Zum Tod von Hans-Peter Feldmann Der Schelm der Kunst ist tot. Wie erst am vergangenen Wochenende bekannt wurde, starb Hans-Peter Feldmann bereits am 26. Mai im Alter von 82 Jahren in Düsseldorf. Er galt als einer der wichtigsten deutschen Konzeptkünstler, der sich vorhandenes, oft alltägliches Material aneignete, mit minimalen Eingriffen neu arrangierte und ihm durch den anderen Kontext eine überraschende Aussage verlieh. Seine wohl bekannteste Arbeit ist die sechs Meter hohe David-Skulptur frei nach Michelangelos berühmtem Vorbild in Florenz, die Feldmann nicht aus Marmor, sondern Epoxidharz herstellte und dann noch rosafarben mit knallgelben Haaren bemalte. Damit forderte er das kollektive, oft mit Klischees befrachtete Bildgedächtnis heraus. Kein Wunder, dass Feldmanns hinterlistige Michelangelo-Paraphrase 2012 vor dem Lehmbruck Museum in Duisburg von Vandalen beschädigt wurde. Sein subversiver Humor machte auch nicht vor George Washington halt, dem er auf einer Dollar-Note einfach eine rote Clownsnase aufsetzte, ebenso wie unbekannten Personen auf den zahlreichen belanglosen bürgerlichen Porträtgemälden des 19. Jahrhunderts.
1941 in Hilden bei Düsseldorf geboren, studierte Hans-Peter Feldmann in den 1960er Jahren Malerei an der Kunstschule Linz, der heutigen Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung. Zunächst arbeitete er konzeptuell mit Fotografie, sammelte alltägliche, „geknipste“ Bilder und fügte sie zu kleinen skurril-lustigen Serien etwa mit „Sonntagsmotiven“, „Klassiker-Gemälden“ oder „Allen Kleider einer Frau“ zusammen. Seinen „Ästhetischen Studien“ ging Feldmann 1994 auch an dreizehn banalen Alltagsgegenständen, wie Küchentrichtern aus buntem Kunststoff, Stempeln oder Vorhängeschlössern, nach und erhob damit Beiläufiges zum Kunstobjekt. „Kunst sollte eine Möglichkeit des Alltags, ein normaler Teil des Lebens sein“, äußerte sich Feldmann zu seinem Ansatz. Darum signierte und limitierte er seine Werke nie, untergrub damit ironisch die Aura des Originals und hielt den gängigen Mechanismen der Kulturszene und des Kunstmarkts immer wieder den Spiegel vor. Seine Ausstellungen trugen deshalb oft den lapidaren Titel „Kunstausstellung“.
Daher zog sich Hans-Peter Feldmann 1980 auch aus dem Kunstbetrieb zurück, zerstörte einen Teil seiner Arbeiten und eröffnete in Düsseldorf einen Souvenirladen. Erst Ende der 1980er Jahre sagte er der Kunstszene wieder Hallo und schuf neue hintergründige Werke. So kaufte er etwa mehreren Damen für je 500 Euro ihre Handtaschen ab und präsentierte deren Inhalt sorgfältig angeordnet in Glasvitrinen, darunter Lidschatten, eine frische Zahnbürste, schicke Handys, Einladungskarten zu einer Vernissage, ein halb voller Tablettenblister, ein paar Münzen oder Parfümflakons. Nach der Verleihung des
Hugo Boss-Preises im Jahr 2010 tapezierte er mit der Dotierung von 100.000 Dollar einfach einen Saal seiner Preisträger-Schau im New Yorker Guggenheim Museum.
Mit seinen hintersinnigen Arbeiten war Hans-Peter Feldmann bei zahlreichen Ausstellungen und in wichtigen Museen zugegen, darunter im Fotomuseum Winterthur, dem New Yorker Guggenheim Museum, der Kunsthalle zu Kiel, dem Museo Reina Sofía in Madrid, den Hamburger Deichtorhallen, der Malmö Konsthall, der Münchner Pinakothek der Moderne, der Kunsthalle Wien, 1972 und 1977 bei der Documenta in Kassel, 2003 bei der Biennale in Venedig oder 2007 bei den Skulptur Projekten in Münster. In Traueranzeigen der Frankfurter Allgemeinen Zeitung würdigten zahlreiche Weggefährten, darunter namhafte Künstler*innen, Kurator*innen, Museumsleute, Sammler*innen und Galerist*innen, Feldmann als „außergewöhnlichen Künstler und guten Freund“. „Seine besondere Persönlichkeit und sein künstlerischer Blick auf die Welt, in der wir leben, werden in seiner Kunst lebendig bleiben.“ |