Trauer um Harald Falckenberg  |  | Der Hamburger Sammler Harald Falckenberg ist gestorben | |
Harald Falckenberg ist tot. Der Sammler starb gestern in Hamburg kurz nach seinem 80. Geburtstag. Das teilten die Deichtorhallen Hamburg mit, denen seit 2011 die Sammlung Falckenberg angegliedert ist. „Mit Harald Falckenberg hat uns ein großer Impulsgeber der zeitgenössischen Kunst verlassen, der als Förderer, Sammler und Kurator, Verleger und Autor, Lehrender und gesuchter Ratgeber die zeitgenössische Kunstwelt weit über die Hamburger Grenzen hinaus entscheidend prägte“, ließen die Deichtorhallen mitteilen. Deren Intendant Dirk Luckow ergänzte: „Wir haben einen großen und großzügigen Freund der Kunst verloren, dessen Schaffen in der Kunstwelt mit seiner Losung ‚Ziviler Ungehorsam‘ uns im Gedächtnis bleiben wird. Harald Falckenberg lebte und stritt intensiv, liebte die Diskussion und den Diskurs und suchte stets eine geistige Herausforderung. Er sammelte oft widerspenstige Kunst, die unsere Vorstellungen von ihr schärfte und tiefen Einfluss auf den internationalen Kunstdiskurs nahm. Seine Großzügigkeit und leidenschaftliche Begeisterung waren mitreißend, und er war eine prägende Figur für das Kulturleben in Hamburg und darüber hinaus.“
Der Jurist und erfolgreiche Unternehmer kam am 5. Oktober 1943 in Hamburg zur Welt. Erst Mitte der 1990er Jahre begann Harald Falckenberg mit dem Aufbau seiner umfassenden Kunstsammlung, die sich auf europäische und amerikanische Positionen seit den 1960er Jahren und vor allem auf die Counter Culture konzentriert, die nach dem Zweiten Weltkrieg als Aufstand gegen die Eliten und das Kunstestablishment entstanden ist. Heute umfasst sie mehr als 2.400 Werke von 500 Künstler*innen und wird von dem einflussreichen New Yorker Magazin Artnews zu den besten 200 Sammlungen der Welt gezählt. Für seine Sammeltätigkeit erhielt er im Jahr 2009 den Art Cologne-Preis, 2011 den Montblanc de la Culture Arts Patronage Award oder 2013 den Award des amerikanischen Kritikerverbands AICA.
Falckenberg setzte seine Akzente bei Querdenker*innen und Außenseiter*innen des Kunstbetriebs, die mit subversiven, oft ironischen bis hin zu sarkastisch-zynischen Betrachtungsweisen die traditionellen Vorstellungen einer Repräsentationskunst des Guten, Wahren und Schönen unterlaufen. Ein früher Sammlungsschwerpunkt bilden Arbeiten der späten 1970er und 1980er Jahre mit Künstler*innen wie Werner Büttner, Martin Kippenberger, Jürgen Klauke, Astrid Klein, Albert Oehlen und Franz West, denen Werke US-amerikanischer Künstler derselben Generation wie Vito Acconci, John Baldessari, Paul McCarthy und Richard Prince gegenübergestellt sind. In einem Schritt zurück ergänzte Falckenberg diese Positionen durch Arbeiten der vorangegangenen Generation progressiver internationaler Kunstschaffender wie Hanne Darboven, Öyvind Fahlström, Dieter Roth und Paul Thek.
Mit Arbeiten von Monica Bonvicini, Andrea Fraser, Christian Jankowski, Sarah Lucas, Raymond Pettibon, Jason Rhoades, Daniel Richter, Christoph Schlingensief, Santiago Sierra und Andreas Slominski vermittelt die Sammlung einen profunden Überblick über die deutschen und ausländischen Vertreter der Gegenkultur der 1980er und 1990er Jahre. Ein weiterer Schwerpunkt liegt im Bereich der Fotografie, unter anderem mit Werken von Lewis Baltz, Victor Burgin, Sophie Calle, Larry Clark, William Eggleston, Valie Export, Lee Friedlander, Martha Rosler, Martin Parr oder Wolfgang Tillmans. Auch für raumgreifende Installationen der Multimedia Art interessierte sich Falckenberg und legte sich Arbeiten von John Bock, Thomas Hirschhorn, Mike Kelley, Jon Kessler, Jonathan Meese, Anna Oppermann und Gregor Schneider zu.
Nach Jahren freundschaftlicher Verbundenheit zwischen den Deichtorhallen und Harald Falckenberg wurde im Oktober 2010 ein Kooperationsvertrag zwischen der Hansestadt Hamburg und dem Sammler geschlossen. Seitdem steht die Sammlung Falckenberg einschließlich der über 6.000 Quadratmeter großen Ausstellungsräume der Phoenix-Halle in Hamburg-Harburg den Deichtorhallen als Dauerleihgabe zur Verfügung, die auch die kuratorische und organisatorische Betreuung der Sammlung übernahmen. Im vergangenen Jahr wurde der Leihvertrag bis Ende 2032 verlängert. |