Losnummer: 61
Hochgeehrteste Frau Gräfin! Gnädigste Frau!
Die Annäherung der Eingabe-Zeit zur bevorstehenden Kunstausstellung in Triest macht mich erlauben Euer Hochgeboren zu fragen ob Dieselben es genehmigen würde Dero Portrait und übernohmenen weiblichen Profilkopf derselben Exposition zu überlassen und zugleich dem mehrfach geäußerten Wunsche des Kunstvereins zu entsprechen wozu ich wohl mein eigenes Scherflein beyfüge. Herr Rau war bey mir mit der Notiz daß Euer Hochgeboren wünschten mehrerer gemachter Äußerungen zu folge daß das Portrait zu dunkelfärbig im Gesicht und der Mund etwas zu wünschen übrig läßt, mir wieder eine Seance zu geben welches im Laufe July sein würde, und da diese Zeit verfloßen und für dieses Jahr nicht leicht eine Reise nach Wien sich gestalten dürfte so unternahm ich es diese beyden Uebel zu verringern und glaube das Portrait der Öffentlichkeit übergeben zu können. Leider ist das gehegt u. gepflegte Projekt dieses Jahr noch nach Rom zu kommen, zu Wasser geworden und mithin auch die Hoffnung Euer Hochgeboren in Triest im Kreise Ihres Wirkens zu sehen, verschäumte, da das Gedränge der Arbeiten zunimmt und die Vollendung derselben mir es unmöglich macht. Doch aufgeschoben ist nicht aufgehoben, Rom ist und bleibt das Ziel der Wünsche eines Malers. Wie geht es Ihren lieben lieben Kindern? Wie freundlich hat der Himmel Euer Hochgebornen durch dieselben bedacht und das Leben geschmückt – da sie so geistig als durch Form so hervorragend sind, und nur wohlthätigen Einfluß auf die Lebenstage der Eltern ausüben können. Daher freut es mich innig für dieselben die Mutter für die Zukunft aufbewahrt und so die Formen dem Gedächtniß näher gerückt zu haben, welches der Zweck der Portraitmalerey ist. Beehren mich gnädigste Frau Gräfin bald mit einer Antwort um im Falle der gewünschten Appropation eiligst die Bilder einpacken zu können und demjenigen welchen Euer Hochgebohrnen mir bezeichnen dieselben übergeben zu können.
Dero Wohlwollen mich empfehlend
zeichne ich mich als
Euer Hochgeboren
ergebenster Diener FvAmerling
Wien am 28. Aug. 844.
Seut 15 D. bin ich wieder verehelicht mit einer Tochter
eines Kaufmannes – ohne eine Gefährtin will's nicht gehen.
Gott befohlen.
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