Canaletto-Rekord nur für einen Tag  |  | Giovanni Antonio Canal, Venedig – Canal Grande vom Palazzo Balbi aus | |
Gerade mal einen Tag hielt der Rekord für ein Canaletto-Gemälde, den Christie’s am Mittwoch vergangener Woche für das Werk „Der Bucintoro an der Kaimauer zu Christi Himmelfahrt“ mit 10,2 Millionen Pfund erzielte. Denn am 7. Juli setzte Sotheby’s in London noch eins drauf. In seiner Auktion „Old Master Paintings“ war Giovanni Antonio Canals malerischer Blick auf den Canal Grande, den der Venezianer um 1736 vom Palazzo Balbi aus auf die Rialto-Brücke mit einigen Gondeln auf dem Wasser aufnahm, sehr gefragt. Eröffnet wurde der Wettstreit unter fünf Interessenten um das Gemälde bei 4 Millionen Pfund. Bei 14 Millionen Pfund blieben nur noch zwei übrig, einer im Saal und einer am Telefon. Letzterer obsiegte dann unter Applaus der Anwesenden bei 16,6 Millionen Pfund und musste mit Aufgeld schließlich 18,6 Millionen Pfund auf den Tisch legen. Taxiert war Venedigs bekannteste Wasserstraße auf 6 bis 8 Millionen Pfund. Mit diesem hochfliegenden Ergebnis war dann anscheinend die Lust auf Canaletto gesättigt. Die zweite Venedigvedute des Meisters, die bei fast identischer Taxe den grandiosen Abschluss des Tages bilden sollte, blieb unverkauft.
Trotz des respektablen Rückgangs äußerte sich Sotheby’s über den gesamten Verlauf der Auktion sehr positiv. Obwohl losbezogen nur 76 Prozent und wertmäßig nur 80 Prozent des Angebots umgesetzt wurden, erreichte man mit einem Umsatz von 44,3 Millionen Pfund das zweitbeste Ergebnis einer Altmeister-Versteigerung, hieß es aus London. Außerdem konnte man elf weitere Auktionsrekorde aufstellen. So platzierte sich hinter Canaletto, aber mit einer Differenz von rund 14 Millionen Pfund Jacob van Ruisdael mit einer Version des Schlosses Bentheim (Taxe 2 bis 3 Millionen GBP). Die hoch aufragende Burg, die schon fast an ein Landschaftsgemälde des 19. Jahrhunderts denken lässt, übernahm der europäische Handel bei 2,3 Millionen Pfund und stockte damit den bisherigen Spitzenpreis für die „Zwei Wassermühlen“ vom Dezember 2004 um 100.000 Pfund auf.
Venezianisches war auch weiterhin begehrt, diesmal in der Art des Luca Carlevarijs’, dessen geschäftiges Treiben an der Kaimauer vor dem Dogenpalast mit Santa Maria della Salute im Hintergrund 2 Millionen Pfund einbrachte und den Rekord aus dem Jahr 1996 um 500.000 Pfund anhob (Taxe 2 bis 3 Millionen GBP). Auch Giovanni Francesco Barbieri, genannt Guercino, begeisterte das Publikum mit einem Gemälde um die sagenhafte Gestalt der Assyrerkönigin Semiramis. Seine intensive Dramaturgie dreier Personen in „Semiramis ruft zu den Waffen“ von 1645 übernahm der europäische Handel bei 1,2 Millionen Pfund (Taxe 500.000 bis 700.000 GBP). Beim Renaissancemaler Ludovico Mazzolino ließen sich die Sammler von einer dicht komponierten „Anbetung der Könige“ gefangen nehmen und gaben dafür 320.000 Pfund aus, was in etwa einer Verdoppelung des Spitzenpreises entspricht (Taxe 80.000 bis 120.000 GBP).
Eine noch fulminantere Steigerung legte Marco Antonio Bassettis „Studie für den heiligen Sebastian“ hin. Die mit starken Verkürzungen und Hell-Dunkel-Effekten in der Art Caravaggios arbeitende Darstellung des liegenden, schon geschundenen Heiligen erreichte mit 580.000 Pfund rund das Zehnfache der erwarteten 40.000 bis 60.000 Pfund. In die deutsche Kunst verwies dann eine stillende „Maria lactans“ von Martin Schongauer, die sich ein Privatsammler bei 900.000 Pfund sicherte (Taxe 500.000 bis 700.000 GBP), in die niederländische Job Adriaensz Berckheydes nicht ohne Humor porträtierter „Notar in seinem Büro“ von 1672, der mit 700.000 Pfund genau die untere Schätzung erreichte, und in die flämisch-italienische Nicolas Régnier mit der musizierende Gruppe eines Lautenspielers und einer Sängerin, die ein neues Heim bei 780.000 Pfund in Europa gefunden haben (Taxe 200.000 bis 300.000 GBP) – auch dies alles neue Rekorde.
Alle Einzelergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |