
Gerlinde Beck ist zweifellos eine der bekanntesten und bedeutendsten Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Zunächst wollte Gerlinde Beck Tänzerin werden – ein Wunsch, der sich aber bald zerschlug. Trotzdem oder gerade deswegen hat die Erfahrung des Tanzes nachhaltige Spuren im künstlerischen Schaffen von Gerlinde Beck hinterlassen. 1945 hatte die damals 15-jährige Gerlinde Beck die Ausdruckstänzerin Dore Hoyer, eine Schülerin der Tänzerin Mary Wigman, in einer Stuttgarter Aufführung von Ravels „Bolero“ in einem 20minütigen Drehtanz gesehen und war von deren Ausdruckskraft und Grazilität äußerst fasziniert. Die damals gewonnene Erfahrung inspirierte Gerlinde Beck noch viele Jahre später zu gleichermaßen bewegten wie bewegenden Skulpturen.
Während ihre frühen, zu Beginn der 1950er Jahre entstehenden, expressiven Figuren noch in der Tradition von Henry Moore stehen, erschafft sich Gerlinde Beck mit ihren ab 1959 entstehenden „Schichtungen“ und ihren Anfang der 1960er entstehenden Figurengruppen eine individuelle, grazile Formsprache.
Ab 1964 entstehen statuarische, in die Vertikale strebende, dann auch geneigte und gedrehte Säulen- und Pfeifenformen, welche die Künstlerin nüchtern „Stelen“ nennt, in denen aber der Verweis auf den menschlichen Körper mit Rumpf, Kopf und Gliedern eindeutig mitschwingt. In den folgenden Jahren öffnen sich die geschmiedeten und blank geschliffenen Stahlgebilde, schälen sich und offenbaren eine rote Binnenform, einen dunklen Innenraum oder eine Durchsicht zur Umgebung. Ab 1969 entwirft Gerlinde Beck Figuren-Ensembles mit teils auf den Boden liegenden Röhren und nennt die spielerisch wirkenden Ergebnisse „Röhrenlandschaften“.
Ein Maximum an Ausdrucksstärke gewinnen die Anfang der 1980er als Huldigung an Oskar Schlemmer, Josephine Baker und Dore Hoyer entstehenden Figuren, eiserne Tanzchoreographien, in Stahl und Acrylfarbe erstarrte Bewegungslinien, um ihre Mittelachse rotierende Balanceakte, die zwischen Stabilität und Instabilität changieren.
In diesen Arbeiten nimmt Gerlinde Beck dem Stahl seine Schwere und lässt ihn mit kindlicher Spielfreude tanzen. Die dreidimensionalen Arbeiten der Folgejahre führen weg von der Figur, hin zur Bewegung im Raum und schließlich zur Aufhebung des Körpervolumens.
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1930 geboren in Stuttgart-Bad Canstatt
1949-56 Studium an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart bei Karl Hils, Peter Otto Heim, Gerhard Gollwitzer und Willi Baumeister; Holzschnitzer- und Feinblechner-Lehre
1961 Hugo-von-Montfort-Preis
1973-84 Arbeit an der "Klangstraße" (Klang-Skulpturen)
1977 Stipendium der Cité Internationale des Arts in Paris
1989 Verleihung des Professorentitels
1996 Gründung der Gerlinde-Beck-Stiftung e.V.
2001 Verleihung des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse
2006 gestorben in Mühlacker-Großglattbach
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