Kiel rückt Corinths grafisches Werk ins Zentrum  |  | Lovis Corinth, Selbstbildnis mit Gattin, 1904 | |
Lovis Corinth wird als großer Maler des deutschen Impressionismus wahrgenommen. Dabei hat er auch ein umfangreiches druckgrafisches und zeichnerisches Œuvre hinterlassen, dem sich nun die Kunsthalle zu Kiel verschrieben hat. „Lovis Corinth – Die Grafik“ lautet der Titel ihrer konzentrierten Schau, die grundlegende Einsichten in die Relevanz dieser künstlerischen Gattungen bei Corinth vermittelt. Aus dem beachtlichen hauseigenen Korpus von 128 Grafiken des Künstlers hat die Kuratorin Annette Weisner rund 50 Drucke, Handzeichnungen und Blätter aus Skizzenbüchern aus. Chronologisch sowie nach Corinths breit angelegtem Themeninteresse gegliedert, beinhaltet die Schau Porträts, Aktdarstellungen, mythologische und biblische Motive ebenso wie Landschaften oder literarische Vorlagen.
Zu den Highlights zählen Blätter aus dem Pariser Skizzenbuch, das Lovis Corinth ab 1884 während seiner Zeit an der Pariser Académie Julian im Rahmen seiner klassisch-akademischen Schulung im Geist des 19. Jahrhunderts anlegte. Die Aktstudien nach lebenden Modellen demonstrieren nicht nur die Arbeitsweise, sondern bilden auch Grundlage für die weitere Entfaltung in der Historienmalerei. Seine Skizzen bestechen durch eine frische Interpretationsweise mit großen schwungvollen Linien. Um den schnellen Eindruck festhalten zu können, wandte sich Corinth mit Vorliebe der spontan in die Platte gearbeiteten Kaltnadelradierung zu, die seinem impressionistischen Duktus entgegen kam. Auch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal basiert auf dieser Bewandtnis: Er schuf kraftvolle Arbeiten, die schon im expressionistischen Duktus verortet sind. Nicht zuletzt daher gilt Corinth als wichtige Brückenfigur zur Moderne.
Seit 1918 hielt sich der 1858 im ostpreußischen Tapiau geborene Maler oft in seinem Refugium am Walchensee auf. Hier schöpfte er aus dem Motivvorrat der herrlichen Alpenlandschaft. Darüber hinaus widmete er sich wie nur sehr wenige Künstler dem Ehe- und Familienleben. Bestes Zeugnis dafür stellt die Grafikserie „Bei den Corinthern“ dar, eine Art Tagebuch aus dem Jahr 1919. Neben den persönlich-dokumentarisch angelegten Skizzen arbeitete er auch immer wieder an Selbstporträts. Lovis Corinth starb während einer Reise am 15. Juni 1925 im niederländischen Badeort Zandvoort.
Die Ausstellung „Lovis Corinth – Die Grafik“ läuft bis zum 23. April 2023. Die Kunsthalle zu Kiel hat dienstags bis sonntags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt an Heiligabend, Silvester und Neujahr. Der Eintritt beträgt 7 Euro, ermäßigt 4 Euro; für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenlos.
Kunsthalle zu Kiel
Düsternbrooker Weg 1
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