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Marktberichte |
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Ein Jubiläum wie gewünscht: Rekordumsatz zur 500. Auktion bei Van Ham in Köln, ein teurer Picasso und mehrere Spitzenwerte  Frankreich-Hype in Deutschland

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 |  | Die Kunst des 20. und 21. Jahrhundert sorgte bei Van Ham für volle Kassen | |
Alles lief in der Modern Week auf Pablo Picasso hinaus. Mit dem „Buste de femme“ des großen Spaniers hatte das Kölner Auktionshaus Van Ham zu seiner 500. Versteigerung auch ein Coup gelandet: Kommt doch in Deutschland nicht alle Tage ein kapitales Picasso-Werk auf den Markt. Die Aufmerksamkeit in den Medien war daher schon im Vorfeld groß. So war es ein leichtes Spiel für Van Ham-Chef Markus Eisenbeis, Käufer für das Porträt von Picassos Muse und zweiter Ehefrau Jacqueline Roque aus dem Jahr 1971 zu animieren. Immerhin fünfzehn Interessenten aus aller Welt stritten sich an den Telefonen um die deformierte Gestalt aus zackigen Formen, versetzten Körperpartien von Nase und Augen sowie durch kräftige Pinselstriche voneinander abgetrennten Haarsträhnen und ließen die zurückhaltende Bewertung von 1,5 bis 2,5 Millionen Euro schnell hinter sich. Der Hammer fiel bei 3,4 Millionen Euro, dem bis dato höchsten Zuschlag für Van Ham. Siegreich war letztendlich ein Schweizer Sammler, der mit Aufgeld 4,35 Millionen Euro auf das Auktionspult hinblätterte.
Picassos „Buste de femme“, den Van Ham am 5. Juni an das Ende des „Evening Sale“ platziert hatte, stammte aus einer umfangreichen und bedeutenden deutschen Privatsammlung, die die 500. Auktion in der Firmengeschichte besonders schmückte. Unter den mehr als 600 Positionen dieses Nachlasses mit einem Gesamtvolumen von über 10 Millionen Euro, von denen Van Ham in einem ersten Schritt gut 80 aufrief, waren weitere museale Werke erfolgreich, etwa Serge Poliakoffs „Composition abstraite“ von 1957 mit zwei kompakten Farbblöcken in Rot und Gelborange bei 290.000 Euro (Taxe 200.000 bis 300.000 EUR), die noch von seiner zehn Jahre jüngeren, kleinteiligeren und bunteren Farbverzahnung übertroffen wurde und bei 550.000 Euro an einen Schweizer Händler ging (Taxe 250.000 bis 350.000 EUR). Das Frankophile dieser Sammlung stellten etwa noch Hans Hartungs frühes gestisch-expressives Gemälde „T1947-27“ von 1947 bei 550.000 Euro (Taxe 300.000 bis 500.000 EUR), Georges Mathieus schwarz-weiß-rote Farbexplosion „Attila a Torcello“ von 1961 für 160.000 Euro oder Auguste Herbins farbkräftige geometrische Abstraktion „Printemps“ von 1955 für 120.000 Euro heraus (Taxe 70.000 bis 100.000 EUR).
Auch der gegenständlichen Kunst war die deutsche Privatsammlung nicht abgeneigt und legte sich etwa Victor Brauners surrealistisches Fantasiewesen „Outil spirituel III“ von 1959 zu, das sich jetzt bei 200.000 Euro gut behauptete (Taxe 80.000 bis 120.000 EUR). Während sich die Kundschaft bei Jean Dubuffets wilder und aufwändig collagierter Gouache „La vie en ville“ von 1962 aus der „Hourloupe“-Serie mit puzzleartigen, an Menschen erinnernden Figurationen für 450.000 Euro zurückhaltender zeigte (Taxe 500.000 bis 700.000 EUR), verdoppelte sie den Wert von Robert Combas’ „Décapitation de Marie Stuart, Queen of Scots“, einer schrillen neoexpressviven Komposition der „Figuration Libre“ von 2000, auf 80.000 Euro und spendierte für Louise Bourgeois’ titellose stelenartige Bronze von 2005 mit einem Verwirrspiel der geschlechtlichen Zuordnung hohe 210.000 Euro (Taxe 100.000 bis 150.000 EUR). Aber auch deutsche Kunst beinhaltete die Sammlung, etwa Sigmar Polkes kontrastreiche schwarzweiße Punktraster-Arbeit von 1993 aus Werkreihe der „Stoffbilder“ für 155.000 Euro (Taxe 150.000 bis 200.000 EUR) oder Thomas Schüttes kleinen, grünbraun patinierten Bronzeakt „Frau I“ von 2007 für 70.000 Euro, der sich eben aus der mächtigen Basis herausschält (Taxe 60.000 bis 80.000 EUR).
Zurückhaltende Moderne
Kostenbewusster zeigten sich die Sammler bei der Moderne. Das großformatige Aktgemälde „Frau und Knabe“, mit dem Otto Mueller um 1922 wieder einmal die Einheit von Mensch und Natur beschwor, sollte nach Picasso ein weiteres Mal die Millionengrenze erklimmen. Doch bei einem Zuschlag von 800.000 Euro im Nachverkauf wurde daraus nichts. Sein Brücke-Kollege Erich Heckel scheiterte mit seinen „Badenden vor Bäumen“, eingefangen 1913 in bei Osterholz an der Flensburger Förde, an 600.000 bis 800.000 Euro. Hermann Max Pechstein ließ sich 1920 bei der „Unterhaltung“ von seiner Südseereise des Jahres 1914 inspirieren, malte zwei Frauen am Strand und einen Knaben samt Hund als Sinnbild eines trauten Paradieses und erwirtschaftete damit wenigstens 580.000 Euro (Taxe 600.000 bis 800.000 EUR). Dagegen schwang sich Marc Chagalls Traumvision „Le coq et les deux visages“ mit den beliebten Motiven von Liebespaar, Hahn und Blumenstrauß aus dem Jahr 1956 bis zur oberen Schätzung von 350.000 Euro auf.
In der Nachkriegsepoche ging es erst einmal ungegenständlich los. Emil Schumachers informelles Querformat „Gagaola“ von 1963, auf dem die Farben Rot, Weiß und Schwarz dick und pastos aufgetragen sind und rau aufplatzen, kam für taxgerechte 210.000 Euro ans Ziel. Eine Kunst jenseits des Malerischen etablierte der Holländer Jan Schoonhoven mit seinen minimalistischen weißen Raster-Reliefs. Seine zehn mal zehn weißen Quadratreihen „R73-22“ von 1973 mieden die untere Schätzgrenze von 250.000 Euro um 10.000 Euro. Auch ZERO-Künstler Günther Uecker gab sich bei seinem wirbelnden Nagelbild „Weißer Schrei“ von 1990 schon mit 380.000 Euro zufrieden (Taxe 400.000 bis 600.000 EUR), ebenso Howard Hodgkin bei seinem blau dominierten, den Rahmen einbezogenen Gemälde „Miami“ von 1996 mit 230.000 Euro (Taxe 250.000 bis 350.000 EUR). Tony Craggs kleine dynamische Bronzefigur „Runner“ von 2015 tendierte bei 145.000 Euro hingegen zur oberen Erwartung von 150.000 Euro.
Das Potential der Künstlerinnen
Mit Ausstellungen in Wien, St. Gallen oder bei der Biennale in Venedig ist Sheila Hicks auch im deutschsprachigen Raum derzeit in vieler Munde. Die bald 90jährige Altmeisterin der Textilkunst schaffte mit ihrer kreisförmigen „Soft Stone Fiber Sculpture Orange“ von 2015, auf der sich rote, weiße und gelbe Fäden über teils gefärbter, teils naturbelassener Wolle netzartig spannen, bei 50.000 Euro einen deutschen Spitzenwert (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Den heimste ebenso Miriam Cahn mit ihrer dystopischen Farblandschaft „Mit Gepäck rennen“ aus dem Jahr 2006 samt angsterfüllter, rot glühender menschlicher Gestalt bei 160.000 Euro ein (Taxe 90.000 bis 130.000 EUR). Einen internationalen Auktionsrekord gab es für Ursula Schultze-Bluhm, deren Schaffen das Kölner Museum Ludwig heuer mit einer Ausstellung würdigte, und ihr vielfiguriges skurriles Gemälde „Eine feine Gesellschaft“ von 1997 bei 50.000 Euro (Taxe 25.000 bis 35.000 EUR).
Schon mit dem „Evening Sale“ fuhr Van Ham einen Umsatz von 15,5 Millionen Euro ein. Mit den Tagesauktionen vom 6. Juni steigerte sich dieser Wert noch einmal auf gut 22 Millionen Euro. Damit ist die 500. Auktion die erfolgreichste des Hauses. Bei der Moderne weckten Johannes Molzahn mit seiner marktfrischen, musikalisch inspirierten Abstraktion „Fernes Klingen“ von 1919 bei 85.000 Euro (Taxe 35.000 bis 50.000 EUR) und wiederum Auguste Herbin mit seiner frei schwingenden, farbintensiven Formfindung von 1928 bei 105.000 Euro einige Aufmerksamkeit (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Bei guten Ergebnissen über den Schätzungen gesellte sich Gerd Arntz mit den beiden farbig gefassten Druckstöcken seiner Holzschnitte „Feierabend“ für 43.000 Euro und „Mittag vor der Fabrik“ für 30.000 Euro hinzu. Auch die Skulptur fand ihre Anhänger, darunter Georg Kolbe mit der frontalen Portraitbüste seiner Frau Benjamine von 1915 bei 55.000 Euro (Taxe 20.000 bis 30.000 EUR) und der Luxemburger Auguste Trémont mit seiner Antilope aus dem 1930er Jahren bei 19.000 Euro (Taxe 6.000 bis 8.000 EUR).
In der Abteilung „Post War“ stiegen die Preise dann bis auf 110.000 Euro für Jean-Michel Atlans typisches spätes Gemälde mit kräftigen schwarzen Linien, die Farbflächen umschließen (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR), gefolgt von 100.000 Euro für Andy Warhols großen Elefanten aus der Grafikserie „Endangered Species“ von 1983 (Taxe 70.000 bis 90.000 EUR) und Louise Bourgeois’ zweiteiliger Arbeit „The Endless Loop“, in der sie sich 2008 mit Zeichnung und Stoffassemblage der dem Thema der Familie näherte (Taxe 50.000 bis 70.000 EUR). Donald Judds sechsteiliges Holzschnittportfolio mit minimalistischen Variationen zum Thema Rechteck legte von 40.000 Euro auf 85.000 Euro zu, Gotthard Graubners Farbraumkörper mit dem treffenden Titel „Moosiges“ aus dem Jahr 2007 von 30.000 Euro auf 70.000 Euro.
Nicht ganz so hoch lagen die Zuschläge im Auktionsteil „Contemporary“, stellten dafür einige Rekorde auf, so für Andreas Schulze. Seine bunte Kugelanordnung einer liegenden Acht als Symbol der Unendlichkeit von 1981 steht nun bei 75.000 Euro an der Spitze seines Auktionsranking (Taxe 40.000 bis 60.000 EUR). Auch seine stilisierte Interieur-Landschaft „Teneriffa“ von 2000 ließ sich mit einer Bewertung von 55.000 Euro nicht lumpen (Taxe 30.000 bis 50.000 EUR). Auf das Siegerpodest kletterten noch Henriette Grahnert mit ihrem humorvollen Streifenmenschen „Striped fool“ von 2013 bei 9.000 Euro (Taxe 5.000 bis 7.000 EUR) und die Koreanerin Kimsooja mit ihrem runden, verschnürten Wäschebündel „Bottari“ aus gebrauchten Bettbezügen und Kleidern bei 22.000 Euro (Taxe 22.000 bis 30.000 EUR).
Die Einzelergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Van Ham Kunstauktionen Hitzelerstraße 2 DE-50968 Köln |
 | Telefon:+49 (0221) 925 86 20 | Telefax:+49 (0221) 925 86 24 |  |  | E-Mail: info@van-ham.com |  | Startseite: www.van-ham.com |
21.08.2023 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Werner Häußner |  |
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 Pablo Picasso, Buste
de femme, 1971 |  | Taxe: 1.500.000 - 2.500.000 EURO Zuschlag: 3.400.000,- EURO Losnummer: 54 |  |  |  |  |  | 
 Günther Uecker,
Weißer Schrei, 1990 |  | Taxe: 400.000 - 600.000 EURO Zuschlag: 380.000,- EURO Losnummer: 7 |  |  |  |  |  | 
 Louise Bourgeois,
Ohne Titel, 2005 |  | Taxe: 100.000 - 150.000 EURO Zuschlag: 210.000,- EURO Losnummer: 53 |  |  |  |  |  | 
 Ursula, Ursula, Eine
feine Gesellschaft,
1997 |  | Taxe: 25.000 - 35.000 EURO Zuschlag: 50.000,- EURO Losnummer: 45 |  |  |  |  |  | 
 Victor Brauner,
Outil Spirituel III,
1959 |  | Taxe: 80.000 - 120.000 EURO Zuschlag: 200.000,- EURO Losnummer: 10 |  |  |  |  |  | 
 Hermann Max
Pechstein,
Unterhaltung, 1920 |  | Taxe: 600.000 - 800.000 EURO Zuschlag: 580.000,- EURO Losnummer: 23 |  |  |  |  |  | 
 Serge Poliakoff,
Composition
abstraite, 1957 |  | Taxe: 200.000 - 300.000 EURO Zuschlag: 290.000,- EURO Losnummer: 35 |  |  |  |  |  | 
 Serge Poliakoff,
Composition
abstraite, 1967 |  | Taxe: 250.000 - 350.000 EURO Zuschlag: 550.000,- EURO Losnummer: 27 |  |  |  |  |  | 
 Marc Chagall, Le coq
et les deux visages,
1956 |  | Taxe: 250.000 - 350.000 EURO Zuschlag: 350.000,- EURO Losnummer: 25 |  |  |  |  |  | 
 Otto Mueller, Frau
und Knabe (Mädchen
und Knabe am
Waldteich, Nach dem
Bade), um 1922 |  | Taxe: 1.000.000 - 1.800.000 EURO Zuschlag: 800.000,- EURO Losnummer: 12 |  |  |  |  |  | 
 Hans Hartung,
T1947-27, 1947 |  | Taxe: 300.000 - 500.000 EURO Zuschlag: 550.000,- EURO Losnummer: 29 |  |  |  |  |  | 
 Jean Dubuffet, La vie
en ville, 1962 |  | Taxe: 500.000 - 700.000 EURO Zuschlag: 450.000,- EURO Losnummer: 34 |  |  |  |  |  | 
 Miriam Cahn, Mit
Gepäck rennen, 2006 |  | Taxe: 90.000 - 130.000 EURO Zuschlag: 160.000,- EURO Losnummer: 43 |  |  |
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