Dürer kommt nicht nach Nürnberg  |  | Albrecht Dürer, Selbstbildnis im Pelzrock, 1500 | |
Wohl selten in der jüngeren Vergangenheit hat ein Kunstwerk die Gemüter in Süddeutschland derart erhitzt wie Albrecht Dürers genau auf das Jahr 1500 datiertes „Selbstbildnis im Pelzrock“. Das Germanische Nationalmuseum wollte die 67 mal 49 Zentimeter messende Holztafel gerne für seine große Dürer-Ausstellung ab dem kommenden Mai ausgeliehen bekommen, die Alte Pinakothek in München aber, heute Besitzerin des kapitalen Portraits, wollte es nicht hergeben, und dabei wird es auch bleiben: Das Gemälde sei definitiv nicht reisefähig. Zu diesem abschließenden Ergebnis kamen die Chefrestauratoren des Germanischen Nationalmuseums und die Restaurierungsabteilung der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen in einer gemeinsamen Untersuchung, die der bayerische Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch zur Klärung des diffizilen Falls eigens in Auftrag gegeben hatte.
Demnach sei ein Transport des Gemäldes konservatorisch nicht zu verantworten. Die Malerei habe sich teilweise vom hölzernen Untergrund gelöst, der seinerseits brüchig sei. Diese Beschädigungen seien seit den 1930er Jahren dokumentiert und rührten nicht von einer Ausleihe des Bildes an eine frühere Dürer-Ausstellung im Germanischen Nationalmuseum 1971 her, wie in der Vergangenheit gelegentlich kolportiert wurde. „Nur mit größter Gefährdung kann die Tafel transportiert werden“, sagte Klaus Schrenk, der Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, der von Anfang an davor gewarnt hatte, das Bild auf die Reise zu schicken. Es sei mit dem Verlust von Farbschichten zu rechnen. „Das Ergebnis ist so eindeutig, dass man es anders nicht verantworten könnte“, bestätigte Ministerpräsident Horst Seehofer. Das Nürnberger Museum werde seine Leihanfrage daher zurückziehen.
Der Streit um das Gemälde hatte sich in den vergangenen Wochen zu einem regelrechten Politikum ausgeweitet, in dem unterschwellig der alte Gegensatz zwischen Franken und Altbayern wieder hervorbrach. Die Geschichte der beiden Völker und Landschaften ist nicht ganz unbelastet: Vor mehr als zwei Jahrhunderten wurden die einstmals selbständigen Herrschaften im heutigen Unter-, Mittel- und Oberfranken nach und nach vom Kurfürstentum und späteren Königreich Bayern säkularisiert und mediatisiert. Neben den Hochstiften Würzburg und Bamberg oder den alten Markgrafschaften Ansbach und Bayreuth war auch die freie Reichsstadt Nürnberg davon betroffen. Viele bedeutende Kunstwerke wanderten damals teils unter Anwendung nicht ganz lauterer Mittel nach München. Zahlreiche fränkische Politiker hatten sich daher parteiübergreifend für eine Ausleihe des Dürer-Portraits ausgesprochen und die Bedenken der Staatsgemäldesammlungen als „Münchner Arroganz“ kritisiert. Die Expertise der Fachleute hat sich nun jedoch durchgesetzt. |