 |  | Marcel Breuer und A. & E. Roth, Dolderthal Apartments in Zürich, 1934 | |
Mit der Gründung des Bauhauses im Jahre 1919 durch Walter Gropius begann die Idee Gestalt anzunehmen, die Trennung von Kunst und Produktion aufzuheben und Gegenstände und Räume für eine künftige humanere Gesellschaft zu schaffen. Dabei sollte das Handwerk als Grundlage allen künstlerischen Schaffens dienen und alle Künste in idealer Einheit verbinden. Es entstand Deutschlands berühmteste Kunst- und Designeinrichtung der Klassischen Moderne, die eine Reihe der herausragendsten Architekten und Künstler seiner Zeit zusammenführte und weltweit das Verständnis von Architektur und Design beeinflusste.
Marcel Breuer ist als einer der prominentesten Vertreter des Bauhauses bekannt geworden. Auf der Bauhaus-Ausstellung im Jahre 1923 werden neben Walter Gropius‘ Gesamt-Gestaltung eines Direktorenzimmers erstmals Möbel vorgestellt, deren Konzeption sichtbar Gropius' „Grundsätze der Bauhaus Produktion“ umsetzen, nach denen jedes Objekt funktional, haltbar, billig und ästhetisch ansprechend zu sein hat. Marcel Breuers Lattenstuhl ist mit dabei, der zu einem der bekanntesten Entwürfe des Weimarer Bauhauses wird.
1902 wurde Marcel Lajos Breuer im ungarischen Pecs geboren und ging nach seinen Studien an der Allami Foreaiskola in Pecs 1920 zur Ausbildung in die Tischlerei des Bauhauses. Nach seiner Gesellenprüfung im Jahre 1924 begann er 1925 in Dessau als Werkstattleiter der Möbelwerkstatt. Es entstehen radikal vereinfachte Stuhlentwürfe, die die technischen Möglichkeiten des Materials ausschöpfen und in ihrer neuartigen Ästhetik zum Inbegriff des Einrichtungsstils des Dessauer Bauhauses werden, das sich seit 1923 der Prämisse „Kunst und Technik - eine neue Einheit" verschriebe hatte. Demnach sollten funktionale und ästhetische Prototypen entstehen, die für die Massenproduktion bestimmt waren.
1928 verließ Breuer das Bauhaus und ging nach Berlin, wo er ein eigenes Architekturstudio eröffnete. Es entstanden Inneneinrichtungen und Ausstellungsgestaltungen. Doch aufgrund der Wirtschaftskrise war er gezwungen, sein Büro zu schließen. Er bereiste Südfrankreich, Spanien, Griechenland und Marokko. Bei seiner Rückkehr 1932 realisierte er das Haus Harnischmacher in Wiesbaden und 1934 in Gemeinschaftsarbeit mit den Architekten Alfred und Emil Roth die Dolderthal Häuser, zwei Apartmenthäuser in Zürich im Auftrag von Siegfried Giedion, dem Besitzer der Firma „Wohnbedarf“. Marcel Breuers Stahlrohr- und Aluminiummöbel, die zwischen 1932 und 1934 entstanden, wurden von „Wohnbedarf“ hergestellt und vertrieben.
Da er sich von den Nazis aufgrund seiner ungarisch-jüdischen Herkunft bedroht sah, verließ Marcel Lajos Breuer 1935 Deutschland und ging nach London, wo er gemeinsam mit dem Architekten F.R.S. Yorke ein Architekturbüro gründete und später als Chef der Designabteilung bei Isokon arbeitete. Bereits zwei Jahre später brach er seine Zelte in England ab und emigrierte in die USA. Dort nahm er eine Professur für Architektur an der School of Design der Harvard University, Cambridge, Massachusetts an. Neben seiner Lehrtätigkeit eröffnete er 1937 mit Walter Gropius ein Architekturbüro in Cambridge, in dem beide bis 1941 tätig waren. In beider Zusammenarbeit entstand beispielsweise 1939 der Pennsylvania Pavillon auf der New Yorker Weltausstellung.
1946 zog es ihn nach New York, wo er wiederum ein eigenes Architekturbüro aufbaute. Seine frühen Bauten in den USA, in der Zeit zwischen 1940 und 1950, waren weitgehend Wohnhäuser. Über 70 entstanden in dieser kreativen Phase seines Lebens, darunter sein eigenes Haus in New Canaan, Connecticut, das er 1947 erbaute. Erst später erhielt er Aufträge für öffentliche Institutionen, darunter vom Museum of Modern Art in New York und dem Warenhaus Bijenkorff in Rotterdam. 1953 beteiligte er sich neben den Architekten Pier Luigi Nervi und Bernard Zehrfuss am Bau des UNESCO-Gebäudes in Paris, der ihm entgültigen Erfolg auf dem internationalen Parkett verschaffte. 1956 gründete Marcel Breuer seine Firma „Marcel Breuer und Associates, Architects“ in New York und erhielt 1966 den Auftrag, das Whitney Museum in New York zu gestalten. Sein Büro leitete er zwanzig Jahre lang bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1976.
Als einer der letzten funktionalistischen Architekten vollzog Breuer den Wechsel des Programms des Bauhauses von „Kunst und Handwerk“ zu „Kunst und Technik“. Mit den seit 1925 von ihm entwickelten Stahlrohrmöbeln und seinen Einrichtungen trug Breuer zu einer neuen, modernen Vorstellung des Wohnens bei. Viele von ihm entworfene Möbel, wie der Cesca und der Wassily Stuhl entsprechen auch den heutigen Ansprüchen an aktuellem, modernem und funktionalem Design. 1981 verstarb einer der bedeutendsten Möbeldesigner und Innenarchitekten des 20. Jahrhunderts in New York. Am 21. Mai 2002 wäre Marcel Breuer 100 Jahre alt geworden.
|