Siegburg zeigt Hard Edge-Paintings von Günther C. Kirchberger Bei einem Planungsgespräch zu einer neuen Ausstellung zeitgenössischer Künstler in Los Angeles fiel wohl 1958 erstmals der Begriff „Hard Edge“. Die heute als erste Hard Edge-Ausstellung der Kunstgeschichte geltende Schau firmierte 1959 im Los Angeles County Museum allerdings unter dem seltsam traditionellen Titel „Four Abstract Classicists“. Bei der zweiten Station in London lautete der Titel dann schon „west coast hard edge“. Der einflussreiche Kurator Lawrence Alloway hatte sie nach London geholt; er war ein enger Freund des Stuttgarter Malers Günther C. Kirchberger, eines der ersten deutschen Vertreter dieses abstrakten Stils. Nun beleuchtet das Siegburger Stadtmuseum die Rolle des lange in den Hintergrund gerückten Pioniers Kirchberger und richtet dem 2010 verstorbenen Künstler eine konzentrierte Retrospektive aus.
Die vom Kunsthistoriker und Konstanzer Galeristen Stephan Geiger arrangierte Auswahl von 20 Arbeiten bewegt sich entlang der ästhetischen Entwicklung und der Vita des Künstlers. Geboren am 22. August 1928 in Kornwestheim bei Stuttgart, fiel der angehende Englisch- und Kunstlehrer im Frühjahr 1956 durch die Anglistikprüfung, was einen Studienaufenthalt in London nach sich zog. Hier tauchte Kirchberger in die internationale Kunstszene ein und etablierte nach seiner Rückkehr in Stuttgart die „Gruppe 11“ zusammen mit Atila Biró, Georg Karl Pfahler und Friedrich Sieber. Dank Kirchbergers internationalen Kontakten fanden die jungen Akademieabgänger rasch Anschluss an die internationale Kunstentwicklung des Informel und Abstrakten Expressionismus.
Schon bald wich das expressive All-Over einer Farbfeldmalerei als Zwischenstufe. Nach gestischen Anfängen separierte Kirchberger ab 1963 einzelne Felder, die er mit dünnen Linien abgrenzte und strukturierte. Nach gänzlichem Verschwinden von Pinselstrukturen blieben nur noch glatte, gleichförmige Flächen übrig. Kirchbergers Bild „Cirillo P.“ vom Januar 1964 gilt als sein erstes „Hard Edge“-Werk. „Harte Ecken“ in Form von Winkeln schieben sich in das Weiß der Bildmitte. Alle nachfolgenden Arbeiten haben scharfe präzise Kanten, monochrome Flächen ohne persönliche Handschrift und zeichnen sich durch eine Konzentration auf wenige markante Farben, zumeist Rot, Orange, Blau und Schwarz, aus. In gewagten Experimenten testete Kirchberger dann die Grenzen der Malerei aus und stieß mit „Do-It-Yourself-Bildern“, die Flächen nur andeuten und gedanklich vollendet werden müssen, die Tür zur Konzeptkunst auf.
Nach bestandener Prüfung 1957 trat Günther C. Kirchberger in den Schuldienst ein und nahm 1964 einen Ruf als Dozent an die Werkkunstschule Krefeld an. Schon bald als Professor an der nunmehrigen Hochschule Niederrhein tätig, geriet das künstlerische Schaffen aufgrund seines Engagements in Lehre und Hochschulverwaltung in den Hintergrund. Nach der Emeritierung 1993 zog er in die baden-württembergische Heimat zurück, wo er am 5. April 2010 in Göppingen verstarb.
Die Ausstellung „Günther C. Kirchberger. Hard Edge Painting“ ist noch bis zum 5. Dezember zu sehen. Das Stadtmuseum Siegburg hat täglich außer montags und feiertags von 10 bis 17 Uhr, sonntags bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 3 Euro, ermäßigt 2 Euro; für Kinder und Jugendliche bis 16 Jahre ist er kostenlos. Zur Ausstellung ist ein Katalog für 20 Euro an der Museumskasse erschienen.
Stadtmuseum Siegburg
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