|
 | 
 |
Marktberichte |
|
Der große Auftritt der Alten Meister bei Koller fiel aus. Die Preise für die Spitzenstücke der Züricher Auktion waren zu unattraktiv, um Käufer anzulocken. Die bedienten sich lieber bei den günstig taxierten Werken und der Kunst des 19. Jahrhunderts  Kein rechter Appetit

|
 |  | Ivan Konstantinovich Ajvazovskij, Venedig. Blick auf San Giorgio Maggiore mit Gondel, 1851 | |
Vielleicht war das Feuer schon etwas am Erlöschen, als am letzten Tag der Auktionsrunde bei Koller die Alte Kunst auf dem Programm stand. Denn keines der fünf Highlights bei den Alten Meistern, die 100.000 Franken oder mehr bringen sollten, fand einen Käufer, und auch das Toplos des 19. Jahrhunderts musste sich bescheiden. So fiel der Hammer für Ivan Konstantinovich Ajvazovskijs Blick über die stille Wasserfläche der venezianischen Lagune auf die Klosterinsel San Giorgio Maggiore, vor die er 1851 ein traumverlorenes Liebespaar in einer Gondel unter einem roten Himmel positionierte, schon bei 850.000 Franken. Dabei hätten es für die seltsam entrückte sphärische Szene 1 bis 1,5 Millionen Franken sein sollen. Damit hat der private Einlieferer kein gutes Geschäft gemacht; hatte er doch schon 2012 im Londoner Auktionshaus MacDougall’s für das Gemälde etwas über 1 Million Pfund brutto hingeblättert.
Bei den Alten Meistern war die Zurückhaltung der Sammler noch größer. Der Höhepunkt des Tages sollte eine figurenreiche „Anbetung der Heiligen Drei Könige“ von Pieter Breughel d.J. werden. Doch für den großen Hofstaat und die zahlreichen Schaulustigen mit karikaturistisch anmutenden Gesichtszügen, die sich um den ärmlichen Stall drängen, waren 2 bis 3 Millionen Franken zu hoch angesetzt. Im Vergleich dazu hatte die auf die Jahre vor 1616 datierte Holztafel bei ihrem letzten Auktionsauftritt 2009 bei Sotheby’s in New York nur 700.000 US-Dollar netto eingespielt. Auch die hoch taxierten Stillleben waren keine Appetitanreger. So entpuppten sich Jan Davidsz de Heems Komposition aus Obstschale, angebissenem Brot, Austern und geschälter Zitrone von 1647 (Taxe 300.000 bis 400.000 SFR), Pieter Claesz’„Monochromes Banketje“ mit Römerglas, umgestürztem Berkemeyer, Brot, Oliven, Messer und Austern samt Pfeffer und Salz auf einem Zinnteller (Taxe 200.000 bis 250.000 SFR) und Pieter de Rings Arrangement aus Obst, Garnelen und einem Römer als Ladenhüter (Taxe 100.000 bis 150.000 SFR).
Alte Meister
Über 85.000 Franken ging es daher bei den Gemälden Alter Meister nicht hinaus. Die erwirtschaftete mit einiger Mühe ein Flügelaltar eines Antwerpener Manieristen mit der „Anbetung der Könige“, der „Geburt Christi“ und der „Flucht nach Ägypten“, der auf mindestens 90.000 Franken geschätzt war. Dabei fiel die Abnahmequote am 22. September gar nicht mal schlecht aus. Immerhin Zweidrittel der Gemälde bis 1800 gingen in neuen Besitz über, für die gesamte Auktion lag die losbezogene Zuschlagsrate mit rund 70 Prozent sogar noch etwas höher. Doch die Kunden waren wählerisch und hielten sich meist an die günstig bewerteten Werke. So mussten auch Abel Grimmers kleiner Tondo von 1611 mit einer vergnügten Gesellschaft vor einem See samt Wasserschloss als Allegorie des Sommers (Taxe 60.000 bis 80.000 SFR) und Nicolaes Berchems italianisante Landschaft mit Hirten beim Sonnenuntergang an einer Ruine ins Depot zurück (Taxe 100.000 bis 150.000 SFR).
Von den vier Gemälden Jan van Goyens ging seine weite holländische „Flusslandschaft mit Fischerbooten“ und tiefem Horizont von 1655 mit dem höchsten Wert von 60.000 Franken, aber dennoch untertourig weg (Taxe 70.000 bis 100.000 SFR). Diesen Betrag und damit die untere Schätzung gab es zudem für Adriaen van Stalbemts Winterlandschaft mit Eisläufern auf dem zugefrorenen Fluss eines flämischen Dorfs um 1610/20. Ein Kollege des Antwerpener Malers hatte rund fünfzehn Jahre zuvor eine „Versuchung des heiligen Antonius“ mit etlichen dämonischen Wesen effektvoll inszeniert. Hierfür gab es bei Koller ausreichend Interessenten, die den Wert von 40.000 Franken auf 82.000 Franken hochschraubten. Eine sinnbildliche Darstellung des Kampfes um Europa, die Jan Breughel d.J. am Ende des Dreißigjähriges Kriegs um 1648 zugeschrieben wird, platzierte sich bei 30.000 in der Mitte der Taxgrenzen, ebenso wie Bonaventura Peeters d.Ä. seine Segelschiffe auf bewegtem Wellenspiel von 1631 und wie Adriaen Pietersz van de Venne seine Folge von vier weiblichen Allegorien auf die menschlichen Sinne. Abraham van den Hecken gab seinen Gelehrten in einem Interieur mit Globus, Foliant und einem prominent drapierten Orientteppich erst bei 16.000 Franken ab (Taxe 8.000 bis 12.000 SFR).
Auch einige spätmittelalterliche deutsche Altartafeln standen in der Gunst der Bieter, etwa der nun 20.000 Franken teure, von einem fränkischen Meister um 1515 beidseitig mit einer Verkündigung an Maria und einer Ölbergszene bemalte Flügel eines Retabels, das früher einmal in der Pfarrkirche St. Martin in Gemmingen bei Heilbronn stand (Taxe 8.000 bis 12.000 SFR). Drei Szenen aus der Legende der heiligen Cordula, die wohl in einer Kölner Werkstatt um 1490/1500 noch in traditionelleren gotischen Formen entstanden, ließen sich ebenfalls gut an und verfünffachten ihren Wert auf 53.000 Franken. Zum Ende der Abteilung gab es weitere schöne Ergebnisse. So verzeichnete Joseph Werner d.J. für seine kleine Kupfertafel „Apollo und die Kumäische Sibylle“ aus einem Zyklus mit Motiven nach Ovids „Metamorphosen“ 34.000 Franken (Taxe 30.000 bis 50.000 SFR), und eine Venedig-Vedute von der Biblioteca Marciana über den Canal Grande auf Santa Maria della Salute aus dem Umkreis Apollonio Domenichinis wurde mit 50.000 Franken honoriert (Taxe 15.000 bis 20.000 SFR).
Neuere Meister
Der armenisch-russische Maler Ivan Konstantinovich Ajvazovskij sorgte bei der Kunst des 19. Jahrhunderts für einen weiteren sechsstelligen Zuschlagspreis. Seine „Weite Landschaft mit Ochsenkarren“ von 1858 aus der abendlichen Steppe seiner Heimat Krim, die erst vor kurzem in einer Privatsammlung entdeckt wurde, erreichte die untere Bewertung von 200.000 Franken. Dahinter folgte bei 73.000 Franken Franz Richard Unterbergers impressionistische Uferpromenade nahe bei den Giardini in Venedig mit frohgemuten Flaneuren zur Mittagszeit (Taxe 50.000 bis 70.000 SFR). Während Ludwig Mecklenburgs nächtliche Vedute der Piazzetta San Marco mit den hoch aufragenden Säulen der venezianischen Stadtheiligen Markus und Theodorus von 1852 bei 20.000 bis 30.000 Franken niemand haben wollte, schipperten Félix Ziems Gondeln und Segelboote vor San Giorgio Maggiore ruhig, aber zielbewusst von 4.000 Franken auf 13.000 Franken. Auch der Tiermaler Alexander Koester war erfolgreich und erzielte für seine zehn Enten in impressionistischem mildem Sonnenspiel 50.000 Franken (Taxe 35.000 bis 45.000 SFR).
Landschaftliches dominierte zahlenmäßig bei den Neueren Meistern, darunter Jean-Baptiste Camille Corots stimmungsvolles „Souvenir d’Italie. Plaines vallonnées avec un village lointain“ von 1840 für 60.000 Franken (Taxe 80.000 bis 100.000 SFR) oder Gustave Courbets Nahsicht auf das berühmte Château de Chillon am Genfersee für 50.000 Franken (Taxe 40.000 bis 60.000 SFR). Das Abendrot und die ländliche Ruhe sind die Themen in Christian Morgensterns romantischer nordischer Landschaft von 1846 mit einsamem Menschenpaar vor einem Bauernhaus, die bei 24.000 Franken überzeugte (Taxe 20.000 bis 30.000 SFR). Diverse polnische Maler des 19. Jahrhunderts waren auf wilde Schlittenfahrten in verschneiten Gegenden abonniert, so auch der 1852/52 geborene Bohdan Kleczynski, der seinen Vierspänner mit dick eingepacktem Ehepaar durch den kalten Winterabend schickt und dafür nun 20.000 Franken einnahm (Taxe 10.000 bis 15.000 SFR).
Zeichnungen und Druckgrafik
Zum Spitzenreiter bei den Arbeiten auf Papier mutierte eine fast vollständige Ausgabe von Francisco de Goyas 1815/16 erstmals veröffentlichter „Tauromaquia“. Die vierte Edition von 1905 mit 36 von insgesamt 40 Radierungen der Stierkampfszenen kletterte von 12.000 Franken auf 26.000 Franken. Wie schon in den vergangenen Auktionen bei Koller war die Abnahmequote der Druckgrafik wieder besonders hoch; sie lag diesmal bei 78,5 Prozent. Die bekannten Großmeister der Grafik konnten sich beim Publikum durchsetzen: Albrecht Dürer mit seinem Holzschnitt „Mariens Tempelgang“ als gleichmäßigem frühem Probedruck zur Folge „Das Marienleben“ von 1504/05 bei 6.500 Franken (Taxe 3.000 bis 4.000 SFR) und Rembrandt mit der realitätsnahen biblischen Szene „Christus lehrend“ um 1657, die auch als „La petite Tombe“ bekannt ist, bei 9.500 Franken (Taxe 6.000 bis 8.000 SFR).
Einen weiteren Überraschungssieger gab es mit Anton Henstenburgh, der im 18. Jahrhundert sein Studienblatt mit Käfern und anderen Insekten in Aquarell und Gouache auf Pergament noch recht altmeisterlich exakt ausführte. Doch genau das gefiel den Sammlern, die dafür letztendlich 23.000 Franken spendierten (Taxe 5.000 bis 7.000 SFR). Dahinter platzierten sich bei den alten Zeichnungen Francesco Guardis fantastisches Capriccio mit Ruinen und Figurenstaffage 18.000 Franken (Taxe 20.000 bis 30.000 SFR) und Giovanni Francesco Barbieris Rötelstudie zu einem Knaben mit Weinglas und Karaffe bei 15.000 Franken (Taxe 5.000 bis 7.000 SFR). Unbeachtet blieb ebenfalls nicht das charmante Portrait eines Knaben mit Ziegenbock, das laut Signatur dem Haarlemer Kupferstecher Cornelis Visscher zugeschrieben wird. Die schwarze Kreidezeichnung von 1652 verbesserte sich von 1.000 Franken auf 8.000 Franken.
Gefragt war zudem ein seltenes Werk Johann Heinrich Füsslis mit erotischem Inhalt; denn seine Witwe verbrannte nach Füsslis Tod fast alle obszönen Zeichnungen, die noch im Atelier des Künstlers lagerten. Die nackte gespenstische Männergestalt, die um 1814 an einem Tisch vor einer Frau bei Kerzenschein auftaucht, überlebte und reüssierte jetzt bei 19.000 Franken (Taxe 14.000 bis 18.000 SFR). Albert Ankers Realismus fand gleichfalls einige Liebhaber, die für ein kleines Mädchen am Tisch, das mit großen Augen aufschaut, 3.500 Franken bewilligten (Taxe 2.000 bis 3.000 SFR). Marin-Marie, der mit bürgerlichem Namen Marin Marie Paul Emmanuel Durand Couppel de Saint-Front hieß, war seit 1935 einer von höchstens 40 offiziellen Malern der französischen Marine und ist bei seinen Landsleuten immer noch geschätzt. Das schlug sich nun in 16.000 Franken für seine Gouache mit ruhig vor der Küste liegenden Segelschiffen und Booten nieder (Taxe 10.000 bis 15.000 SFR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |  | Kontakt: Koller Auktionen Hardturmstrasse 102 CH-8031 Zürich |
 | Telefon:+41 (044) 445 63 63 | Telefax:+41 (044) 273 19 66 |  |  | E-Mail: office@kollerauktionen.ch |  | Startseite: www.kollerauktionen.com |
06.10.2023 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
 |
|
| | 

 |  |  |  |  | 
 Jan van Goyen,
Flusslandschaft mit
Fischerbooten, 1655 |  | Taxe: 70.000 - 100.000 SFR Zuschlag: 60.000,- SFR Losnummer: 3040 |  |  |  |  |  | 
 Jean-Baptiste
Camille Corot,
Souvenir d’Italie.
Plaines vallonnées
avec un village
lointain, 1840 |  | Taxe: 80.000 - 100.000 SFR Zuschlag: 60.000,- SFR Losnummer: 3212 |  |  |  |  |  | 
 Antwerpen,
Antwerpener
Meister,
Flügelaltar mit der
Anbetung der
Heiligen Drei
Könige, der Geburt
Christi und der
Flucht nach Ägypten |  | Taxe: 90.000 - 120.000 SFR Zuschlag: 85.000,- SFR Losnummer: 3012 |  |  |  |  |  | 
 Christian
Morgenstern,
Nordische
Landschaft im
Abendrot, 1846 |  | Taxe: 20.000 - 30.000 SFR Zuschlag: 24.000,- SFR Losnummer: 3216 |  |  |  |  |  | 
 Adriaen van
Stalbemt,
Winterlandschaft
mit Eisläufern, um
1610/20 |  | Taxe: 60.000 - 80.000 SFR Zuschlag: 60.000,- SFR Losnummer: 3027 |  |  |  |  |  | 
 Franz Richard
Unterberger,
Venezia. Il Molo |  | Taxe: 50.000 - 70.000 SFR Zuschlag: 73.000,- SFR Losnummer: 3206 |  |  |  |  |  | 
 Giovanni Francesco
Barbieri, genannt Il
Guercino, Studie zu
einem Knaben mit
Weinglas und Karaffe |  | Taxe: 5.000 - 7.000 SFR Zuschlag: 15.000,- SFR Losnummer: 3410 |  |  |  |  |  | 
 Bonaventura Peeters
d.Ä., Marine, 1631 |  | Taxe: 25.000 - 35.000 SFR Zuschlag: 30.000,- SFR Losnummer: 3039 |  |  |  |  |  | 
 Ivan
Konstantinovich
Ajvazovskij, Weite
Landschaft mit
Ochsenkarren, 1858 |  | Taxe: 200.000 - 300.000 SFR Zuschlag: 200.000,- SFR Losnummer: 3215 |  |  |  |  |  | 
 Joseph Werner d.J.,
Apollo und die
Kumäische Sibylle |  | Taxe: 30.000 - 50.000 SFR Zuschlag: 34.000,- SFR Losnummer: 3062 |  |  |  |  |  | 
 Francesco Guardi,
Capriccio.
Fantasievedute mit
Ruinen klassischer
Architektur und
Figurenstaffage |  | Taxe: 20.000 - 30.000 SFR Zuschlag: 18.000,- SFR Losnummer: 3411 |  |  |  |  |  | 
 Anton Henstenburgh,
Zeven uitheemse
Insecten |  | Taxe: 5.000 - 7.000 SFR Zuschlag: 23.000,- SFR Losnummer: 3424 |  |  |
|

 |
 |