Norbert Bisky und die Wende  |  | Norbert Bisky, Katzensprung, 2019 | |
Ab dem Wochenende setzt sich der Maler Norbert Bisky in zwei Ausstellungen mit seinen Erfahrungen und Erlebnissen rund um das Thema der Wende und des Mauerfalls auseinander: „Rant“ in der Villa Schöningen in Potsdam und „Pompa“ in der Berliner Matthäus-Kirche, beide organisiert in Kooperation mit der Galerie König. Der Werdegang von Norbert Bisky, geboren 1970 in Leipzig, lässt sich wie viele ostdeutsche Biografien in ein Davor, ein Dazwischen und ein Danach gliedern: Aufgewachsen in einem streng sozialistischen Umfeld, wurde er kurz nach dem Mauerfall als NVA-Deserteur in das Ostberliner Militärgefängnis gesperrt. Erst die Implosion des alten Systems brachte die Freiheit, sich eine Zukunft als Künstler zu denken. Oder wie er selbst sagt: „Ohne den Mauerfall wäre ich nicht Künstler geworden.“
Die Erfahrung von Totalität und Willkür prägte Biskys Auseinandersetzung mit der DDR bereits früh. Seine neuen Arbeiten zum Thema reichen jedoch über die Verarbeitung von persönlich Erlebtem weit hinaus: Sie zeigen ein Land, in dem die eigentlich längst überholte Binarität von Ost und West gerade eine traurige Renaissance erlebt. Der aus dem Netzjargon entlehnte Begriff „Rant“, der für Hasstiraden und Hetze steht, verweist als Ausstellungstitel für Potsdam auf die emotionale Vehemenz aktueller deutsch-deutscher Grabenkämpfe. Um die immaterielle Fortexistenz der Grenze zu verdeutlichen, lässt der Künstler Suchscheinwerfer nachts die Umgebung rund um die beiden Veranstaltungsgebäude absuchen.
Die Ausstellungsorte sind als ehemalige unmittelbare Grenzorte gewählt. Sie spiegeln die Spaltung, die der Künstler bis heute erlebt und zu verarbeiten versucht. Der inhaltliche Schwerpunkt in der Matthäus-Kirche liegt auf der Nachwendezeit, einer Periode des euphorischen Aufbruchs, die von Hedonismus ebenso geprägt war wie von Profitgier und Opportunismus. Eine aufwändige Deckeninstallation älterer und jüngerer Werke deckt einen Zeitraum von mehr als 25 Jahren ab und lenkt den Blick nach oben in eine fingierte Himmelslandschaft: 30 Jahre nach dem Berliner Mauerfall inszeniert Norbert Bisky damit ein knallbuntes aber letztlich dystopisches Szenario zwischen gestern und heute, das zu fragen scheint, welchen Göttern die Menschen eigentlich huldigen.
Die Ausstellung „Rant“ in der Villa Schöningen in Potsdam ist vom 9. November bis zum 23. Februar zu sehen. Das Haus ist donnerstags von 18 bis 21 Uhr und freitags bis sonntags von 12 bis 19 Uhr geöffnet. Die Parallelschau „Pompa“ läuft vom 10. November bis zum 16. Februar 2020 in der Matthäus-Kirche in Berlin-Tiergarten. Sie kann dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr besichtigt werden. Der Eintritt ist frei.
Villa Schöningen
Berliner Straße 86
D-14467 Potsdam
Telefon: +49 (0)331 – 200 17 41
Matthäus-Kirche
Matthäikirchplatz
D-10785 Berlin-Tiergarten
Telefon: +49 (0)30 – 28 39 52 83 |