Mexikanische Moderne: Leipzig entdeckt Olga Costa  |  | in der Ausstellung „Olga Costa. Dialoge mit der mexikanischen Moderne“ | |
Moderne Kunst aus Mittel- und Südamerika ist in Deutschland bis auf wenige Ausnahmen weitgehend unbekannt. Das will das Museum der bildenden Künste (MdbK) in Leipzig nun ändern und präsentiert erstmals in Europa das Schaffen von Olga Costa. Mit der Schau würdigt das Museum zugleich eine gebürtige Leipzigerin; kam Olga Costa doch 1913 als Tochter des ukrainischen Violinisten und Komponisten Jacobo Kostakowsky, der mit seiner Frau vor antisemitischen Pogromen aus Odessa nach Deutschland geflohen war, in der sächsischen Metropole zur Welt und verbrachte ihre Kindheit in Berlin, ehe die Familie 1925 nach Mexiko auswanderte. Das Leipziger Museum stellt Costas vielschichtiges Œuvre, das in Mexiko zu den Klassikern der Moderne zählt und vor allem Gemälde, aber auch Zeichnungen und druckgrafische Werke sowie Tapisserien und ein Wandmosaik umfasst, mit rund 80 Exponaten vor und knüpft immer wieder Verbindungslinien zu den Arbeiten ihrer Kolleg*innen, darunter zu Frida Kahlo, Diego Rivera, María Izquierdo, Rosa Rolanda, Lola Cueto, Alice Rahon oder Juan Soriano. So ergibt sich ein Panorama der mexikanischen Kunst zur Mitte des 20. Jahrhunderts.
Das MdbK lässt das Schaffen der Künstlerin über einen Zeitraum von mehr als vierzig Jahren Revue passieren. Beeindruckt von den monumentalen Wandbildzyklen an zahlreichen öffentlichen Gebäude in Mexiko-Stadt, beginnt Olga Costa 1933 mit dem Studium der Malerei, das sie jedoch vermutlich aus finanziellen Gründen nach nur vier Monaten wieder abbricht. Erst nach der Heirat mit ihrem Kommilitonen, dem Maler José Chávez Morado, findet sie Ende der 1930er Jahre als Autodidaktin wieder zur Kunst. Costa entwickelt einen malerischen Stil, in dem sich Kolorit und Figuration, lokale Traditionen und eine farbgewaltige Formensprache zu einer poetischen wie subjektiven Welt fügen. Ihre Kompositionen wirken frisch, lebensfroh und kraftvoll, können manchmal aber auch einen nachdenklichen wehmütigen Zug annehmen, wie in ihrem Vanitas-Stillleben „Corazón egoísta“ von 1951.
Am Beginn der Schau steht Costas frühes Selbstbildnis von 1947 in grünem Kleid als selbstbewusste Malerin im Patio ihres Hauses. Prominent hängt die großformatige Auftragsarbeit „La vendedora de frutas“ (Die Obstverkäuferin) von 1951, eine Ikone der mexikanischen Moderne, die die Fülle des Lebens in der überbordenden Ansammlung der Früchte feiert. Die anschließende Sektion widmet sich den Voraussetzungen von Costas Werk und skizziert mit Werken von Frida Kahlo, Diego Rivera, Gerardo Murillo, ihrem akademischen Lehrer Carlos Mérida und ihrem Ehemann die künstlerische Situation bei ihrer Ankunft im postrevolutionären Mexiko. Weitere Kapitel kreisen um inhaltliche Fragen nach der mexikanischen Identität, geschlechterspezifischen Rollen- und Körperbildern und Netzwerken mexikanischer Künstlerinnen. Die Auseinandersetzung Costas mit der fantastischen Malerei wird ebenso thematisiert wie die Landschaftsauffassung und ihr feinsinniges Naturverständnis. In ihren Stillleben inszeniert Costa zuweilen auch Objekte indigener Kultur, die sie gemeinsam mit ihrem Mann zusammengetragen hatte, wodurch auch ihre Rolle als Sammlerin angedeutet ist.
Die Ausstellung „Olga Costa. Dialoge mit der mexikanischen Moderne“ läuft bis zum 26. März 2023. Das MdbK hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, am Mittwoch von 12 bis 20 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt an Heiligabend und Silvester. Der Eintritt beträgt 10 Euro, ermäßigt 5 Euro und ist bis zum vollendeten 19. Lebensjahr frei. Der Ausstellungskatalog aus dem Hirmer Verlag kostet im Museumsshop 29 Euro, im Buchhandel 39,90 Euro.
Museum der bildenden Künste Leipzig
Katharinenstraße 10
D-04109 Leipzig
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