Frage: Mein Ziel ist es, als Künstler selbständig zu werden. Momentan gehe ich tagsüber zur Arbeit und verbringe meine Abende und Wochenenden mit Malen. Bitte geben Sie mir ein paar Tipps, wie ich meine Einkünfte als Künstler steigern kann, und vor allen Dingen, wie ich stetig meine Verkaufspreise steigern kann. Vielleicht gibt es hierzu eine spezielle Strategie?
Antwort: Was man niemals vergessen sollte, wenn man die Preise für seine Werke festlegt ist, dass es viele, viele Künstler gibt, und man somit nur einer unter vielen ist. Man hat zwar komplette Kontrolle über die eigenen Einkünfte, aber wenn man seine Preise erhöht, sollte man nicht die Tatsache außer Acht lassen, dass die Konkurrenz niemals weit ist. Manche Künstler verlieren ihre Glaubwürdigkeit bei Händlern und Sammlern, weil Sie den Überblick verloren haben und ihre Preise zu hoch angesetzt haben oder zu oft und ohne ersichtliche Gründe die Preise erhöht haben.
Am besten ist es, den Markt die Verkaufspreise bestimmen zu lassen und auch die Intervalle, in denen Sie Ihre Preise erhöhen. Finden Sie zu Anfang heraus, wie viel Künstler mit ähnlichen Referenzen und ähnlicher Ausstellungserfahrung für ihre Werke verlangen. Andere Kostenfaktoren sind die Zeit, die Sie investieren zur Herstellung eines Werkes, die Herstellungskosten und sogar Verpackungs- und Transportkosten. Experimentieren Sie mit verschiedenen Preisniveaus, ausgehend von den eben genannten Anhaltspunkten, und bestimmen dann, wie Sie am besten fahren.
Wenn Sie Werke billiger als die Konkurrenz verkaufen, werden Sie für Sammler natürlich attraktiver. Wie billig Sie verkaufen können, hängt von den bereits genannten Faktoren ab und davon, wie schnell Sie produzieren und verkaufen. Je weniger Ihre Arbeiten kosten, umso schneller werden Sie verkaufen können. Je mehr sie kosten, desto langsamer werden sie sich verkaufen lassen. Irgendwo zwischen diesen Extremen liegen Werte, mit denen Sie ihre Jahreseinkommen maximieren und die Zeit, die Sie benötigen, ein Werk zu verkaufen, minimieren. Durch einfaches Herumexperimentieren werden Sie herausfinden, wo für Sie die Idealwerte liegen.
Nebenbei erwähnt, falls Sie merken, dass Sie unglaublich lange brauchen, um ein Werk zu schaffen, oder dass Ihre Arbeiten teuer in der Produktion sind, dann sollten Sie Wege finden, dies zu ändern. Manchmal spreche ich mit Künstlern, die Wochen benötigen, um Arbeiten fertig zu stellen, die sich nur für ein paar tausend Dollar verkaufen lassen. Für solche Leute ist es schwierig bis unmöglich, einen angemessenen Lebensunterhalt zu verdienen. Hinzu kommt dann noch das Problem, Kollektionen zusammenzustellen, die groß genug sind, um das Interesse von Galerien zu erwecken, die einem eventuell Ausstellungsfläche anbieten könnten. Hier gibt es die Möglichkeit, die Produktion von zeitaufwendigen und teuren Arbeiten zu reduzieren und sich auf kleinere Werke zu konzentrieren, die einfacher herzustellen sind, und die bescheidenere Preise haben.
Sobald Sie eine passende Preisstruktur für Ihre Arbeiten entwickelt haben, lässt sich einfach ersehen, wann es an der Zeit ist, die Preise zu erhöhen. Wenn sich innerhalb von ungefähr sechs Monaten nach der Produktion mehr als die Hälfte Ihrer Werke verkaufen ließen, ist es Zeit mehr zu verlangen. Ein anderer Zeitpunkt, der richtig ist, um Preise zu erhöhen, ist wenn anlässlich einer Ausstellung ungefähr die Hälfte Ihrer Werke verkauft wurde. 10 Prozent Preisanstieg sind angemessen, 25 wohl ein bisschen übertrieben.
Vergessen Sie nicht, dass Sie Gefahr laufen, Ihre besten Sammler zu verängstigen, wenn Sie Ihre Preise zu abrupt nach oben schnellen lassen. Anstatt weiterhin bei Ihnen zu kaufen, werden diese sich mit dem begnügen, was sie schon von Ihnen haben und sich darüber freuen, wie die Stücke an Wert gewonnen haben. Sie werden sich außerdem neue Künstler suchen, die ihnen vielleicht noch einmal einen so schnellen Wertanstieg ihrer Sammlung garantieren. Vergessen Sie nicht, das der Kreis Ihrer treuen Sammler die sind, die Ihren Erfolg ausmachen. Sorgen Sie also dafür, dass sie immer wieder zu Ihnen zurückkommen. Sie sollten sich sogar überlegen, Ihren treuesten Anhängern manchmal besondere Angebote zu machen.
Manche Künstler meinen, es wäre angebracht, ihre Preise jedes Jahr um einen fixen Prozentsatz, zum Beispiel 10 oder 20 Prozent, zu erhöhen. Die Argumente für einen solche Preispolitik sind steigende Lebenshaltungskosten, oder der Vergleich mit anderen Teilen der arbeitenden Bevölkerung, die eine jährliche Gehaltserhöhung erhalten. Diese Argumente sind aber nicht wirklich standfest. Zum einen bekommen Angestellte, deren Arbeitsleistung sich nicht verbessert keine regelmäßigen Gehaltserhöhungen. Sie laufen vielleicht sogar Gefahr, Ihre Arbeit zu verlieren. Wenn sich Ihre Arbeit, Ihre Ausstellungskritiken und Ihr Verkaufsvolumen nicht klar ersichtlich so verbessern, dass die Kunstszene daraus aufmerksam wird, erscheint es willkürlich und nicht zu rechtfertigen, wenn Sie Ihre Preise erhöhen. Erfahrene Händler und Sammler erwarten diese Art von Nachweisen, um sicherzugehen, dass Ihre Arbeiten wirklich im Wert gestiegen sind.
Es ist zudem auch wichtig, nicht zu vergessen, Großeinkäufern und Einzelkunden verschiedene Preisniveaus anzubieten. Wenn es Händler oder Galerien in Erwägung ziehen sollen, Sie zu repräsentieren, kommen Sie nicht darum herum, ihnen realistische Sammelpreise anzubieten. Sammler hingegen, die direkt bei Ihnen kaufen, sollten nach wie vor den vollen Marktpreis bezahlen. Niemand wird Ihre Arbeiten ausstellen wollen, wenn Sie diese privat billiger anbieten als die Galerie, in der Ihre Werke ausgestellt werden.
Was die Arbeit angeht, der Sie tagsüber nachgehen, so lässt sich sagen, dass es wenige Künstler gibt, die den Luxus genießen, nur von ihrer Kunst leben zu können. Ich hoffe, dass Ihnen vorher schon klar war, wie schwierig es sich gestalten kann, wenn man eine erfolgreiche Karriere in der Kunstwelt anstrebt, und dass Sie nicht zu arg die wenigen Künstler beliebäugelt haben, die in der glücklichen Lage sind, ihre ganze Zeit ihrer Kunst zu widmen und sich nicht um zusätzliche Einkünfte kümmern müssen. Das Wichtigste ist, dass Sie dabei bleiben und nicht aufhören zu malen. Früher oder später führen Durchhaltevermögen, eine vernünftige Preispolitik, öffentliche Auftritte und konstante Verkaufszahlen zu Anerkennung und Profit im Kunstgeschäft.
Der Text wurde geschrieben von Alan Bamberger. |