Kokoschka-Gemälde mit unklarer Provenienz wird versteigert  |  | Oskar Kokoschka, Frau mit dem Sklaven, 1920 | |
Oskar Kokoschkas Ölgemälde „Frau mit dem Sklaven“, das einst zur renommierten Sammlung Fritz Glasers gehörte, steht nun zum Verkauf. Das Prager Auktionshaus Adolf Loos Apartment and Gallery offeriert das 1920 entstandene Bild am 19. März für 200 Millionen Tschechische Kronen, rund 8,4 Millionen Euro. Das Kunstwerk fällt in Kokoschkas Dresdener Schaffensperiode, in der sein Malstil pastoser und farbenfroher wurde. Den Vordergrund dominiert eine sitzende blonde Frau mit einem Kleid in violetten Schattierungen und einer Blume in der Hand. Hinter steht ein Mann mit nacktem Oberkörper vor einem grünen Naturdickicht. Besonders augenfällig ist kontrastreiche Einsatz der leuchtenden Farben. Laut dem Auktionshaus handelt es sich bei dem Paar um Oskar Kokoschka und seine Lebensgefährtin Alma Mahler, mit der er von 1912 bis 1915 eine intensive Affäre hatte. Demnach schlüpfte Kokoschka hier in die Rolle eines Sklaven, um die leidenschaftliche Liebe zu seiner Muse auszudrücken, die letztendlich unerhört blieb. Der Kunsthistoriker Alfred Weidinger, der als führender Kokoschka-Experte gilt und derzeit an dem zweiten Band eines Werkverzeichnis des Expressionisten arbeitet, sieht darin jedoch das Künstlerpaar Käthe Richter und Walter Hasenclever, mit denen Kokoschka in Dresden befreundet war. Darüber hat zuerst die österreichische Tageszeitung „Der Standard“ berichtet.
Die Provenienz und die genauen Umstände, unter denen das Gemälde seinen Besitzer wechselte, sind nicht lückenlos geklärt. 1925 verkaufte der Wiener Verleger Richard Lányi das Bild an die Galerie Ernst Arnold in Dresden, wo der jüdischen Notar und Steuerberater Fritz Glaser es noch vor 1929 für seine umfangreiche Kunstsammlung erwarb. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten war es Glaser innerhalb weniger Jahre nicht mehr möglich, seinen Beruf zu auszuüben. Deshalb bestritt er den Lebensunterhalt durch den Verkauf seiner Kunstsammlung. Um der drohenden Beschlagnahmung der Werke durch die Nazis zu entgehen, vernichtete Glaser sämtliche Erwerbsbelege und sogar ein Verzeichnis seiner Kollektion.
1942 verkaufte er die „Frau mit dem Sklaven“ mit weiteren Bildern an den deutschen Unternehmer Hans Dittmayer, der eine Vorliebe für den Expressionismus hegte. Dittmayer, der in zweiter Ehe mit einer Jüdin verheiratet war, ließ 1943/44 einen Teil seiner Sammlung in zwei Kisten nach Prag bringen, wohin er 1945 mit seiner Familie flüchtete. Dort wurde er verhaftet, sein Besitz enteignet und seine Familie nach seinem Tod ausgewiesen. Die Anträge seiner Erben auf die Rückgabe der Kunstwerke verliefen ergebnislos. Das Kokoschka-Gemälde wurde von der Prager Galerie Vaclav Horejš an einen tschechisch-amerikanischen Sammler verkauft und gelangte über die ebenfalls in Prag agierende Galerie Zlatá Husa erneut in Privatbesitz. Derzeit ist das Kokoschka-Gemälde in der Datenbank Lost Art als Suchmeldung der Familie Dittmayer eingetragen. |