Nguyen Xuan Huy malt und zeichnet virtuos. Auf diesem akademischen Polster könnte der Künstler komfortabel ruhen – verzichtet aber darauf. Das macht seine Werke schwierig und spannend.
Sein Herkunftsland, das postkommunistische Vietnam, stellte Nguyen als dionysischen Umzug dar, die Protagonistinnen nackt und deformiert vom Gen-Gift Agent Orange, dem Rausch des neuen Turbokapitalismus verfallen. Die Szenerien der großformatigen Leinwände zitieren kenntnisreich die Kunstgeschichte: Goya, Bosch und Botticelli erfahren unerwartete Neuinterpretationen.
Nach fast zwei Jahrzehnten in Deutschland ist der Künstler in seiner zweiten Heimat mental angekommen. Seine neuen Bilder sind nicht weniger drastisch als seine asiatischen Panneaus, aber vielschichtiger und auf europäisches Format reduziert. Düstere Landschaften und trostlose Interieurs haben die ehemals weißen Hintergründe abgelöst. Die Dargestellten scheinen meist einsam vor Webcams zu posen, vertieft in die Kommunikation mit Maschinen. Nguyen Xuan Huy malt Frauen mit zusammengewachsenen Zungen, herausgerissenen Herzen, als Mischwesen und Zielscheibe, aufgespreizt und exponiert. Kunsthistorische Zitate kommen kaum vor - wer versteht sie noch? Es scheint, als sei ein neues dunkles Zeitalter heraufgezogen. Nguyens weibliche Bildfiguren konnte man stets als Allegorien der Zivilisation begreifen. Nun erscheinen erstmals auch Männer. Ein Menetekel?
1996
Studium der Malerei an der HfKD Burg Giebichenstein, Halle/Saale bei Prof. Möhwald und Prof. Pleuger
2001/2002
Austauschstudium an der Ecole des Beaux Arts Bordeaux, Frankreich
2003
Diplom Bildende Künste HfKD Burg Giebichenstein
2004-2006
Aufbaustudium an der HfKD Burg Giebichenstein, Halle/Saale bei Prof. Pleuger
2009
Arbeitsaufenthalt am Vermont Studio Center
Stipendien und Preise
* Stipendium des Kultusministeriums des Landes Sachsen-Anhalt
* Erasmusstudium für die École des Beaux-Arts Bordeaux
* Graduiertenförderung des Landes Sachsen-Anhalt
* Ars Hallensis 2004
"Nguyen Xuan Huy"
2010, Kerber Verlag, Bielefeld/Leipzig/Berlin
Herausgeber: Galerie Rothamel
mit Texten von Stefan Reisner und Marc Wellmann
Deutsch/Englisch, 72 Seiten, 85 Abbildungen