Findungskommission der Documenta komplett zurückgetreten  |  | Die nicht mehr existente Findungskommission der Documenta | |
Die Findungskommission für die künstlerische Leitung der kommenden Ausgabe der Documenta in Kassel gibt es nicht mehr. Gestern Abend haben die vier verbliebenen Mitglieder ihren Rücktritt erklärt. Als Grund gaben Simon Njami, Gong Yan, Kathrin Rhomberg und María Inés Rodríguez „die polarisierten Debatten“ um die Terrorattacken der Hamas, den Krieg im Gaza-Streifen sowie den zunehmenden Antisemitismus in Deutschland an. Dadurch sei der Arbeitsprozess der Findungskommission in den vergangenen Wochen immer mehr unter Druck geraten. Weiter führten sie in ihrem Schreiben an: „Die Dynamik der letzten Tage mit ihrer widerspruchslos hingenommenen medialen und öffentlichen Diskreditierung unseres Kollegen Ranjit Hoskoté, die ihn zum Rücktritt aus dem Findungskommission zwang, lässt uns sehr daran zweifeln, ob es überhaupt eine Voraussetzung für eine kommende Documenta-Ausgabe in Deutschland gibt. Kunst braucht eine kritische und multiperspektivische Auseinandersetzung mit ihren vielfältigen Formen und Inhalten, um in Resonanz treten und ihre transformative Kraft entfalten zu können. Kategorische, einseitige Reduktionen und Übervereinfachungen komplexer Zusammenhänge drohen eine solche Auseinandersetzung im Keim zu ersticken.“
Bereits am vergangenen Wochenende hatten Bracha Lichtenberg Ettinger und Ranjit Hoskoté ihr Amt in dem Gremium niedergelegt. Die israelische Malerin, Philosophin und Psychoanalytikerin Ettinger machte dafür die aktuelle Situation im Konflikt zwischen Israel und den Palästinenser verantwortlich. Sie hätte Schwierigkeiten, nach dem 7. Oktober und dem Beginn des Hamas-Terrors in Israel einen konstruktiven Beitrag zu der Arbeit der Findungskommission zu leisten. Dem indischen Kulturjournalisten und Kurator Hoskoté war in der Süddeutschen Zeitung vorgeworfen worden, 2019 eine Petition unterzeichnet zu haben, die zum Boykott Israels auffordert. Daraufhin wurde er öffentlich als Antisemit kritisiert, was er in seinem Rücktrittsschreiben vehement und umfassend zurückwies.
Die ursprünglich sechsköpfige Findungskommission sollte bis spätestens Anfang 2024 einen Vorschlag für die kuratorische Leitung der kommenden Ausgabe der Documenta im Jahr 2027 unterbreiten. Nun soll der Findungsprozess vollständig neu aufgesetzt werden. Derzeit spaltet der Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern die Kunstwelt. So hat sich das Museum Folkwang in den letzten Tagen von einem Gastkurator getrennt, der online zur Unterstützung BDS-Kampagne aufgerufen hat. Auch der neu ernannte Direktor der Kunsthalle Basel, Mohamed Almusibli, musste schon kurz nach seiner Berufung Kritik hinnehmen, weil er im Internet zwei gegen Israel gerichtete Briefe unterzeichnet hat. |