Zum Tod von Hans Belting  |  | Hans Belting diskutiert mit Studierenden bei der Eröffnung der Hans Belting-Bibliothek an der Masaryk-Universität in Brünn | |
Hans Belting ist tot. Der bekannte und vielseitige Kunsthistoriker und Medientheoretiker, dessen Schwerpunkt auf der Kunst des Mittelalters und der Renaissance sowie daraus resultierend auf der Bildwissenschaft lag, ist in der Nacht auf den 10. Januar in Berlin gestorben. Er wurde 87 Jahr alt. Wie die Staatliche Hochschule für Gestaltung Karlsruhe, die Belting 1992 mitgegründet hatte, erklärte, habe das Fach Kunstgeschichte mit ihm eine seiner namenhaftesten Persönlichkeiten verloren. Das Zentrum für Kunst und Medien (ZKM) in Karlsruhe, das Belting in den Anfangsjahren maßgeblich geprägt hatte, nannte ihn in seinem Nachruf einen „Leuchtturm der zeitgenössischen Kunstgeschichte“. Durch seine Vorlesungen und Publikationen habe er eine weltweite Wirkung entfaltet. „Seine enzyklopädische Befragung des Bildes, von ‚Bild und Kult. Eine Geschichte des Bildes vor dem Zeitalter der Kunst‘ (1990) bis ‚Faces: Eine Geschichte des Gesichts‘ (2013), seine kunstwissenschaftlichen Studien vom Mittelalter bis zur Medienkunst, seine Begründung einer Bild-Anthropologie haben ein grundlegend neues Fundament für die Kunst der Moderne errichtet. Durch seine innovativen Forschungen, die stets um die Frage nach dem Bild- und Kunstbegriff kreisten, gewann er höchste internationale akademische Anerkennung, Positionen und Preise“, so das ZKM.
Als angesehener Wissenschaftler, dessen Expertise in vielen Akademien und Gesellschaften gefragt war – Belting war unter anderem Mitglied im Orden Pour le mérite für Wissenschaften und Künste, der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, der American Academy of Arts and Sciences oder des Leibniz-Zentrums für Literatur- und Kulturforschung Berlin –, blieb er für Lernende immer erreichbar. „Er hatte überhaupt keinen Dünkel gegenüber verschiedenen Hierarchien in der Akademie und war eigentlich immer bereit, sich einzulassen auf jüngere Leute. Wenn ihn ein Doktorand oder auch eine Studentin was gefragt hat, war er immer sofort bereit, sich damit auch intensiv zu beschäftigen. Also diese Offenheit, die hat mich eigentlich am meisten beeindruckt“, sagte die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin Sigrid Weigel im Deutschlandfunk Kultur über ihren Freund und Kollegen Belting.
1935 in Andernach geboren, studierte Hans Belting in Mainz und Rom Kunstgeschichte. 1959 wurde er mit einer Arbeit über den Freskenzyklus der Basilica dei Ss. Martiri in Cimitile, den er im Gegensatz zu vielen anderen Experten 100 Jahre später datierte, promoviert. Nach der Habilitation 1966 in Hamburg lehrte er von 1970 bis 1992 in Heidelberg und München, bevor er an die Staatliche Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe wechselte. Als Gastprofessor war er unter anderem in Dumbarton Oaks, Harvard, Rom, New York, Paris und Chicago tätig. In seinen Forschungen entwickelte er mit anderen die Bildwissenschaft, bei der er seine Erkenntnisse historisch untermauerte. Die Diskurse konnte Belting mit Quellen anreichern und so den rein denkerisch theoretischen Bereich verlassen. Gleichzeitig hinterfragte der angesehene Wissenschaftler sein Fach. So stellte Belting 1983 seine Münchner Antrittsvorlesung unter den Titel „Das Ende der Kunstgeschichte?“ und regte darin an, ein überkommenes Ordnungsschema seiner Disziplin zu überdenken, das damals nicht mehr zeitgemäß erschien. Nun trauert die Kunstwelt um einen zahlreich Geehrten, der es schaffte, immer ein freier und ungebundener Geist zu bleiben. |