Die Moritzburg in Halle stellt Doris Ziegler vor  |  | Doris Ziegler, Selbst mit Sohn II, 1986/87 | |
Das Kunstmuseum Moritzburg in Halle präsentiert seit Sonntag Werke von Doris Ziegler in der Schau „Ich bin Du!“. Die 1949 in Weimar geborene Malerin, die von 1969 bis 1974 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig (HGB) bei Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer studierte, zählt zu den Vertreterinnen der Leipziger Schule, die sich durch ihre figurative Malerei auszeichnet. Orientiert an der neusachlichen Kunst der Zwischenkriegszeit erarbeitete sich Doris Ziegler einen „kühlen Blick“, so Kurator Paul Kaiser, der sie von ihren Kollegen unterscheide. Ihre gegenständliche Malweise thematisiert sachliche Industriedetails, die Kulissenwelt des Imaginären oder das weibliche Proletariat in der DDR. Zu sehen sind zwanzig Gemälde aus den Jahren 1977 bis 2016, in denen Doris Ziegler die vorherrschenden Geschlechterrollen in Frage stellt – teils lange vor den heutigen kulturellen Debatten um Geschlecht, Gender und Diversität.
Der Ausstellungstitel bezieht sich auf das damals provokante Gemälde „Ich bin Du“ von 1988. Die in Leipzig lebende Künstlerin, die 1989 Assistentin in der Fachrichtung Malerei und von 1993 bis 2014 als Professorin im Grundlagenstudium an der HGB unterrichtete, provozierte mit dem Werk, weil es „vermeintlich feministische Positionen aus dem Westen in den Kunstraum DDR transformierte“, erklärt Kaiser. In kühlen Graunuancen gehalten, blicken ein nackter Mann und eine nackte Frau, die sich an ihren Händen halten, den Betrachter an. Beide sitzen vor einem großen Fenster auf dem weißen Sims, hinter ihnen öffnet sich eine Straße mit Wohnhäusern und Fabrikbauten. Nüchtern und kühl ist nicht nur die Farbskala, sondern auch der Blick der Beiden. Sie wirken gleichberechtigt und in Freundschaft verbunden, was sich nicht zuletzt in den gleichartigen androgynen Gesichtern manifestiert.
Figurenbilder und Stadtlandschaften dominieren Zieglers Werk. Ende der 1980er finden sich Bilder von Demonstrationen und Menschenmengen. Die friedliche Revolution in der DDR, den Fall der Berliner Mauer und die Wende thematisierte sie in der Serie „Passagenbilder“ von 1988 bis 1993. Als die Mutter der Künstlerin an Alzheimer erkrankte, setzte sich Ziegler mit der Situation der Kranken auseinander, vor allem mit deren Leben in Alten- oder Pflegeheimen. In dem 1996 geschaffenen Werk „Selbst mit Mutter und Krone“ wirken die schlafende Mutter und die Malerin wie zwei Fremde. Ihr Aktbild „Selbst mit Sohn II“ von 1986/87 geriet zu einem der letzten Kunstskandale der DDR. Die aktuelle Schau in der Moritzburg ist eine Rückkehr in die dortigen Schauräume, wo Doris Ziegler zuletzt 1978 ihre Arbeiten zeigte. Zudem präsentierte sie ihre Kunst in Galerien und Museen wie dem MUMOK in Wien, der Neuen Nationalgalerie in Berlin, der Galerie für zeitgenössische Kunst in Leipzig und der Kunsthalle Mannheim.
Die Kabinettausstellung „Ich bin Du! Doris Ziegler: Malerei“ läuft bis zum 21. Mai. Das Kunstmuseum Moritzburg ist täglich außer mittwochs von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 13 Euro, ermäßigt 9 Euro. Die 2020 erschienene Monografie „Doris Ziegler. Das Passagen-Werk. Malerei“ kostet im Museum 33 Euro, im Buchhandel 42,90 Euro.
Kunstmuseum Moritzburg
Friedemann-Bach-Platz 5
D-06108 Halle an der Saale
Telefon: +49 (0)345 – 21 25 90 |