Carl Moll-Rekord in den USA  |  | Carl Moll, Weißes Interieur, 1905 | |
Eigentlich sind Werke von Carl Moll etwas für den österreichischen Kunstmarkt; nur selten treten sie außerhalb der Alpenrepublik in Erscheinung. Nun ist ein Gemälde des Wiener Secessionisten zu einem Rekordpreis in den USA verkauft worden. Am Dienstag erzielte Molls „Weißes Interieur“ bei Freeman’s in Philadelphia netto 4 Millionen Dollar und damit das Zehnfache der mittleren Schätzung. Mit Aufgeld bewilligte ein nicht genannter amerikanischer Sammler knapp 4,8 Millionen Dollar. Bei der quadratischen Leinwand aus dem Jahr 1905, die zuletzt 1908 öffentlich bei einer Ausstellung zu sehen war, bisher als verschollen galt und nun in kalifornischem Privatbesitz aufgetaucht ist, handelt es sich um ein Paradebeispiel aus Molls Schaffen. Im dem mit allerlei Kunstgegenständen angefüllten hellen Interieur steht eine Dame mit dem Rücken zum Betrachter in einem locker anliegenden, langen weißen Reformkleid. Dass es sich bei ihr um Berta Zuckerkandl in ihrer Döblinger Wohnung handelt, unterstreicht die Bedeutung des Werks.
Denn die Grande Dame der österreichischen Moderne, die gerade einen Blumenstrauß richtet, war eine der wichtigsten Schriftstellerinnen, Journalistinnen und Kritikerinnen ihrer Zeit. In ihrem Salon traf sich die wissenschaftliche und künstlerische Elite des Landes, etwa Johann Strauss Sohn, Gustav Klimt, Arthur Schnitzler oder Max Reinhardt. Alma Mahler-Werfel, die Stieftochter Carl Molls, lernte hier 1901 Gustav Mahler kennen. Ihre Villa in der Nußwaldgasse statte niemand Geringeres als Josef Hoffmann in einer klaren geraden Formensprache aus. Selten sei ein Bild zu finden, das so dicht den Aufbruch in die Moderne veranschaulicht, pries der Kunsthistoriker Tobias Natter in den Salzburger Nachrichten denn auch das Werk. Das war nun für Freeman’s recht einträglich; handelt es sich doch um den höchsten Preis, den das Auktionshaus bisher erzielte. Wie der Versteigerer mitteilte, überlegt der erfolgreiche Bieter, Molls „Weißes Interieur“ in Ronald S. Lauders Neuer Galerie in New York der Öffentlichkeit zu präsentieren. |