Trauer um Robert Hammerstiel  |  | Robert Hammerstiel ist gestern verstorben | |
Robert Hammerstiel ist tot. Der österreichische Maler und Grafiker starb gestern nach kurzer Krankheit in Neunkirchen südlich von Wien. Er wurde 87 Jahre alt. „Mit Professor Robert Hammerstiel verliert die Stadtgemeinde Ternitz einen großen Sohn, der in der internationalen Kunstszene äußerst anerkannt war und der tiefe Spuren in der Geschichte unserer Stadt hinterlassen hat“, würdigte Rupert Dworak, der Bürgermeister von Hammerstiels Heimatgemeinde, den Verstorbenen. Mit Hammerstiel sei ein ganz besonderer Künstler von uns gegangen, ergänzte die österreichische Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer. „Robert Hammerstiel war ein Maler, der die Ereignisse des 20. Jahrhunderts nicht nur in seiner Biografie, sondern auch in seinem Werk personifizierte. In seinen Bildern, die stark von traditionellen ländlichen Elementen geprägt waren, aber auch die tragische Flucht und Vertreibung in Europa ansprachen, standen auf der anderen Seite amerikanisch inspirierte Buntheit und Mut zum Aufbruch gegenüber. Sein Œuvre, das auf vielfältigen regionalen und stilistischen Traditionen basiert, ist einzigartig in der österreichischen Kunstwelt“, so Mayer weiter.
Robert Hammerstiel kam 1933 in einer banatdeutschen Familie in Werschetz im damaligen Königreich Jugoslawien zur Welt. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden er, sein Bruder und seine Mutter 1944 interniert und litten in den Lagern große Not. 1947 gelang ihnen über Ungarn die Flucht nach Niederösterreich. Hier arbeitete Hammerstiel zunächst bei Bauern, erlernte ab 1949 das Bäckerhandwerk in Pottschach bei Ternitz und ging danach zum Gelderwerb in die Stahlwerke der Umgebung. Die Kunst übte er als Autodidakt nur in seiner Freizeit aus. Über Kunstseminare des österreichischen Gewerkschaftsbundes bildete sich Hammerstiel in den 1960er Jahren fort. Ab den 1970er Jahren wurde dann die Kunstwelt auf ihn und seine schattenhaften gesichtslosen Figuren, die vor einem seltsam unzusammenhängenden Hintergrund ihr isoliertes Dasein fristen, aufmerksam. Hammerstiel malte die Silhouetten flächig und in knallbunten Farben oft bei alltäglichen Tätigkeiten, etwa beim Markteinkauf, im Café, auf der Straße oder beim Spaziergang. Aber auch Stadtveduten, Portraits oder religiöse Darstellungen gehören zu seinem Werk. Musik inspirierte ihn zu einer Bilderfolge über Schuberts „Winterreise“ oder zu einer fantastischen Vision über Sergei Rachmaninow.
Auszeichnungen vor allem in Österreich und dem Balkan ließen nicht lange auf sich warten. So erhielt Hammerstiel 1973 den Österreichischen Grafikpreis in Krems, 1985 wurde ihm von Bundespräsident Rudolf Kirchschläger der Berufstitel „Professor“ verliehen, 1998 das „Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst“. 2002 schlug ihn das Land Ungarn zum Kulturritter, und 2009 verlieh ihm seine Geburtsstadt Werschetz die Ehrenbürgerwürde. Neben musealen Ausstellungen hatte Robert Hammerstiel 2007 in Wien einen stadtbildprägenden Auftritt: Zehn Wochen lang verhüllte er die Zentrale der Wiener Städtischen Versicherung am Schottenring mit einem riesigen Gemälde. Auf der über 4.000 Quadratmeter großen Netzfolie waren Motive der vier Lebensalter Kindheit, Jugend, Familie und Alter zu sehen. Damit wollte Hammerstiel das funktionale Bürohochhaus der 1950er Jahre von Erich Boltenstern in einen „Turm des Lebens“ verwandeln. |