmungsimpressionisten“, die das Dorotheum gewöhnlich ans Ende seiner Auktion packt, kommen dann etwa noch mit Tina Blaus unspektakulärer bäuerlicher Landschaft bei Polling von 1869 (Taxe 12.000 bis 14.000 EUR), Hugo Darnauts Blick über die Amper bei Dachau auf eine Viehweide (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR), Eduard Zetsches herbstlicher Kürbisernte am Waldrand mit Burgruine von 1897 (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR) oder Lea von Littrows farbintensivem Interieur mit Blumen am Fenster (Taxe 9.000 bis 12.000 EUR) und ihrer ebenso pastos aufgetragenen Küstenlandschaft samt Segelbooten vor der istrischen Halbinsel bei Abbazia zum Zug (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR).
Die Auktion vom 8. November startet wie üblich mit venezianischen Veduten, bei denen Josef Carl Berthold Püttners Sicht von der Riva degli Schiavoni an einem diesigen Tag über den Dogenpalast und den Bacino di San Marco auf die Kuppel von Santa Maria della Salute mit zahlreichem Volk bei 50.000 bis 70.000 Euro an der Spitze steht. Die gleiche Blickrichtung schlug auch Giovanni Grubacs ein (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR), während sich Antonietta Brandeis für einen pittoresken Kanal in Burano interessierte (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR) oder Giovanni Migliara venezianische Versatzstücke mit ruinösen Torbogen, Villa und Kirchenfassaden zu zwei Capricci kombinierte. Die Pendants sollen 15.000 bis 20.000 Euro einspielen. Die Versteigerung ist überhaupt gut mit italienischen Malern besetzt. Eugenio Cecconi beteiligt sich mit dem Querformat einiger Landleute bei ihrer Rückkehr von der Jagd unter regnerischem Himmel (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR), Niccolò Cannicci mit der Genreszene einer Mutter mit ihren drei Kindern bei der Rast auf einem Leiterwagen im Schatten einiger Bäume (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR).
Auch viele Nordeuropäer zog es im 19. Jahrhundert in das Sehnsuchtsland Italien. Carl Gustav Carus verewigte 1828/29 vier Fischer im nächtlichen Hafen von Neapel, die unter dem Schein des Vollmonds musizieren und singen (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR). Oswald Achenbach begab sich auf die Insel Capri und hörte auf einer Anhöhe einem Soldaten zu, der Fischern gestenreich und großspurig von seinen Abenteuern erzählt (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR), während Anton Romako 1863 einen stürmischen Ochsentreiber bei der „Sedia del Diavolo“ in der Campagna nebst zwei erschreckten Mädchen beobachtete (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Veronika Maria Herwegen-Manini drang tiefer in die Stadt Rom vor und hielt das unaufgeregte Leben am Tiber mit einer Mühle fest (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR). Nach Triest geht es mit Giuseppe Tominz, der sich damals in der noch österreichischen Stadt als Portraitmaler hervortat. In biedermeierlicher Manier verewigte er den erfolgreichen Speditionsunternehmer Paolo Preinitsch mit Motiven aus der Hafenstadt und dessen Kärntner Heimat (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR).
Der aus Rom stammende Maler Giovanni Battista Damon Ortolani arbeitete seit den 1780er Jahren in Moskau und tat sich dort als Portraitist hervor. So stand auch Fürst Sergei Fjodorowitsch Galitzin hinter seiner Leinwand, den Damon Ortolani staatstragend in der Uniform des Preobraschenski-Leibgarderegiments mit seinen zahlreichen Orden ausstattete (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Mit einem bisher unbekannten Selbstportrait Rudolf von Alts aus dem Jahr 1886 kann das Dorotheum aufwarten, in dem sich der große Wiener Aquarellist in dieser Technik der kritischen Persönlichkeitsanalyse eines alternden Mannes unterzog (Taxe 14.000 bis 25.000 EUR). Hans Makart steuert das Bruststück einer unbekannten Dame bei, die er um 1873/74 frontal und kontrastreich in schwarzem Kleid mit weißem Spitzenkragen abkonterfeite (Taxe 50.000 bis 60.000 EUR). Schon von den Errungenschaften des frühen 20. Jahrhunderts ist Philip Maliavins Bildnis der schwedischen Industriellengattin Vera Wickander von 1936 beim aufmerksamen Stricken geprägt (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR).
Mehr Charakterstudie als Bildnis ist Pieter van Hanselaeres freundlicher Junge, der seinen angebundenen Ziervogel eben füttert (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Bei Carl Spitzweg und seinen beiden badenden Mädchen an einem sonnigen Waldteich stehen die Natur und die Aktdarstellung im Vordergrund (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). Der holden Weiblichkeit in einem historistisch-antikischen Gepräge haben sich Federico Andreotti bei seiner jungen Frau mit Rosen „In Gedanken“ (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR) und Vasili Aleksandrovich Kotarbinsky mit seinen beiden Damen verschrieben, die auf einer Terrasse am Meer eben eine Hermenfigur mit Rosen schmücken (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR). Exotisch wird es dann bei Jacques Majorelle, der sich in den späten 1910er Jahren in Marrakesch niederließ und dort für sein Gemälde „Das lila Band“ eine Schwarze als sinnlichen Halbakt aus seidenem Bettzeug einfing (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR).
Der Übergang zur Gattung Stillleben gelingt der Wiener Biedermeiermalerin Johanna Fischer, die 1841 um das charmante Bildnis zweier junger Mädchen einen Obstkorb, einen toten Fasan, einen Blumenkohl und mehrere Geldstücke prominent ins Bild platzierte (Taxe 7.000 bis 9.000 EUR). Ihr Wiener Kollege Josef Lauer hat dann Rosen in verschiedenen leuchtenden Rottönen auf dem Waldboden ausgebreitet und lässt darum vier Schmetterlinge kreisen (Taxe 35.000 bis 45.000 EUR). Johann Wilhelm Preyer hat 1864 auf einer Marmorplatte um ein perlendes Sektglas Wal- und Haselnüsse, eine Birne sowie weiße und rote Trauben arrangiert, denen sich keck eine Fliege nähert (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Seine Tochter Emilie Preyer tut es ihm gleich: Ihr Brummer versucht sich eben an Trauben, einem Pfirsich und zwei aufgeplatzten Pflaumen zu delektieren (Taxe 18.000 bis 24.000 EUR). In frischer Farbwahl und schnellem Pinselduktus wirkt Anna De Weerts gedeckter Teetisch im sommerlichen Garten vor dem Haus von 1911 recht modern (Taxe 12.000 bis 13.000 EUR).
Koloristisch ausgefallen ist zudem Bertha Schraders pointillistischer Blick auf den hoch über der Lahn aufragenden Georgsdom mit der mittelalterlichen Burganlage in Limburg (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR). Dagegen hat der Däne Niels Christian Hansen sein Waldstück 1895 mit zwei kleinen Geschwistern auf dem sommerlichen Weg realistisch, beinahe fotorealistisch angelegt (Taxe 8.000 bis 12.000 EUR). Den Kärntner Maler Markus Pernhart trieb es nicht nur künstlerisch in die Bergwelt; zwischen 1857 und 1859 bestieg er zehnmal den Großglockner und konnte aus eigenen Erlebnissen das Massiv und seine Bezwingung erfassen, so auch auf einem kleinformatigen Gemälde des vereisten Gipfels mit kleinen Menschen vor der Erhabenheit der Alpen (Taxe 30.000 bis 50.000 EUR). Lustig und tollpatschig nimmt sich dagegen „Le cheval du platrier“ aus, das Théodore Géricault 1821/23 mit ungewöhnlichem Zaumzeug, Maulkorb und roten Quasten im Gesicht aquarellierte (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 8. November um 17 Uhr. Die Besichtigung der Kunstwerke ist täglich von 10 bis 17 Uhr, sonntags von 14 bis 17 Uhr möglich. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.dorotheum.com. |  | Kontakt: Dorotheum Dorotheergasse 17 AT-1010 Wien |
 | Telefon:+43 (01) 515 60 0 | Telefax:+43 (01) 515 60 443 |  |  | E-Mail: client.services@dorotheum.at |  | Startseite: www.dorotheum.com |
02.11.2022 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 Carl Spitzweg,
Badende Mädchen am
Waldteich |  | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Zuschlag: 34.000,- EURO Losnummer: 522 |  |  |  |  |  | 
 Giovanni Grubacs,
Venedig. Blick auf
Santa Maria della
Salute, auf die Punta
della Dogana und in
den Canal Grande |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Losnummer: 504 |  |  |  |  |  | 
 Hans Makart,
Damenbildnis mit
Perlen, um 1873/74 |  | Taxe: 50.000 - 60.000 EURO Losnummer: 518 |  |  |  |  |  | 
 Anton Romako,
Ochsentreiber in der
Campagna bei der
„Sedia del Diavolo“,
1863 |  | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Losnummer: 519 |  |  |  |  |  | 
 Markus Pernhart, Der
Großglockner |  | Taxe: 30.000 - 50.000 EURO Zuschlag: 70.000,- EURO Losnummer: 570 |  |  |  |  |  | 
 Théodore Géricault,
Le chevalier du
platrier, 1821/23 |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 517 |  |  |  |  |  | 
 Josef Carl Berthold
Püttner, Venedig.
Blick auf den Bacino
di San Marco, 1873 |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Losnummer: 505 |  |  |  |  |  | 
 Giovanni Migliara,
Venezianisches
Capriccio mit Kirche
du figürlicher
Staffage -
Venezianisches
Capriccio mit Villa
und Torbogen |  | Taxe: 15.000 - 20.000 EURO Zuschlag: 13.500,- EURO Losnummer: 506 |  |  |  |  |  | 
 Eugenio Cecconi,
Rückkehr von der Jagd |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 525 |  |  |  |  |  | 
 Johann Wilhelm
Preyer, Stillleben
mit hohem Sektkelch,
Trauben, Birnen und
Nüssen auf
Marmorplatte, 1864 |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 62.000,- EURO Losnummer: 516 |  |  |  |  |  | 
 Carl Gustav Carus,
Italienische
Fischer im Hafen von
Neapel, 1828/29 |  | Taxe: 70.000 - 90.000 EURO Losnummer: 513 |  |  |  |  |  | 
 Veronika Maria
Herwegen-Manini,
Rom. Partie am Tiber |  | Taxe: 5.000 - 7.000 EURO Zuschlag: 5.000,- EURO Losnummer: 534 |  |  |  |  |  | 
 Emilie Preyer,
Stillleben mit
Pfirsichen,
Edelpflaumen,
Weintrauben und
einer Fliege |  | Taxe: 18.000 - 24.000 EURO Zuschlag: 22.000,- EURO Losnummer: 515 |  |  |
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