Michael Müllers Kunstbefragung in Würzburg Das Museum im Kulturspeicher Würzburg ist für gewöhnlich kein Hort der aktuellen Kunst. Zu seinem 20jährigen Jubiläum hat es nun den 1970 geborenen Deutsch-Briten Michael Müller als Künstler und Kurator eingeladen, mit der hauseigenen Sammlung zu arbeiten. Herausgekommen sind die beiden Ausstellungen „Die Errettung des Bösen“ und „Mögliche und unmögliche Bilder“, die sich eng aufeinander beziehen. Ausgangspunkt für Müllers Überlegungen ist die Gründung der Städtischen Galerie Würzburg während des Dritten Reichs, deren erster Direktor Heiner Dikreiter sich dezidiert um den Aufbau einer der Nazi-Ideologie konformen Sammlung bemühte. Anderseits holte Dikreiter – nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch im Amt – den Nachlass der als entartet verunglimpften Bildhauerin Emy Roeder nach Würzburg.
Unter der Überschrift „Die Errettung des Bösen“ beschäftigt sich Michael Müller in differenzierter und teils provozierender Weise mit dem Wesen des Bösen, seiner Präsenz und Negation in Geschichte und Gesellschaft und zieht dafür neben eigenen Arbeiten sowohl historische als auch zeitgenössische Positionen heran – von dem Szenenbildner und Body Artist Albrecht Becker, der 1937 in Würzburg aufgrund seiner Homosexualität verhaftet wurde, über Andy Warhol, dessen poppige Neuschwanstein-Adaption Müller Hitlers malerischen Artefakten mit dem selben Motiv gegenübergestellt hat, bis zur 1975 geborenen Französin Elsa Sahal, die mit ihren fragmentierten Köperformen dem idealisierten Menschenbild der NS-Kunst entgegensteht. Um einen ideologisch gefärbten Zugang zu erschweren, hat sich Michael Müller für eine Präsentationsform entschieden, die den Charakter eines Archivs besitzt: die Objekte, etwa Skulpturen von Emy Roeder oder Hedwig Maria Leys Büste von Adolf Hitler, sind neutral und nach streng nachvollziehbaren Kriterien angeordnet.
In der zweiten Ausstellung „Mögliche und unmögliche Bilder“ beschäftigt sich Michael Müller intensiv mit Gerhard Richters Zyklus „Birkenau“ aus dem Jahr 2014. Mit malerischen Mitteln dekonstruiert Müller Richters Gemälde, die auf den einzigen vier überlieferten Fotografien basieren, die die Vernichtung der europäischen Juden in dem Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau direkt und unmittelbar dokumentieren. Zunächst als vier verschwommen fotorealistische Gemälde angelegt, überarbeitete Richter seine vier Bilder in seiner abstrakten Rakeltechnik, weil man die Schoah nicht darstellen könne. Mit diesem Mythos, den Gerhard Richter selbst seinem „Birkenau“-Zyklus mitgab, beschäftigt sich nun Müller und stellt grundlegende Fragen nach den Darstellungsmöglichkeiten und Grenzen von Kunstwerken.
Die Ausstellungen „Die Errettung des Bösen. Eine Ausstellung von Michael Müller“ und „Michael Müller: Mögliche und unmögliche Bilder“ laufen von 26. November bis 19. März 2023. Das Museum im Kulturspeicher hat dienstags von 13 bis 18 Uhr, mittwochs bis sonntags von 11 bis 18 Uhr und donnerstags zusätzlich bis 19 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 4,50 Euro, ermäßigt 2,50 Euro und ist für Kinder bis 6 Jahre frei, ebenso für alle am ersten Sonntag im Monat.
Museum im Kulturspeicher Würzburg
Oskar-Laredo-Platz 1
D-97080 Würzburg
Telefon: +49 (0)931 – 322 250 |