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Marktberichte |
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Mit einer hohen Zuschlagsquote und einem Millionenwert platzierte das Dorotheum die Malerei des 19. Jahrhunderts erfolgreich am Markt  Östliche Vorlieben

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 |  | Osman Hamdi Bey, Ein Blick in den Spiegel | |
Schon im Oktober 2019 war ein Gemälde von Osman Hamdi Bey der Star bei den Neueren Meistern im Dorotheum: Seine „Dame turque de Constantinople“ von 1881 erwirtschaftete 1,5 Millionen Euro. Auch diesmal behauptete sich der 1842 in Istanbul geborene Maler an der Spitze der Auktion „Gemälde des 19. Jahrhunderts“. Und wieder war es das Bildnis einer jungen Frau, das den Höchstpreis des Tages generierte: Eine vornehm in Gelb gewandete Dame, die im Ankleidezimmer eines Palastes „Einen Blick in den Spiegel“ wirft, um sich für einen Spaziergang herauszuputzen. Solche Themen schätzt die Sammlerschaft bei Osman Hamdi Bey, der in Paris studierte, westliche und östliche Kunsttraditionen miteinander verband und daher als Begründer der modernen osmanisch-türkischen Malerei gilt. Den Auktionsrekord von 5,7 Millionen Pfund hält seit 2019 seine „Junge Frau beim Lesen“ von 1880 in einem feudalen Palastinterieur. Ganz so viel war es im Dorotheum nun nicht, aber mit einem Zuschlag von 1 Million Euro am unteren Schätzrand immer noch ein respektabler Wert.
Die Gesamtbilanz der Versteigerung vom 2. Mai spricht gleichfalls für einen robusten Markt bei interessanten Gemälden des 19. Jahrhunderts: Die Zuschlagsquote lag bereits nach der Auktion mit knapp 70 Prozent auf hohem Niveau und konnte sich mit dem Nachverkauf noch auf über Dreiviertel steigern, fünf weitere Werke platzierten sich im sechsstelligen Bereich, und nicht wenige Werke ließen die Herzen der Kunden höher schlagen, etwa Fausto Zonaros „Sonntagspromenade in Göksu“ im asiatischen Teil Istanbuls mit überraschend kleinteiliger Bebauung für 260.000 Euro (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). Der Italiener Zonaro, der ab 1891 in Istanbul lebte und sich für die Stadt und die Menschen begeisterte, hielt auch einen in sich versunkenen Derwisch des Rufai-Ordens fest, der dann von 24.000 Euro auf 62.000 Euro zulegte. Abgesehen von Rudolf Ernsts hochformatigem Bildnis eines bärtigen Arabers, das an 80.000 bis 120.000 Euro scheiterte, taten sich die übrigen Orientalisten leicht, darunter Giuseppe Signorini mit seinem feinen Aquarell zweier Orientalen beim „Gebet in der Moschee“ für 18.000 Euro (Taxe 10.000 bis 12.000 EUR), Ippolito Caffi mit seiner Ansicht des Hippodroms von Konstantinopel mit der Blauen Moschee und dem Obelisken des Theodosius für 24.000 Euro (Taxe 18.000 bis 22.000 EUR) oder Louis-Hector Leroux mit seiner historistischen Szene der byzantinischen Kaiserin Theodora, die mit ihrem weiblichen Hofstaat in ebendiesem Hippodrom ein Wagenrennen verfolgt, für 19.000 Euro (Taxe 10.000 bis 15.000 EUR).
Auch das meiste, was das Dorotheum mit Venedig-Bezug auffuhr, fand einen Abnehmer, gleich zu Beginn etwa Antonietta Brandeis’ kleine, heitere Ansicht des Palazzo Ducale mit der gar nicht so belebten Piazzetta für 14.000 Euro (taxe 6.000 bis 8.000 EUR). Diesem Postkartenmotiv frönte aus umgekehrter Blickrichtung zudem Giovanni Grubacs für taxkonforme 40.000 Euro, während Beppe Ciardi mit der Rialto-Brücke und einer Kinderschar davor ein weiteres Wahrzeichen Venedigs in impressionistischer Verve für gute 20.000 Euro verewigte (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Mit 120.000 bis 160.000 Euro waren die beiden vorwitzigen Venezianerinnen, die Eugen von Blaas auf eine Leiter steigen und über eine hohe Mauer blicken ließ, etwas zu niedrig angesetzt. Das rief mehrere Interessenten auf den Plan, die für die beiden „Neugierigen“ von 1897 letztendlich 400.000 Euro spendierten. Der Weiblichkeit huldigten ferner Federico Zandomeneghi mit einer nun 60.000 Euro teuren wohlhabenden Frau, die „Im Atelier des Künstlers“ ein Blatt aus einer Grafikmappe eingehend studiert (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR), und Vittorio Matteo Corcos mit zwei jungen Schönheiten, die mit ihrem „Gefiederten Freund“, einem Rotkehlchen, nun für 90.000 Euro einträchtig spielen (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Der Tscheche Karel Spillar dürfte sich für seine Urlaubsstimmung mehrerer vornehm gekleideter Damen am Strand über 22.000 Euro freuen (Taxe 4.000 bis 5.000 EUR).
Erst vor kurzem wurde ein Gemälde von Antonín Mánes aus der Prager Nationalgalerie an die Erben des ursprünglichen Besitzers restituiert. Trotz eines Sprungs in der Holztafel wurde seine unprätentiöse romantische Landschaft mit zentralem Baum und Bauernhäusern aus dem Jahr 1817 nun mit 38.000 Euro honoriert (Taxe 30.000 bis 35.000 EUR). Weitere Künstler aus osteuropäischen Ländern fanden regen Zuspruch, so der 1858 in Kiew geborene Konstantin Yakovlevich Kryzhitsky, der mit seiner Seenlandschaft im zweigeteiltem Licht eines Gewitterhimmels bei 34.000 Euro reüssierte (Taxe 20.000 bis 25.000 EUR), oder der aus Litauen stammende Isaak Ilych Levitan, der seine kleine Ölstudie mit einem alten zerfallenden Bauernhaus bei 32.000 Euro gut an den Käufer brachte (Taxe 18.000 bis 25.000 EUR). Zum gleichen Betrag ging es dann mit László Paál und seinem grauen Tag an einem Waldweg nach Ungarn (Taxe 12.000 bis 15.000 EUR), nach Weißrussland mit Grigory Gluckmann, der seinen ebenfalls in die USA ausgewanderten Freund, den Geiger Jascha Heifetz, als mystischen Maestro an der Geige für 8.000 Euro porträtierte (Taxe 4.000 bis 8.000 EUR). Höhepunkt der Osteuropa-Abteilung war eine Studie, die Jan Matejko zugeschrieben wird. In patriotischem Geist malte der Pole ab 1879 an seinem Hauptwerk „Preußische Huldigung“, die den Kniefall Albrechts von Preußen vor dem polnischen König Sigismund I. auf dem Marktplatz von Krakau am 10. April 1525 glorifiziert. Die Ölskizze für das Historiengemälde schoss von 8.000 Euro auf 230.000 Euro.
Aber auch die heimischen Malerinnen und Maler stießen in Wien auf Anklang, allen voran Friedrich Gauermann, der mit seinem idealisierten Almabtrieb in Altaussee mit Blick auf das Dachsteinmassiv um 1855 die obere Schätzpreisgrenze von 140.000 Euro erreichte. Adolf Chwala tat sich bei seiner Sicht auf den Mondsee mit der Drachenwand für 18.000 Euro genauso leicht (Taxe 12.000 bis 16.000 EUR) oder Marie Egner mit ihrer geschickt in Untersicht angelegten blühenden Alpenwiese in Tirol bei 36.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR). In die Bergwelt ging es zudem mit Karl Millners weidenden Kühen an einem Alpensee von 1861 für 24.000 Euro (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR) oder mit Edward Theodore Comptons hochalpinem Rausch „Glacier de Grand Croux, Cogne“ von 1909 aus dem Aostatal für 35.000 Euro (Taxe 15.000 bis 20.000 EUR). Englischer Herkunft war außerdem der 1823 in Prag geborene, in Linz und Wien zum Maler ausgebildete und recht reisefreudige Edward Young, der seinen „Festlichen Hochzeitszug“ mit verliebtem Brautpaar und ausgelassener Bleigleitschar in den Bergen um Salzburg spielen lässt und dafür nun mit dem Auktionsrekord von 45.000 Euro bedacht wurde (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR).
Die Genremalerei feierte auch mit einigen Italienern Erfolge, darunter mit Gaetano Chiericis ländlicher Bauernstube „Una partita a Briscola“ mit drei beschwingten Kindern beim Kartenspiel für 110.000 Euro (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR) und mit Vincenzo Capriles dagegen eher düsterer naturalistischer Marktszene aus Neapel für 40.000 Euro, in der eine junge Mutter an ihrem Stand ihr Kleinkind vor den Blicken eines Schafschlächters verbirgt (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Naturstimmungen aus dem Süden waren bei der Auktion nicht in so großer Zahl vertreten. Hier punkteten Karl Lindemann-Frommel mit seinem 1865 gefertigten sommerlichen Weitblick auf Capri von Massa aus bei 20.000 Euro (Taxe 7.000 bis 10.000 EUR) und Olga Wisinger-Florian mit ihrer Nahsicht auf den Goldfischteich aus dem Park des Erzherzogs Josef Karl Ludwig in Fiume im schwärmerischen Farbrausch bei 95.000 Euro (Taxe 30.000 bis 40.000 EUR). Den Schluss der Auktion krönte nach ihr noch Lea von Littrow, die die Erwartungen mit ihrer ausschnitthaften Meeresbrandung an zwei Felsen und der impressionistischen Terrasse „Am Strande von Lovrana“ bei 60.000 Euro und 55.000 Euro noch einmal deutlich übertraf.
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Dorotheum Dorotheergasse 17 AT-1010 Wien |
 | Telefon:+43 (01) 515 60 0 | Telefax:+43 (01) 515 60 443 |  |  | E-Mail: client.services@dorotheum.at |  | Startseite: www.dorotheum.com |
15.06.2023 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Werner Häußner |  |
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 Vincenzo Caprile,
Marktszene in Neapel |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 593 |  |  |  |  |  | 
 Lea von Littrow,
Meeresbrandung |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 697 |  |  |  |  |  | 
 Federico
Zandomeneghi, Im
Atelier des
Künstlers |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 60.000,- EURO Losnummer: 541 |  |  |  |  |  | 
 Giuseppe Signorini,
Gebet in der Moschee |  | Taxe: 10.000 - 12.000 EURO Zuschlag: 18.000,- EURO Losnummer: 535 |  |  |  |  |  | 
 Gaetano Chierici,
Una partita a
Briscola |  | Taxe: 50.000 - 70.000 EURO Zuschlag: 110.000,- EURO Losnummer: 522 |  |  |  |  |  | 
 Friedrich
Gauermann,
Almabtrieb in
Altaussee mit Blick
auf das
Dachsteinmassiv, um
1855 |  | Taxe: 90.000 - 140.000 EURO Zuschlag: 140.000,- EURO Losnummer: 558 |  |  |  |  |  | 
 Fausto Zonaro,
Sonntagspromenade
in Göksu |  | Taxe: 100.000 - 150.000 EURO Zuschlag: 260.000,- EURO Losnummer: 527 |  |  |  |  |  | 
 Giovanni Grubacs,
Venedig. Blick auf
den Molo mit der
Libreria und dem
Dogenpalast |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 40.000,- EURO Losnummer: 504 |  |  |  |  |  | 
 Olga
Wisinger-Florian,
Abendstimmung.
Motiv aus dem Parke S.
k. H Erzherzog Josef
in Fiume, wohl 1904 |  | Taxe: 30.000 - 40.000 EURO Zuschlag: 95.000,- EURO Losnummer: 696 |  |  |  |  |  | 
 Vittorio Matteo
Corcos, Ein
gefiederter Freund,
1889 |  | Taxe: 40.000 - 60.000 EURO Zuschlag: 90.000,- EURO Losnummer: 542 |  |  |  |  |  | 
 Marie Egner, Tirol.
Alpenwiesen |  | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Zuschlag: 36.000,- EURO Losnummer: 683 |  |  |  |  |  | 
 Eugen von Blaas, Die
Neugierigen, 1897 |  | Taxe: 120.000 - 160.000 EURO Zuschlag: 400.000,- EURO Losnummer: 523 |  |  |
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