Neues Museum in Mannheim eröffnet mit „Herzklopfen“  |  | Stanislav Libensky und Jaroslava Brychtová, Tête en croix, 1991 | |
Nach dreijähriger Bauzeit hat am Wochenende das neue Museum Peter & Traudl Engelhornhaus in Mannheim seine Tore für Besucher geöffnet. Als Dependance der Reiss-Engelhorn-Museen will es sich vornehmlich der Glaskunst und der Fotografie widmen. Diese ungewöhnliche Verknüpfung zweier Genres mag bei einigen „Herzklopfen“ auslösen, doch ist der Titel der Eröffnungsschau „Zeitgenössischer Glaskunst aus der Sammlung Peter und Traudl Engelhorn“ der feurigen Erregung des Sammlerpaares geschuldet, die sich ihnen bei Neuerwerbungen zeitgenössischer Glaskunst einstellte.
Seit den 1960er Jahren von aktueller Glaskunst begeistert, trugen Peter und Traudl Engelhorn im Lauf der Jahre einen Fundus zusammen, der das „Who is Who“ exquisiter Artefakte spiegelt. Das breit angelegte Spektrum reicht von Beispielen der unter „Fucina degli Angeli“ firmierenden Kooperation des venezianischen Glasmeisters Egidio Costantini mit berühmten Künstlern über die Bewegung des Studioglases bis hin zu zeitgenössischen Glaskünstlern. Die Präsentation vereint 40 Arbeiten von teils namhaften Künstlern wie Marc Chagall, Stanislav Libensky und Jaroslava Brychtová, Dale Chihuly, Niyoko Ikuta oder Mary Ann Zynsky. Auch wenn der Großteil der Engelhornschen Sammlung im Kantonalen Museum für Design und angewandte Kunst der Gegenwart in Lausanne verwahrt wird, erhält diese Disziplin nun hier ein dauerhaftes Standbein in Mannheim.
Parallel dazu ist „Zephyr – Raum für Fotografie“ der Reiss-Engelhorn-Museen mit der Retrospektive „Apropos Visionär. Der Fotograf Horst H. Baumann“ im neuen Museum zu Gast, während ein weiterer Teil der Schau im angrenzenden Museum Bassermannhaus gezeigt wird. Als Baumann 2019 starb, übergab seine Tochter den Nachlass an die Mannheimer Museen. Daraus wählte der Gastkurator Hans-Michael Koetzle rund 400 mustergültige Arbeiten aus. Horst H. Baumann stieg ab den 1960er Jahren zu einem der erfolgreichsten Fotografen Deutschlands auf. Neben seinen berühmten Bildern von Autorennen auf dem Nürburgring, in Spa oder Le Mans interessierten ihn soziale Themen wie spielende Kinder, Volksfeste, Industriearbeit, religiöse Feiern oder Prominentenporträts.
Im Geiste eines „subjektiven Dokumentarismus“ zeichnen sich seine Fotografien durch den Einsatz partieller Unschärfe, kühne An- oder Ausschnitte, dynamische Perspektiven oder ein Spiel mit Vorder- und Hintergrund aus, die er in ein formal-ästhetisch überzeugendes Sujet zu übersetzen verstand. Darüber hinaus gilt er als Pionier der der Farbe in der Fotografie, die er als Stil- und Ausdrucksmittel einsetzte. Ab Mitte der 1960er Jahre wandte sich Baumann multimedialen Projekten zu. Zu seinen bedeutendsten Werken zählt der bis heute über Kassel leuchtende grüne Laserstrahl, der im Rahmen der Documenta 6 im Jahr 1977 entstand oder die 1981 am Düsseldorfer Rheinturm installierte weltweit größte dezimale Zeitskala „Licht-Zeit-Pegel“.
Die Ausstellung „Herzklopfen. Zeitgenössische Glaskunst aus der Sammlung Peter und Traudl Engelhorn“ läuft bis zum 29. Mai, die Schau „Apropos Visionär. Der Fotograf Horst H. Baumann“ bis zum 25. Juni. Das Museum Peter & Traudl Engelhornhaus hat täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 10,50 Euro, ermäßigt 4,50 Euro bis 6,50 Euro. Zur Retrospektive von Horst H. Baumann ist ein begleitendes Fotobuch im Steidl Verlag erschienen.
Museum Peter & Traudl Engelhornhaus – Reiss-Engelhorn-Museen
C4,12
D-68159 Mannheim
Telefon: +49 (0)621 – 29 33 771 |