Experimente der Moderne in Hannover  |  | Erich Wegner, Karneval, 1928 | |
Es ist die Zeit des großen Experimentierens in der modernen Kunst, die krisen- und kriegsgeplagten Jahre zwischen den Goldenen Zwanzigern und dem Ende des NS-Regimes. Tradition und Avantgarde prallen aufeinander. Unter dem Titel „Laboratorium der Moderne“ bietet das Sprengel Museum in einer neuen Ausstellung einen Überblick über das fulminante künstlerische Spektrum dieser Jahre. Mit rund 180 Arbeiten auf Papier sind Künstlerinnen und Künstler wie Karl Schmidt-Rottluff, Otto Dix, Hannah Höch, Paul Klee, Conrad Felixmüller, Ischi von König, Erich Wegner, Nicolas Eekman, René Magritte und Grethe Jürgens präsent. Kuratorin Karin Orchard will vor allem vom Reichtum ihrer unterschiedlichen Handschriften, den verschiedenen Stilen und Ausdruckweisen ihrer Kunst erzählen.
Politisch konnotierter Naturalismus, wie ihn Käthe Kollwitz in ihrer anklagenden Grafiken entwarf, lief zeitgleich neben dem an Formfragen interessierten Kubismus eines Pablo Picassos. Dessen „Femme au tambourin“ von 1938, eine fröhlich tanzender Frauenakt mit üppigen Kurven in Schwarz-Weiß, entstand parallel zu Emil Noldes zärtlich farbigen „Magnolien“. Wenngleich für viele Künstlerinnen und Künstler, die den avantgardistischen Strömungen anhingen, der Aufstieg der NS-Diktatur in Deutschland Berufsverbot, Exil und Verfolgung bedeutete, gab es auch zur Zeit des Dritten Reichs ein umfangreiches Kunstschaffen. Hannovers Kunst- und Kulturszene spürte die Auswirkungen des Nationalsozialismus ebenfalls. So gelang es Carl Buchheister, weiterhin künstlerisch tätig zu sein, indem er von seiner abstrakten Arbeit Abstand nahm und sich stattdessen gegenständlicher Kunst zuwandte. Andere wiederum zogen sich in die Innere Emigration zurück – Otto Gleichmann oder Ella Bergmann-Michel – oder stellen ihr künstlerisches Wirken ein, wie Robert Michel.
Nicht nur für Kunstschaffende auch für Museen bedeuteten die Vorgaben der Nationalsozialisten eine große Veränderung. Alexander Dorner, Leiter der Kunstabteilung des Provinzial-Museums, das seit 1950 als Niedersächsisches Landesmuseum Hannover firmiert, besaß seit 1923 bereits eine umfangreiche Sammlung von Avantgardekunst und passte ab 1933 seine Ankauf- und Ausstellungspolitik an die neuen Gesetze der Nationalsozialisten an. Dadurch konnte er sein Amt noch bis 1937 behalten. Auch sein Nachfolger, Ferdinand Stuttmann, der zusätzlich noch das Kestner-Museum leitete, fügte sich beruflich der neuen Situation. In beiden Museen wurden 1937 insgesamt 264 Werke auf Papier beschlagnahmt, die nicht der politischen Ideologie der Nazis entsprachen.
Die Ausstellung „Laboratorium der Moderne. Kunst von 1924 bis 1945 aus der Grafischen Sammlung“ läuft vom 17. Mai bis zum 30. Juli. Das Sprengel Museum hat mittwochs bis sonntags von 10 bis 18 Uhr sowie dienstags bis 20 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 7 Euro, ermäßigt 4 Euro. Für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahr ist er frei.
Sprengel Museum Hannover
Kurt Schwitters Platz
D-30169 Hannover
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