Architekturzeichnung nach München zurückgekehrt  |  | wohl Hans von Baden, Spätgotischer Turmriss, um 1495 | |
Das Architekturmuseum der Technischen Universität München (TUM) kann sich über einen alten gotischen Kirchenturm-Aufriss freuen, der seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges als verschollen galt. Die Tuschezeichnung zeigt einen spätmittelalterlichen Turm zur Gänze und stammt vermutlich aus der Feder Hans von Badens, eines Baumeisters des späten 15. Jahrhunderts, der am Straßburger Münster beteiligt war. Das eineinhalb Meter lange Pergament war bereits 2012 im Handel aufgetaucht; als die TUM sich wegen der Provenienz bei dem Verkäufer meldete, verschwand die Kostbarkeit jedoch erneut von der Oberfläche. Nun konnte es im Freiburger Kunsthandel sichergestellt, aufgrund der übereinstimmenden Größe sowie eines historischen Fotos und den Publikationen aus der Zwischenkriegszeit zweifelsfrei identifiziert und aus Privatbesitz zurückerworben werden. „Wir freuen uns sehr, dass eine der ältesten und wertvollsten Architekturzeichnungen unserer Sammlung, die wir über Jahrzehnte verloren glaubten, nun wieder zurück in unseren Bestand kommt. Ohne die schnelle und entschlossene Unterstützung der Ernst von Siemens Kunststiftung wäre dies nicht möglich gewesen“, so Museumsdirektor Andres Lepik.
Da über die Tätigkeit von Baumeistern im Mittelalter nur wenige schriftliche Zeugnisse vorliegen, sind Planrisse ein besonders wichtiges Mittel, um wissenschaftliche Erkenntnisse über die Bau- und Planungstätigkeit der Gotik zu gewinnen. Dementsprechend wertvoll ist das älteste Stück der TUM-Sammlung, die insgesamt über 600.000 Zeichnungen, 200.000 Fotografien und 1.500 Modelle besitzt. Vom Gewändeportal bis zur Kreuzblume, die die Turmspitze bildet, ist der Aufriss reich mittels Blendmaßwerk, Strebepfeilern und Gesimsen gegliedert. Alle Detail- und Dekorationsformen – Krabben, Kreuzblumen, Wirtel und Konsolen – sind freihändig ausgeführt. Insgesamt offenbart sich das Blatt als ein typischer, reich ausgestatteter Entwurf aus der Zeit der letzten gotischen Kathedralen. Die einzelnen Architekturelemente verschmelzen miteinander und bilden so ein harmonisches Gesamtbild, das für die Qualität des Entwurfes und den Ideenreichtum des Erfinders spricht. |