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Preisbild Andy Warhol

Von der Banalität eingeholt



Andy Warhol, Orange Marilyn, 1964

Andy Warhol, Orange Marilyn, 1964

Im Mai 1988 war es soweit. Ein gutes Jahr nach dem Tod Andy Warhols durchbrach eines seiner Werke zum erstenmal die 1 Million-Dollar-Marke. Bei Sotheby’s in New York wurde Warhols Ölgemälde „210 Coca-Cola Flaschen“ für 1,3 Millionen Dollar zugeschlagen. Genau zehn Jahre später, wieder in der Mai-Auktion bei Sotheby’s in New York, wurde dann eine Ikone der Pop Art verkauft: Warhols „Orange Marilyn“ von 1964 . Das 1 x 1 Meter große Porträt der Leinwanddiva schaffte den bisher immer noch gültigen Rekord von 15,75 Millionen Dollar und übertraf den 1989 aufgestellten Spitzenpreis von 3,6 Millionen Dollar für die rote Version der Marilyn von 1964.



Noch immer ist Warhols Popularität ungebrochen. Er gehört zu den Klassikern der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts und gilt als der meist gehandelte Künstler weltweit. Artprice.com, eine der führenden Auktionspreisdatenbanken, verzeichnet knapp 5.000 Ergebnisse zu Warhol, und allein in den Prestigeauktionen der drei wichtigsten Auktionshäuser Christie’s, Phillips und Sotheby’s wurden in der ersten Jahreshälfte 2002 rund 120 Arbeiten aus allen Preisklassen offeriert und fanden zumeist auch Käufer. Spitzenreiter waren hier gleichauf mit jeweils 3,4 Millionen Dollar die berühmten „Four-foot Flowers“ von 1964 bei Christie’s und sein Unfallbild „Five Deaths“ von 1963 bei Sotheby’s, gefolgt von einem Selbstporträt in Gelb auf schwarzem Grund mit zerzaustem Haar von 1986 für 2,8 Millionen Dollar.

Damit ist auch schon das Themenrepertoire benannt, das Warhol bekannt gemacht hat und das sich noch heute als zugkräftig erweist. Es sind die Alltagsgegenstände der Konsumwelt, schockierende Szenen von Unfällen oder Todeszellen aus amerikanischen Gefängnissen, Porträts aus der glamourösen Welt des Showbusiness und nicht zuletzt die Selbstporträts. Kein anderer Künstler vor Warhol hat sich selbst so häufig zum Thema seiner Bilder gemacht und damit die Marke „Warhol“ aufgebaut.

1928 wurde Warhol in Pittsburgh als Andrew Warhola, Sohn tschechischer Einwanderer, geboren. Zunächst startete er als Grafikdesigner. Später begann er in New York seine Karriere als bildender Künstler. Hierzu hatte ihn der Filmproduzent Emile de Antonio motiviert, der auch Jasper Johns und Robert Rauschenberg unterstütze. Auf Arbeiten Roy Lichtensteins war Warhol 1950 zum erstenmal gestossen und überrascht, dass jemand dieselben Ideen hatte wie er: triviale Alltagsemblemes in Serigrafien zu Ikonen des Banalen zu stilisieren.

In den Jahren um 1950 war Warhol mit seiner Werbegrafik, vor allem für Schuhe, sehr erfolgreich. 1956 verdiente er rund 100.000 US-Dollar jährlich. Seine erste Einzelausstellung hatte Warhol, der sich als Künstler unter einer silberfarbenen Perücke und hinter einer Sonnenbrille versteckte, 1952 in der Hugo Gallery in New York mit Illustrationen zu Geschichten Truman Capotes. 1963 zog er in ein Loft in der 47. Strasse, später als Factory berühmt geworden, in dem er eine manufakturartige Produktion seiner Werke begann. 1964 füllte Warhol die Stable Gallery in der East 74th Street mit optisch identischen Nachbildungen von Brillo Boxes, Seifenschachteln, die jedem tagtäglich in den New Yorker Supermärkten begegneten. Diesem ironischen Schachzug widmete der Kunstkritiker Arthur C. Danto die Frage, ob damit das Ende der Kunst erreicht sei.

Heute wird Warhol, der einmal äußerte, dass Konsumgüter den Ärmsten mit dem reichsten Konsumenten da auf eine Stufe stellen würden, wo das Produkt verbraucht wird, mit trivialsten Mitteln vermarktet. Massenproduktionen mit Abbildungen seiner Werke reichen vom T-Shirt bis hin zu Boxershorts. In den meisten Museumsshops gehören Andy Warhol-Plakate zum obligatorischen Angebot. So gibt es in der Baseler Fondation Beyeler Plakate mit einem Selbstporträt Warhols oder eine Abbildung seines Superman von 1961 für je 25 Franken.

Dabei war es Warhol selbst, der die in Serie gearbeitete Kunst kunst- und kunstmarktfähig machte. Er selbst hat kaum in Öl gemalt. Auch die „Orange Marilyn“ von 1964 ist ein Siebdruck auf Leinwand, den es allerdings in dieser Farbkombination nur einmal gibt. Damit nahm Warhol dem Motiv das Individuelle und machte es zum Ornament. So entwickelte er eine pseudoserielle Kunst. Spätere Werke erzielen in der Regel niedrigere Preise, weil sie nicht mehr eindeutig auf Warhol zurückzuführen sind, sondern eher aus der Factory-Produktion stammen. Auch die „richtige“ Grafik auf Papier, die Warhol in der Regel in 60er, 80er oder 250er Auflage produziert hat – somit noch weit entfernt von Postern – ist nicht so kostspielig wie die unikaten Seidensiebdrucke. Je nach Motiv – hier sind Marilyn Monroe, Campbell’s Suppendosen, die Dollarzeichen, die Flowers, Goethe oder Mickey Mouse die begehrten Blätter - liegen sie im vier- oder unteren fünfstelligen Bereich.

Als eine stabile Anlage hat sich auch Warhols Adaption des chinesischen Führers Mao Tse-Tung von 1972 erwiesen. Die vollständige Mappe umfasst 10 Serigrafien in verschiedenen Farbstellungen und wurde in einer Auflage von 250 Stück gedruckt. Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich der Preis etwa verdoppelt. Zahlte man 1996 bei Sotheby’s in London noch umgerechnet knapp 50.000 Dollar dafür, stieg der Preis bis 1999 bei Christie’s in London auf umgerechnet knapp 70.000 Dollar an. Der bisher höchste Zuschlag für das Portfolio wurde am 4. Mai 2001 mit 110.000 Dollar bei Christie’s in New York erreicht und deckt sich etwa mit den 100.000 Dollar, die die Mappe heuer bei Sotheby’s in New York gekostet hat. Auch die einzelnen Mao-Blätter sind nicht günstiger als die ganze Folge. Bis auf einen Ausreisser bei Sotheby’s im Mai 2001 mit 18.000 Dollar, kostet ein Blatt zur Zeit zwischen 9.000 und 10.000 Dollar. Auskunft über die gesamten Varianten des grafischen Werks Warhols und damit auch mögliche Fälschungen gibt das Werkverzeichnis der Edition Schellmann.

Die ganz frühen Arbeiten Warhols, die noch zu seiner Zeit als Gestalter entstanden, erzielen, auch wenn es sich dabei um Unikate handelt, lediglich einen Preis bis zu 110.000 Dollar, beispielsweise für ein Format von 58 x 41 cm, wie der „Golden Monkey“ von 1957, einer Collage aus Blattgold. Preissteigerungen lassen sich am noch am ehesten für mittelformatige Arbeiten erzielen. Für eine signierte Campell’s Suppendose im Format 51 x 40 cm von 1962, die 1971 bei Sotheby’s in New York noch 10.000 Dollar kostete, musste man 1973 schon knapp 18.000 Dollar, 1986 bei Christie’s schon 240.000 Dollar, 1996 bei Christie’s 340.000 Dollar und für eine „Campells Soup Can, Clam Chowder“ 2001, ebenfalls bei Christies 1,1 Millionen Dollar zahlen. Auch für banale Alltagsgegenstände kann man ganz schön Geld hinlegen.



12.07.2002

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching

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