Beutekunst: Neumeister versteigert Corinth-Gemälde  |  | Lovis Corinth, Liegender weiblicher Akt, 1915 | |
Im Münchner Auktionshaus Neumeister steht Anfang Dezember ein markantes Werk des deutschen Impressionisten Lovis Corinth zum Verkauf. Es ist ein großer Glücksfall, denn für dieses Toplos mussten vier Dinge zusammenkommen: Ein restitutionswilliger Eigentümer, kunstsinnige Erben, ein erfahrenes Auktionshaus und ein Bravourstück deutscher Malerei des frühen 20. Jahrhunderts. Corinths „Liegender weiblicher Akt“ von 1915 besticht durch seine verführerische Ausdruckskraft, seinen stürmischen Pinselstrich und seinen meisterhaften Bildaufbau. Den Blick fest auf ihre Betrachter*innen gerichtet, rekelt sich die blonde Frau auf ihrem Lager. Die Hüfte aufgerichtet, greift ihr vorderer Arm zu ihrem Knie. Blick und Pose sind eindeutig. Von Narration keine Spur. Es geht um das Sehen, die Fleisches- wie die Augenlust. Wer sich diesem Spiel der Blicke nicht länger entziehen will, wird bei Neumeister am 7. Dezember 150.000 bis 200.000 Euro berappen müssen.
Einst zierte Corinths Arbeit die Sammlung von Oskar Skaller, der aufgrund seines jüdischen Glaubens 1939 von Berlin nach Südafrika emigrierte. Bevor Skaller quasi mittellos Deutschland verlassen konnte, musste er sich aus seinen Firmen zurückziehen, Sicherheitsleistungen für die Reichsfluchtsteuer zahlen und die neu eingeführte Judenvermögensabgabe leisten, bevor er gar für einige Zeit inhaftiert wurde. Im Zuge seiner Verfolgung sah sich Skaller gezwungen, seine Sammlung zu veräußern. Besonders brisant ist dabei das Schicksaal des „Liegenden Akts“, der 1942 gezielt vom deutschen Sammler Conrad Doebbeke angekauft wurde. Doebbeke war einer von zahlreichen Profieuren der Judenverfolgung und baute eine beträchtliche Kollektion von Raubkunst auf, die er nach Kriegsende etwa an die Stadt Hannover verkaufte. Corinths Gemälde gelangte 1977 zu Neumeister, wo es ohne Komplikationen an den Vater des aktuellen Besitzers versteigert worden war. Glücklicherweise haben sich die Zeiten gewandelt. Nach einem Eintrag in die Lost Art-Datenbank im Jahr 2004 konnte für das Bild nun in Kooperation mit Neumeister eine einvernehmliche Regelung zwischen dem aktuellen Besitzer und den Erben Skaller gefunden werden. |