Paul Kleinschmidts Lebensfreude in Bietigheim-Bissingen  |  | Paul Kleinschmidt, Paar (Paar in der Loge), 1930 | |
„Seit ich das erste Mal Bilder von van Gogh sah, hatte ich kein ähnliches Erlebnis. Der Glanz, der von Kleinschmidts Werken ausgeht, ist nicht schwächer.“ Das sagte Julius Meier-Graefe, der große Kunstschriftsteller der Weimarer Republik, über das Schaffen von Paul Kleinschmidt. Heute gehört der 1883 im pommerschen Bublitz geborene Maler nicht mehr zur ersten Riege deutscher Künstler der Moderne. Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen will Kleinschmidt nun anhand von rund 120 Gemälden, Aquarellen, Zeichnungen und Druckgrafiken als „Ausnahmekünstler“ würdigen, den Meier-Graefe einen „Dichter und Hymnensänger“ nannte. Seine Bilder seien „Hymnen der Malerei“. Dazu führt die Retrospektive Figurenbilder, Stillleben, Landschaften und Portraits an.
Bekannt ist Paul Kleinschmidt vor allem für ausschweifende Szenen aus dem Berliner Großstadtlebens, seinen Varietés, Theatern und Kaffeehäusern. Vor allem dralle, lebensfrohe Frauen in der Garderobe, bei der Toilette, beim Schnüren des Mieders oder beim Stiefelanziehen hatten es ihm angetan. Dazu kamen noch Zirkus-, Theater- und Barszenen, lustvoll und üppig ergänzt mit erlesenen Speisen, die Kleinschmidt in pastelligen buttrigen Farben, unterlegt mit viel Weiß, pastos auf die Leinwand aufbrachte. Anders als seine Zeitgenossen George Grosz, Max Beckmann oder Otto Dix verzichtete er in den 1920er Jahren allerdings auf sozialkritische Töne. Seine Bilder feiern vielmehr sinnlich das Leben.
Die Ausstellung präsentiert zudem seine teilweise von Industrie und Fortschritt geprägten Landschaften mit Brückenkonstruktionen, rauchenden Fabrikschloten oder Wolkenkratzern, in denen er Eindrücke von Reisen nach Oberschwaben, Südfrankreich und gar in die Metropole New York verarbeitete. Auch hier zeigt sich sein zwischen Realismus, Expressionismus und Neuer Sachlichkeit angesiedelter Stil. Als Paul Kleinschmidt 1934, inzwischen nahe Ulm lebend, auf dem Höhepunkt seiner Malerkarriere stand, wurden seine Bilder von den Nationalsozialisten als entartet diffamiert und er selbst ins Exil getrieben. Nach Aufenthalten in der Schweiz, Holland und zuletzt Südfrankreich wurde er 1943 zwangsweise ins Deutsche Reich zurückgeführt, wohnte in Bensheim an der Bergstraße und starb dort im Jahr 1949.
Die Ausstellung „Paul Kleinschmidt (1883–1949) – Hymnen der Malerei“ läuft vom 18. November bis zum 25. Februar 2024. Die Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen hat dienstags bis freitags von 14 bis 18 Uhr, donnerstags zusätzlich bis 20 Uhr und an den Wochenenden von 11 und 18 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt am 24., 25. und 31. Dezember. Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 6 Euro. Jeden letzten Freitag im Monat ist er frei. Der Ausstellungskatalog kostet in der Städtischen Galerie 20 Euro.
Städtische Galerie Bietigheim-Bissingen
Hauptstraße 60-64
D-74321 Bietigheim-Bissingen
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