Hans Scheib liebt die Frauen. Die skizzenartig, locker und sehr spartanisch hingeworfenen Farbstiftzeichnungen, teilweise mit Wasserfarben und Tusche im Ausdruck verstärkt, zeigen weibliche Akte in unterschiedlicher Pose oder auch spärlich bekleidete junge Frauen, die sich als Motiv bis in die lebensgroßen Holzskulpturen Scheibs fortsetzen. Hier entdecken wir nicht nur grob ins Holz geschlagene und farbig gefasste Porträtskulpturen von „Lydia“, „Christina“, „Judy“ sowie die Darstellung eines „Komplizierten Mädchens“ auf staksigen, dünnen, Beinen stehend, sondern werden mit einem 2,35 Meter hohen Chor konfrontiert, der aus sechs Damen besteht, die voller Inbrunst beim Gesang den Kopf und die großen Augen zum Himmel wenden.
Scheibs Markenzeichen sind die Augen, die weit aufgerissen, oft hervorstechend aus den Augenhöhlen, bei den Damen meist stark umschminkt, den offenen, neugierigen Charakter der Porträtierten kennzeichnen.
Aber auch die spröde, verdrehte Haltung der dünnen Beine und des kantigen Oberkörpers bringen Wesenszüge expressiv zum Ausdruck, die die Dargestellten eher als zerrissene, kritische, non konforme und in Opposition stehende Personen ausweisen.
In den kleineren Bronzen wird Scheib harmonischer und verspielter und gönnt sich mythologische Themen, wie z.B. „Phaëton“, ein „Turnendes Kind“, ein mit einem Ball jonglierenden Kätzchen, oder auch ein in „Flucht“, davon laufendes nacktes Mädchen.
Hans Scheib ist ein guter Beobachter und ein Menschenkenner. Mit schnellem Strich und schnellem Hieb drückt er auf dem Papier und in Holz geschlagen aus, was er ganz weit „innen“ bei seinem Gegenüber entdeckt!
Uta Schnell
Biographie
1949 in Potsdam geboren; aufgewachsen in Berlin, Schriftsetzerlehre
1971-76 Studium an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden
1976 Umzug nach Berlin-Prenzlauer Berg, seitdem freiberuflich tätig
1985 freiberuflicher Bildhauer in Berlin-Charlottenburg
1986 Ausstellung im Haus am Waldsee, Berlin
1989 Ausstellung im Goethe-Institut, Paris
1995 Kunstförderpreis der Akademie der Künste, Berlin; 1. Preis beim Wettbewerb „Denkmal für die ermordeten Juden Europas“ zusammen mit Hela Rolfs, Christine Jackob-Marks und Reinhard Stangl
2000 Ausstellung im Artforum, Helsinki
2001 Mitglied der Freien Akademie der Künste, Hamburg
2004 Studienaufenthalt in der Villa Romana, Florenz und
Werkstatt in Tblissi, Georgien