Bonn ehrt Günter Fruhtrunk zum 100. Geburtstag  |  | Günter Fruhtrunk, Vektoren, 1969/70 | |
Am 1. Mai 2023 hätte Günter Fruhtrunk sein 100. Lebensjahr vollendet. Den runden Geburtstag nimmt nun das Kunstmuseum Bonn zum Anlass für eine Retrospektive und ehrt den Maler und Grafiker, der am 12. Dezember 1982 in seinem Atelier in der Münchner Kunstakademie durch die Einnahme giftiger Farbe seinem Leben ein Ende setzte. Dazu hat Kurator und Museumsdirektor Stephan Berg einen kompakten Rundgang mit 64 Gemälden organisiert, die sich chronologisch um einen Mittelsaal verteilen, in dem bündig ein Überblick über Fruhtrunks gesamtes Schaffen vorangestellt ist. Drumherum entspannt sich das Œuvre in den wesentlichen Abschnitten seiner künstlerischen Entwicklung.
Der durch farbintensive Streifenbilder bekannt gewordene Konstruktivist studierte in München zunächst Architektur. Während des über zweijährigen Kriegseinsatzes erlitt Günter Fruhtrunk schwere Verwundungen, die ihn zeitlebens mitnahmen. Nach 1945 wandte er sich der bildenden Kunst zu, zunächst als Privatschüler von William Straube, einem Schüler Adolf Hölzels. Zu Beginn 1950er Jahre bildete er sich in den Ateliers von Fernand Léger und Hans Arp in Paris weiter und zog 1954 ganz in die französische Hauptstadt, wo er bis 1967 lebte. Nach einer Zeit als Privatlehrer an der Akademie der Bildenden Künste München wurde er 1970 dort zum ordentlichen Professor berufen.
Der Rundgang im Kunstmuseum Bonn setzt mit kleinformatigen Bildern aus den Jahren um 1952 ein, für die Günter Fruhtrunk noch Ölfarben verwendete. Sie zeigen biomorphe Formen mit ineinander verschlungenen Teilen, wobei Fruhtrunk eine materielle Dichte durch Einstreuung von Kies intendierte. Zunächst noch dunkel abgetönt, hellt sich im Laufe der Jahre das Kolorit in Verbindung mit einer völligen Negierung von Pinselstrichen auf. Inspiriert von Robert Delaunay heben dann leicht spielerische Elemente die Kompaktheit der Kompositionen auf, bis Fruhtrunk zu Balken und Bahnen unterschiedlicher Breite und Farbigkeit übergeht. Subtil andersfarbige Assistenzstreifen erzeugen Rotationen und Vibrationen. Unverhoffte Fallstricke und Überraschungen führen nie zu definitiven Zuständen.
Rhythmus und Komposition spielen in der Folge die dominierende Rolle. Haupt- und Assistenzmelodien bestimmen die vielen Bahnen, in die Fruhtrunk immer wieder Störungen einbaute. In den 1970er Jahren gelangte der Maler dann von Streifenstrukturen zu Feldern und Flächen mit der Folge einer hohen Präsenz der Farbe. Neben dem blau-weißen Diagonalmuster der Plastiktüte für Aldi-Nord von 1970 oder dem streifigen Rosenthal-Jahresteller von 1974 werden in Vitrinen anhand von Dokumenten einige Kunstwerke vorgestellt, die Fruhtrunk im öffentlichen Raum an Bauten realisierte. Den Schlusspunkt bildet sein letztes, 1982 entstandenes Gemälde mit dem Titel „Orpheus“. Graue diagonale Streifen gehen ins absolute Schwarz über, das Licht ist nun ausgegangen.
Die Ausstellung „Günter Fruhtrunk. Retrospektive 1952-1982“ läuft vom 16. November bis zum 10. März 2024. Das Kunstmuseum Bonn hat täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, mittwochs bis 21 Uhr geöffnet. Geschlossen bliebt an Heiligabend, 1. Weihnachtsfeiertag und Silvester. Der Eintritt beträgt 7 Euro, ermäßigt 3,50 Euro. Zur Ausstellung ist im Wienand Verlag ein Katalog erschienen, der im Museum 25 Euro kostet.
Kunstmuseum Bonn
Helmut-Kohl-Allee 2
D-53113 Bonn
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